Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Benachteiligung von Frauen: Groko pro Gleichstellung
> Die Bundesrepublik hat ihre erste ressortübergreifende
> Gleichstellungsstrategie. Ministerin Giffey feiert das als „Meilenstein“
> – doch es gibt Kritik.
Bild: Ein Meilenstein? Opposition und Frauenverbände sind wenig begeistert von…
Berlin taz | Es passiert selten, dass Beschlüsse der Bundesregierung als so
elementar erachtet werden, dass bei ihrer Vorstellung das Grundgesetz
bemüht wird. „Artikel 3, Absatz 2: Männer und Frauen sind
gleichberechtigt“, zitierte Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD)
am Mittwoch auf der Pressekonferenz in Berlin die Verfassung. „Der Staat
fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Denn darum soll es gehen bei der „nationalen Strategie“, die am Mittwoch im
Kabinett beschlossen und im Anschluss vorgestellt wurde: um
ressortübergreifende Gleichstellung. „Es ist ein Meilenstein, der Maßstäbe
setzen wird für das Regierungshandeln“, sagte Giffey. Die Strategie sei
„ein gemeinsames Bekenntnis“, das Gleichstellung als Querschnittsthema in
den verschiedenen Ressorts verankere – zum ersten Mal in der Geschichte der
Bundesrepublik überhaupt.
Neun Ziele der [1][lang erwarteten Strategie] gibt es, die Grundlage für
alle Ministerien sein sollen, Gesetzgebungsverfahren und Förderprogramme
auf Gleichstellung hin zu prüfen. 67 Maßnahmen der verschiedenen
Ministerien werden ihnen zugeordnet, allesamt bereits im Koalitionsvertrag
festgeschrieben. Zu den Zielen zählen beispielsweise Wirtschaftliche
Sicherung, Sorge- und Erwerbsarbeit und Gleichberechtigung in der
Demokratie.
Zugeordnet werden im Fall der Wirtschaftlichen Sicherung beispielsweise die
Maßnahmen „Entgelttransparenz erhöhen“, „Recht auf befristete Teilzeit�…
oder „Frauen im ländlichen Raum unterstützen“. Auf der ebenfalls am
Mittwoch freigeschalteten Webseite, auf der die Gleichstellungsstrategie
vorgestellt wird, ist ersichtlich, welches Ressorts für welche Maßnahmen
verantwortlich sind und wie der Stand der Umsetzung ist.
Neu ist keine dieser Maßnahmen. „Aber man kann immer sagen, das wussten wir
schon alles“, sagte Giffey. „Es hat Jahrzehnte gedauert, bis all diese
Themen unter einen Hut gebracht wurden und wir klar machen konnten, dass
dafür nicht nur das Frauenministerium zuständig ist.“
## Opposition ist „enttäuscht“
Der Deutsche Frauenrat kritisierte, die Strategie habe „zu wenig
Zielstellungen“. „Im Wesentlichen bündelt sie die bereits im
Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen und benennt die jeweiligen
Verantwortlichkeiten“, sagte dessen Vorsitzende Mona Küppers. „Wir hätten
es begrüßt, wenn alle Ressorts verpflichtet worden wären, die
Gleichstellung von Frauen und Männern zum roten Faden all ihrer Vorhaben zu
machen. Dieser Faden fehlt.“ Zudem lasse die Strategie verbindliche Ziele
vermissen, die über diese Legislaturperiode hinausgehen.
Die stellvertretende Fraktionschefin der FDP, Katja Suding, sagte, sie sei
„enttäuscht, dass nur altbekannte Forderungen aneinandergereiht wurden“.
Als „schwach und wenig innovativ“ bezeichnete die frauenpolitische
Sprecherin der Grünen im Bundestag, Ulle Schauws, die Strategie. Sie sei
eine Beschreibung des Ist-Zustandes, Konkretes für die Zukunft fehle.
Die gleichstellungspolitische Sprecherin der Linken, Doris Achelwilm,
sagte: „Es fehlen konkrete Ziele, die mit Daten und Terminen hinterlegt
werden: Wie und in welchem Zeitraum wollen wir den [2][Gender Pay Gap]
zurückdrängen?“ Die Strategie müsse viel weiter gehen, um massive
Rückstände in der Gleichstellungspolitik aufzuarbeiten.
Neben der Gleichstellungsstrategie bekräftigte Giffey das Vorhaben, bis
Ende des Jahres ein Gleichstellungsinstitut auf den Weg zu bringen. Im
Januar hatte es geheißen, es solle ein „Ort für Gleichstellungskompetenz“
werden, das Netzwerk-, Informations- und Bildungsarbeit leisten soll.
Veranschlagt waren zunächst aber nur ein Budget von 1,5 Millionen Euro und
drei Mitarbeitende.
8 Jul 2020
## LINKS
[1] /Frauenpolitik-der-Bundesregierung/!5652486
[2] /Lebenslanger-Lohnunterschied/!5668797
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Feminismus
Schwarz-rote Koalition
Sexismus
Gleichstellung
Franziska Giffey
Gender Pay Gap
Feminismus
Frauenpolitik
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Lesestück Recherche und Reportage
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gender Pay Gap: Vorteil Ost
Der Gender Pay Gap ist im Osten geringer als im Westen. Der Osten ist nicht
so prekär und defizitär, wie auch heute noch gern behauptet wird.
Buch „Dear Girlboss, we are done“: Eine Autorin muss essen
Die Journalistin Bianca Jankovska schreibt energisch bis wütend gegen
blumige Selbstverwirklichungsversprechen für Frauen an.
Wahlrechtsreform im Bundestag: Frauen bleiben außen vor
Im Bundestag sollten künftig weniger Abgeordnete sitzen – und eigentlich
mehr Frauen. Doch die werden im Streit um eine Reform zur Nebensache.
EU-Parlamentarierin über Gleichstellung: „Macht euch ehrlich!“
Jetzt ist Deutschland am Zug: Die EU-Ratspräsidentschaft ist eine Chance,
Sexismus und häusliche Gewalt zu bekämpfen, sagt SPDlerin Maria Noichl.
Recht auf Abtreibung in Deutschland: Der Schweige-Paragraf
25 Jahre nach der Reform des umstrittenen §218 bleiben
Schwangerschaftsabbrüche vielerorts ein Tabu. Drei Frauen berichten von
Abtreibung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.