# taz.de -- Sexarbeit und Coronakrise: Coitus interruptus | |
> Prostitution ist seit Beginn der Coronakrise verboten. Die | |
> Sexarbeiterinnen Nicole Schulze und Laura Lönneberga wollen das nicht | |
> hinnehmen. | |
Bild: Derzeit arbeitslos: Nicole Schulze in ihrem Wohnmobil | |
Das Wohnmobil, in dem Nicole Schulze arbeitet, steht normalerweise auf | |
einem Parkplatz in der Nähe von Trier. Es ist ein weißes und schlicht | |
eingerichtetes 80er-Jahre-Modell mit Liegefläche, Bad und Dusche. „Gegen | |
zehn fahre ich raus, gegen 16 Uhr mache ich Feierabend“, sagt Schulze, eine | |
fröhliche 40-Jährige mit schwarz gefärbten Haaren, die ihr Geld seit 16 | |
Jahren als Sexarbeiterin verdient. Drei bis vier Männer empfängt sie | |
üblicherweise pro Tag. | |
Doch seit Mitte März steht Schulzes Wohnmobil ungenutzt auf dem Hof ihres | |
Hauses. „Bei mir herrscht Stillstand“, sagt sie. Denn während die strikten | |
Coronaregeln für viele Branchen nach und nach gelockert werden, geht in der | |
Sexarbeit gar nichts. Die Bundesländer verbieten das „Betreiben eines | |
Prostitutionsgewerbes“, was neben Fahrzeugen wie Schulzes Mobil auch alle | |
Betriebe betrifft, in denen mehr als eine Frau arbeiten. Auch die | |
Vermittlung von Prostitution ist untersagt. 10 von 16 Bundesländern | |
verbieten zudem ausdrücklich das Erbringen sexueller Dienstleistungen, also | |
Sex gegen Geld, an sich. | |
Klar sei es vernünftig gewesen, in der Corona-Anfangszeit erst mal alles | |
dichtzumachen, sagt Schulze am Telefon. Doch mittlerweile ist die Ausübung | |
anderer sogenannter körpernaher Dienstleistungen unter Einhaltung der | |
Hygieneregeln wieder zugelassen – etwa von Friseur:innen, Kosmetiker:innen | |
und Masseur:innen. Für Sexarbeiter:innen aber gilt das nicht. „Dass ich | |
nach drei Monaten immer noch nicht wieder arbeiten darf“, sagt Schulze, | |
„damit habe ich nicht gerechnet.“ | |
Ob auf der Straße, in extra angemieteten Wohnungen, in Dominastudios oder | |
Bordellen: überall geraten Frauen und Männer in der Branche derzeit in | |
existenzielle Bedrängnis, weil ihre Rücklagen, sofern überhaupt vorhanden, | |
aufgebraucht sind. „Viele Sexarbeitende sind von Armut bedroht“, schrieb | |
der [1][Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen] (BesD) | |
schon im April und warnte vor deren „Ruin“. | |
Dabei sind Sexarbeitende nicht immer gleich Sexarbeitende – weder was die | |
Art und Weise ihrer Arbeit noch was ihre finanzielle Absicherung betrifft. | |
„Ich würde momentan drei Gruppen unterscheiden“, sagt Johanna Weber aus dem | |
Vorstand des Berufsverbands. Da seien etwa Arbeitsmigrant:innen. „Davon | |
sind schätzungsweise 80 Prozent nach Hause gefahren, zum Teil mit dem | |
letztmöglichen Bus“, sagt Weber. Dann gebe es die in Deutschland lebenden | |
Soloselbstständigen, die wie Nicole Schulze auf eigene Rechnung arbeiten. | |
„Ich vergleiche die mit Musiker:innen oder freien Journalist:innen: Die hat | |
es kalt erwischt.“ | |
Die staatliche Soforthilfe sei vor allem für Selbstständige gedacht, die | |
gewisse Betriebskosten haben – Schulze zum Beispiel hat sie beantragt. | |
Viele selbstständige Sexarbeitende, die in Bordellen beschäftigt sind, | |
