# taz.de -- Unruhen in Mali dauern an: Appelle und neue Barrikaden | |
> In Mali wird weiter protestiert. Präsident Ibrahim Boubacar Keïta bietet | |
> die Auflösung des Verfassungsgerichts an. Das dürfte kaum reichen. | |
Bild: Brennende Barrikaden in Bamako am Freitag, 10. Juli 2020 | |
COTONOU taz | Mindestens sieben Tote und 70 Verletzte: Das war am Sonntag | |
die vorläufige Bilanz der [1][Proteste in Malis Hauptstadt Bamako]. Manche | |
sprechen von weitaus mehr Opfern. Bereits am Freitag waren bei den | |
Demonstrationen, die die Hauptstadt lahmgelegt hatten, mindestens drei | |
Personen ums Leben gekommen. Bei den anhaltenden Unruhen starben am Samstag | |
vier weitere, darunter zwei Minderjährige. | |
Bereits zum dritten Mal innerhalb von fünf Wochen hatten Tausende von | |
Menschen am Freitag den Rücktritt von Präsident Ibrahim Boubacar Keïta | |
(IBK) gefordert. Die Polizei versuchte, mit Tränengas und Schüssen zu | |
kontern. Dass der Staat immer weniger Kontrolle hat, wurde offensichtlich: | |
die Gebäude des Parlaments und des Staatsfernsehens ORTM waren | |
zwischenzeitlich besetzt, es wurde Feuer gelegt. Die beiden Brücken über | |
den Niger-Fluss im Zentrum der Stadt wurden lange blockiert. | |
Der Protestbewegung M5, die zu den Freitagsdemonstrationen aufruft, gehören | |
Teile der Zivilgesellschaft und der politischen Opposition an sowie | |
Anhänger*innen der Koordinierungsstelle der Bewegungen, Vereine und | |
Sympathisanten von [2][Imam Mahmoud Dicko] (CMAS), dem einflussreichsten | |
islamischen Führer Malis. | |
Schon vor der jüngsten Eskalation zeigte sie, wie der von ihr geforderte | |
zivile Ungehorsam aussehen soll. Mit einem Schreiben forderte sie die | |
Menschen auf, das öffentliche Leben lahmzulegen: Hauptstraßen, | |
Kreisverkehre und wichtige Kreuzungen sollten besetzt werden, zum Beispiel | |
indem man bei Grün an der Ampel stehen bleibe. Geldbußen wolle man nicht | |
bezahlen. Ausländer*innen und diplomatische Vertretungen sollten aber | |
geschützt werden. | |
Dass diesmal die Proteste so eskalierten, setzt Präsident IBK, der seit | |
2013 an der Macht ist, noch mehr unter Druck. Bereits am Freitagabend und | |
Samstag ließ die Regierung mehrere Oppositionelle verhaften, die zu den | |
Organisator*innen der Proteste gehören. Am Samstag hieß es aus dem | |
Stadtteil, wo Dickos Zusammenschluss seinen Hauptsitz hat, dass dort | |
bewaffnete Soldaten anrücken würden. | |
## Wieder ein unruhiger Abend | |
Dabei hatte es noch am vergangenen Wochenende Gespräche zwischen dem | |
Präsidenten und Imam Dicko gegeben. Doch wenig später bezeichnete M5 die | |
Verhandlungen als gescheitert und rief die Bevölkerung zum zivilen | |
Ungehorsam auf. | |
In der Nacht zu Sonntag hielt Malis Präsident gleich seine zweite Ansprache | |
an die Nation in dieser Woche. Er kündigte an, das Verfassungsgericht | |
aufzulösen. Dieses hatte in letzter Instanz die Ergebnisse der | |
[3][Parlamentswahlen im März und April] bestätigt, die in einigen | |
Wahlkreise extrem umstritten sind. Eine Mission der Regionalorganisation | |
Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) empfahl im Juni, in den | |
umstrittenen Wahlkreisen neu abstimmen zu lassen. | |
Am Sonntag bereiteten sich Imam Dickos Anhänger rund um seine Moschee | |
erneut mit Barrikaden auf einen unruhigen Abend vor. Der Imam rief in einer | |
aus seiner Moschee ausgestrahlten Videobotschaft zur Ruhe auf: „Provoziert | |
niemanden, greift niemanden an!“ Die jungen Leute sollten auch davon | |
absehen, Tankstellen anzuzünden. | |
12 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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