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# taz.de -- Streit über Russland-Sanktionen: Europaministerin auf Abwegen
> Brandenburgs SPD-Ministerin Katrin Lange findet Sanktionen gegen Russland
> sinnlos – und erntet deutliche Kritik.
Bild: Provoziert mit ihren Ansagen zu den Russlandsanktionen: Brandenburgs Euro…
Potsdam taz | Wenn Landespolitiker [1][sich zu Außenpolitik äußern, sorgt
das schon mal für Irritationen]. Jüngstes Beispiel ist Brandenburgs Finanz-
und Europaministerin Katrin Lange (SPD). Deren kremlfreundliche Position
stößt nicht nur beim Koalitionspartner CDU auf Kritik.
Lange hatte im Mai ein [2][Grußwort anlässlich des 75. Jahrestags des
Kriegsendes und des Europatags am 9. Mai veröffentlicht]. Darin arbeitete
sie sich an den über Russland wegen der Krim-Annexion und des Kriegs in der
Ostukraine verhängten Sanktionen ab. Es sei „eine Tatsache, dass die
verhängten Sanktionen Russland und Deutschland schaden, der Krim
andererseits aber nicht helfen. Welchen Sinn macht das noch?“ Zu einer
stabilen europäischen Ordnung gehöre ein belastbares und berechenbares
Verhältnis zu Russland. „Das gilt auch bei Anerkennung aller Unterschiede
und Differenzen mit der heutigen russischen Führung“, so Lange.
Das kam nicht gut an. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk bezeichnete
[3][in einem Interview mit den Potsdamer Neuesten Nachrichten ] Langes
Forderung als „Schlag ins Gesicht für Tausende von Opfern des russischen
Feldzuges im Donbas sowie für die zwei Millionen Einwohner der Krim“. Die
Sanktionen „verderben Putins Appetit auf neue Kriege und erhöhen den Preis
seiner völkerrechtswidrigen Besatzungspolitik“. Auch mehrere
Osteuropaforscher kritisierten die Ministerin.
Lange aber legte nach. Die Sanktionspolitik sei gemessen an ihren eigenen
Zielen gescheitert, ihre Befürworter würden haltlose Spekulationen
verbreiten. Unterstützung bekam sie von dem russischen Botschafter Sergei
Netschajew: Lange habe eine Meinung ausgesprochen, die von vielen geteilt
werde. Die Sanktionen könnten Russlands Position nicht beeinflussen.
## Koalitionsknatsch in Brandenburg
Ausgestanden ist die Sache damit nicht. Bei der CDU, mit der die SPD in
Brandenburg in einer Koalition mit den Grünen regiert, ist man von Langes
Äußerungen beunruhigt. Sie solle Ursache und Wirkung nicht verwechseln,
sagte die europapolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Barbara
Richstein, der taz. „Russland hat das Völkerrecht gebrochen.“ Als
Europaministerin müsse Lange auch die Partnerländer in der EU wie Polen und
die baltischen Staaten im Blick haben, in denen es gegenüber Russland große
Sicherheitsbedenken gebe.
Auch FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg schaltet sich ein. Die
wirtschaftlichen Sanktionen seien ein wichtiges politisches Signal, dass
Europa dem kontinuierlichen Bruch des Völkerrechts durch Russland in der
Ukraine nicht einfach untätig zusehe, so Teuteberg, die auch den
Brandenburger Landesverband führt. „Überhaupt nicht in Rechnung zu stellen,
dass auch das politische Signal europäischer Einigkeit sowie das Verhindern
einer weiteren Eskalation Erfolge der Sanktionen sind, ist Ausdruck einer
reichlich schlichten und unterkomplexen Sichtweise“, sagte Teuteberg der
taz.
Die FDP-Politikerin weiter: „Deutschlands historische Verantwortung gilt
nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber Polen und dem
Baltikum, unseren engen Verbündeten in der Region und gegenüber der
Ukraine, die besonders unter dem Zweiten Weltkrieg gelitten hat.“
Angesichts dieser Geschichte sowie des Hitler-Stalin-Paktes sei es geradezu
zynisch, die historische Verantwortung in der Gegenwart als Rechtfertigung
für ein Preisgeben der Souveränität der Ukraine heute zu
instrumentalisieren.
## Auch Ex-Ministerpräsident Platzeck will Russland-Nähe
Mit ihrer Sichtweise ist Lange allerdings in der SPD keine Exotin.
Brandenburgs Ex-Ministerpräsident [4][Matthias Platzeck wird nicht müde,
ein besseres Verhältnis zu Russland zu beschwören]. Der einstige
SPD-Vorsitzende erzählt gern von Kindheitserinnerungen an Sowjetsoldaten in
Potsdam und Saunagängen mit dem Ex-Chef der russischen
Eisenbahngesellschaft. Eine Langversion davon hat er im Frühjahr als Buch
veröffentlicht. Titel: „Wir brauchen eine neue Ostpolitik – Russland als
Partner“.
13 Jul 2020
## LINKS
[1] /Ostdeutsche-Russlandphantasien/!5599217
[2] https://mdfe.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.666269.de
[3] https://www.pnn.de/brandenburg/interview-brandenburg-und-die-ukraine-ein-sc…
[4] /Kommentar-Platzeck-bei-RT-Deutsch/!5383967
## AUTOREN
Marco Zschieck
## TAGS
Russland
Sanktionen
Ukraine
Matthias Platzeck
Brandenburg
PiS
Wladimir Putin
Lesestück Recherche und Reportage
30 Jahre friedliche Revolution
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