haben solche Kosten aber gar nicht. Ihnen bleibt nur die Grundsicherung, | |
also Hartz IV. Und auch dann seien die Probleme für viele Frauen groß, sagt | |
Silvia Vorhauer, Sozialarbeiterin in der Dortmunder | |
[2][Mitternachtsmission], die Prostituierte berät: „Wenn man von jetzt auf | |
gleich auf ein finanzielles Minimum runtergefahren wird, brechen Leben | |
zusammen.“ Kredite können nicht mehr bedient, Familien nicht mehr | |
unterstützt werden. „Die Frauen“, sagt Vorhauer, „haben gerade unheimlic… | |
Ängste.“ | |
Mit denen, die sonst in den Clubs und Bordellen arbeiten, telefoniere sie | |
nun eben, sagt Vorhauer. „Wir hatten zu den Betreibenden schon vor Corona | |
sehr guten Kontakt.“ Als der Lockdown kam, habe sie sich mit allen in | |
Verbindung gesetzt, um Adressen auszutauschen und so für die Frauen weiter | |
erreichbar zu sein. Nun hilft sie ihnen zum Beispiel dabei, Anträge zu | |
stellen. „Die meisten“, sagt Vorhauer“, kämpfen schlicht um ihre Existen… | |
Und schließlich gebe es die dritte Gruppe: die, „die durch alle Raster | |
fallen“, wie Weber sagt. Frauen, die Hartz IV gar nicht beantragen können – | |
zum Beispiel weil sie keinen festen Wohnsitz haben oder Probleme mit | |
Drogen. Nothilfefonds, wie sie Verbände wie der Berufsverband für erotische | |
und sexuelle Dienstleistungen aufgelegt haben, seien weitgehend | |
aufgebraucht. „Was sollen die machen?“, fragt Weber resigniert. „Die | |
arbeiten halt weiter.“ Vieles spiele sich auf der Straße im Bereich der | |
Beschaffungsprostitution ab, sagt Vorhauer. „Wir versuchen, auch dort mit | |
Lebensmitteln auszuhelfen oder ärztliche Kontakte herzustellen.“ | |
## Nichts los in Lauras Liebeszimmern | |
Auch aufseiten der Betreiber:innen sieht es schlecht aus. Laura Lönneberga, | |
die mit ihrem richtigen Namen nicht in der Zeitung stehen will, hat zwei | |
Bordelle aufgebaut, in denen in Vor-Corona-Zeiten täglich bis zu 20 Frauen | |
gearbeitet haben. „Lauras Liebeszimmer in Karlsruhe und Speyer“, steht auf | |
ihrer in Schwarz und Gold gehaltenene Website. Und ganz unten: „derzeit | |
geschlossen“. Vor der Pandemie konnten die Frauen dort Zimmer buchen. Rund | |
ein Drittel von ihnen waren Deutsche, die oft tageweise arbeiteten, zum | |
Teil noch bürgerliche Jobs in der Pflege oder der Gastronomie hatten und | |
sich bei Lönneberga ihre Kasse aufbesserten. | |
Manchmal habe die Familie das gewusst, manchmal nicht. „Speziell wer Kinder | |
hat, war vorsichtig“, sagt Lönneberga. „Das Hurenstigma greift schnell | |
über.“ Andere Frauen kamen aus Ungarn oder Spanien und mieteten sich | |
zusätzlich einen Schlafplatz bei Lönneberga. „Die waren zum Teil sechs oder | |
acht Wochen hier und sind dann wieder für eine Weile nach Hause gefahren.“ | |
Zwischen drei und fünf Gäste hatten die Frauen pro Tag – und Reinigungs- | |
und Hygienepläne gab es sowieso. „Für jeden Gast frische Laken, Wäsche bei | |
mindestens 60 Grad, Desinfektionsmittel für die Hände – das alles hatten | |
wir schon vor Corona“, sagt Lönneberga. Doch dann kam das Verbot. „Die | |
Panik war groß“, sagt Lönneberga. „Bei mir, bei allen.“ Und jetzt, drei | |
Monate später, bleibt die Situation bedrückend. | |
