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# taz.de -- Donald Trump und Racial Profiling: Gott ist ein Hamburger Amtsricht…
> Was der US-Präsident mit seiner Nichte Mary, mit Racial Profiling und
> einem Hamburger Urteil gegen einen Münchner Polizsten zu hat.
Bild: Angeklagt war ein mit einer Bierdose auf Polizisten werfender Polizist
This is my church, this is where I heal my hurts“, heißt es im größten Hit
von Faithless, „God is a DJ“. Der Club ist eine Kirche und Tanzen eine
religiöse Praxis. Wie das gemeinsame Gebet verschafft Tanzen Erleichterung.
Wenn Gott ein DJ ist, dann ist das Sars-CoV-2 ein Teufel, der die Menschen
davon abhält, sich zum Feiern zu versammeln. Insofern ist die
populistische Versuchung, diesem Dämon zu trotzen, verständlich. Wider die
Vernunft ist sie trotzdem.
Der Landkreis Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma verzeichnet seit Anfang
dieser Woche einen starken Anstieg von Infektionen. Der Chef des dortigen
Gesundheitsamts, Bruce Dart, hält es für sehr wahrscheinlich, dass [1][eine
Wahlkampfveranstaltung Donald Trumps] dazu beigetragen hat. Zwar hatte man
Desinfektionsmittel bereitgestellt, die Temperatur aller Teilnehmer
gemessen und jeder Besucherin einen Mund-Nasen-Schutz ausgehändigt. Aber
die wenigsten von Trumps Hardcore-Fans hatten sie aufgesetzt.
Die Vernünftigeren unter seinen Wählern hatten womöglich erst gar keine
große Lust verspürt, hinzugehen. In die Arena des BOK Centers passen 19.000
Menschen. Es kamen jedoch nur gut 6.000.
## „Zu viel und nie genug“
Mehr Aufregung als die Zahl der Infizierten in Oklahoma verursachten aber
dieser Tage Aussagen über Trump, die aus einem neuen Buch kolportiert
wurden. Donalds Nichte Mary Trump hat es geschrieben. In der kommenden
Woche wird es unter dem charmanten Titel „Zu viel und nie genug: Wie meine
Familie den gefährlichsten Mann der Welt schuf“ erscheinen.
Mary Trump ist die Tochter von Fred Trump jun., genannt Freddy. Der ältere
Bruder von Donald litt unter seinem kalten Vater Fred sen., verließ dessen
Konzern, wurde Pilot, heiratete eine Flugbegleiterin und starb mit 42 an
den Folgen einer Alkoholerkrankung. Mary selbst zog den Zorn ihres
Großvaters auf sich, weil sie bei Familienfeiern für seinen Geschmack nicht
adrett genug angezogen war. Sie arbeitet heute als klinische Psychologin
und erklärt den Narzissmus Donald Trumps und seinen pathologischen Hang zur
Lüge als Folge der grausamen Erziehung von Fred senior.
Donalds Pathologien hält Mary Trump für komplex, sein Ego für fragil. Ob
der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ohne die vom Vater
geerbte Macht die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit überstehen würde,
hält sie nicht für ausgemacht.
Angst vor der Realität bescheinigte in dieser Woche Sebastian Fiedler dem
Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU. Fiedler ist
Bundesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter. Seehofers
Weigerung, eine auch von vielen Polizisten geforderte unabhängige
[2][Untersuchung zum Racial Profiling] durchzuführen, erinnere ihn „an ein
Gespräch mit einem Freund, der Angst hat zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen,
weil er Angst hat, dass etwas Schlimmes rauskommen könnte“.
## Die Sicht des Generalsekretärs
Das hielt Paul Ziemiak nicht davon ab, seine Sicht der Welt für ein
getreues Bild der Wirklichkeit zu halten. Er gehe nicht davon aus, dass
Polizisten in Deutschland „aus rassistischen Gründen Personen
kontrollieren“, sagt der Mann, der CDU-Generalsekretär ist. Dabei wäre es
in der Studie unter anderem darum gegangen, herauszufinden, welche
gesetzlichen Vorgaben so formuliert sind, dass sie Racial Profiling ganz
unabhängig von den Intentionen des einzelnen Polizisten als Praxis
produzieren. Ziemiak aber zeigte sich entschlossen, [3][es beim Meinen zu
belassen]: Eine Debatte hielt er „für nicht angebracht“. Vielmehr gebe es
ein Problem mit Gewalt gegen Polizisten.
Da passte es gut, dass zuvor in der Freien und Hansestadt Hamburg ein
Urteil gegen einen Polizisten aus München gefällt wurde – der wegen Gewalt
gegen Polizisten in Hamburg angeklagt war. Der heute 38-Jährige arbeitet
inzwischen nicht mehr bei der Polizei. Er war privat zum G20-Gipfel nach
Hamburg gefahren, war dort über die Brutalität seiner Polizeikollegen
erschrocken und hatte Angst, selbst zum Opfer des Knüppeleinsatzes zu
werden, weswegen er eine Bierdose in Richtung der Einsatzbeamten. Auf
Videoaufnahmen erkannten ihn später Münchner Kollegen und zeigten ihn an.
Die Staatsanwaltschaft in Hamburg hat 157 Ermittlungsakten gegen Polizisten
angelegt, die unverhältnismäßige Gewalt gegen Demonstrierende angewendet
haben sollen. Anklage aber wurde bisher nur im Fall des mit Bierdosen
Richtung Polizisten werfenden Polizisten erhoben.
Früher dachten die Leute, Gott sei ein Polizist: hart, aber gerecht. Heute
könnte man meinen, Gott sei ein Hamburger Amtsrichter. Der bezeichnete den
Dosenwurf als „richtige Scheißaktion“, erkannte aber, der ehemalige
Polizist habe weder beabsichtigt noch in Kauf genommen, jemand zu
verletzen, und sprach ihn frei. Die Bierdose war auf einer Freifläche
gelandet.
11 Jul 2020
## LINKS
[1] /Wendepunkt-im-US-Wahlkampf/!5690945
[2] /Nach-abgesagter-Racial-Profiling-Studie/!5693980
[3] /Ruprecht-Polenz-zur-CDU-nach-Thueringen/!5662243
## AUTOREN
Ulrich Gutmair
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Kolumne Der rote Faden
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