Die Häuser stehen leer, nur ein paar Katzen sind noch da. Die Hausdamen, | |
die sich sonst um den Empfang der Kunden und die Koordination der Termine | |
kümmerten, sehen ab und zu nach dem Rechten. „Wir konnten die letzten | |
Wochen zu nichts Konstruktivem nutzen“, sagt Lönneberga. „Wir müssen nicht | |
renovieren, wir müssen nichts umstrukturieren. Wir sind einfach dicht.“ Die | |
staatlichen Hilfen hat sie beantragt. Aber bei mehreren tausend Euro pro | |
Monat allein an Miete „ist das ein Tropfen auf den heißen Stein“. | |
## Politiker-Initiative gegen bezahlten Sex | |
Die finanziellen Sorgen sind nicht das Einzige, was Frauen wie Nicole | |
Schulze und Laura Lönneberga umtreibt. Denn während Bordelle in einigen | |
Nachbarländern wieder öffnen durften, kommen hierzulande scharfe Angriffe | |
von politischer Seite. 16 Bundespolitiker:innen, darunter Sozialdemokraten | |
wie der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach und CDU-Abgeordnete wie | |
Annette Widmann-Mauz wenden sich gegen die Wiedereröffnung der Bordelle – | |
und gegen die Branche als solche. Schon vor rund einem Jahr, lange vor | |
Corona, war hierzulande eine Debatte über ein Sexkaufverbot hochgekocht. | |
Nun veröffentlichten die Bundestagsabgeordneten einen [3][offenen Brief], | |
in dem sie den Ministerpräsident:innen der Länder „herzlich“ dafür danke… | |
dass sie die Öffnung von Bordellen unter Corona bislang nicht wieder | |
zuzulassen. Man halte die „Zustände in der Prostitution“ in der großen | |
Mehrzahl der Fälle grundsätzlich für „menschenunwürdig, zerstörerisch und | |
frauenfeindlich“, heißt es in dem Brief. Prostituierte seien überwiegend | |
nicht freiwillig in der Prostitution, sondern würden in der Mehrheit | |
„getäuscht, erpresst und bedroht“. Und: während Corona habe Prostitution | |
die „epidemiologische Wirkung eines Super-Spreaders. „Social Distancing“, | |
schreiben die Politiker:innen, „ist mit sexuellen Handlungen nicht | |
vereinbar.“ | |
Das Entsetzen in der Branche, bei den Berufsverbänden, aber auch unter | |
Expert:innen ist groß. „In der Not ist Solidarität gefragt – unabhängig … | |
moralischen Bewertungen“, schreiben Organisationen wie die Diakonie, die | |
Caritas, die Deutsche Aidshilfe und der Deutschen Juristinnenbund in einem | |
gemeinsamen Papier. „Wer die Corona-Epidemie missbraucht, um Stimmung gegen | |
Sexarbeit zu machen, schadet denen, die angeblich geschützt werden sollen. | |
Menschen in der Sexarbeit brauchen kein Berufsverbot“, heißt es da, | |
„sondern sichere Arbeitsbedingungen.“ | |
Johanna Weber vom Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen | |
kennt diese Art der Angriffe. „Da steckt etwas anderes dahinter als die | |
Sorge um Prostituierte und Gesundheit“, vermutet sie. „Diese Menschen haben | |
ein grundsätzliches Problem mit Sexarbeit.“ Nun sei deren Strategie, Corona | |
zu instrumentalisieren, „um uns ausbluten zu lassen.“ | |
Längst haben die Berufsverbände Hygienekonzepte vorgelegt, um die | |
Behauptung zu entkräften, das Infektionsrisiko sei in der Sexarbeit höher | |
als beim Haareschneiden oder der Massage, in Kitas und Schulen, bei | |
Gottesdiensten oder gar in der Fleischindustrie. Die Zimmeranzahl in großen | |
Häusern könne reduziert werden, sodass nicht zu viele Kunden auf einmal vor | |
Ort sind, heißt es in dem Papier von BesD und dem Berufsverband Sexuelle | |
Dienstleistungen (BSD), der die Betreibenden vertritt. Der Kontakt zwischen | |
Kunde und Sexarbeiterin, der den 1,5-Meter-Abstand außer Kraft setzt, sei | |
in der Regel ein Eins-zu-eins-Kontakt – wie bei anderen körpernahen | |
Dienstleistungen auch, zum Beispiel der Kosmetik. Kondome seien ohnehin | |
Vorschrift, Mund-Nase-Bedeckung sei verpflichtend, Küssen komme nicht | |
infrage. | |
Schön seien Masken beim Sex zwar nicht, sagt Stephanie Klee vom BSD – aber | |
möglich allemal. Desinfektion, gutes Lüften und die Dokumentation, wer wann | |
vor Ort war, seien selbstverständlich. Und das Schwitzen beim Sex? Klee | |
winkt müde ab. Der Kunde vielleicht, die Frauen selten. „Für die ist das | |
ein Job“, sagt Klee. „Nicht mehr, nicht weniger.“ | |
Gesundheitsexperte [4][Karl Lauterbach] (SPD) sieht das anders. „Sexarbeit | |
während Corona ist ein Hochrisikobereich“, sagt er. Das liege an „dem | |
ausgesprochen nahen Körperkontakt in geschlossenen Räumen, dem | |
beabsichtigten oder unbeabsichtigten Austausch von Körperflüssigkeiten und | |
der Anonymität der Begegnung.“ Ein Ehemann, der zu einer Prostituierten | |
gehe, gebe kaum seine echte Identität und Telefonnummer an. Die | |
Möglichkeit, ihn im Fall einer Infektion zu kontaktieren, sei deshalb | |
gering. Zwar enthielten die vorgelegten Hygienekonzepte der Branche „kluge | |
Gedanken“, wie Lauterbach sagt. „Aber die Konzepte sind so gut, wie sie | |
realistisch eingehalten werden.“ Und seine Sicht auf den Alltag von | |
Prostituierten, in dem Anonymität, Abhängigkeiten und Illegalität eine | |
große Rolle spielten, sage ihm, dass diese Konzepte gar nicht eingehalten | |
werden könnten. Selbstbestimmte Sexarbeit sei eine rare Ausnahme und könne | |
nicht zur Grundlage werden, Politik während Corona zu gestalten. | |
Sein Ziel sei gleichwohl nicht, Prostitution während Corona durch die | |
Hintertür abzuschaffen, sagt Lauterbach. Er betrachte Prostituierte derzeit | |
als Soloselbstständige, die unbürokratisch staatliche Unterstützung | |
bekommen müssten. Gleiches gelte für Bordelle, die normale | |
Wirtschaftsbetriebe seien. „Aber ich warne davor, zu sagen: Nur damit die | |
Bordellbranche überleben kann, nehmen wir ein untragbares Risiko in Kauf.“ | |
Die deutsche Politik bleibt vorsichtig. Rheinland-Pfalz, wo man plante, | |
Bordelle Mitte Juni wieder zu öffnen, zog überraschend zurück. Laut | |
Gesundheitsministeriums gab es Bedenken der Ordnungsämter, dass die | |
Nachverfolgung bei Infektionsfällen in der Branche nur schwer zu | |
gewährleisten sei. Auch die Einhaltung der vorgesehenen Hygiene- und | |
Reinigungsvorgaben hätte in Bordellen nicht ausreichend kontrolliert | |
werden können. Zudem gab es offenbar die Besorgnis, dass Sexarbeiterinnen | |
sich von überall her nach Rheinland-Pfalz aufmachen könnten und das | |
Bundesland mangels anderer Möglichkeiten plötzlich Hotspot der Sexarbeit | |
würde. | |
„Reisebusse voller Sexarbeitenden waren nicht nach Rheinland-Pfalz | |
unterwegs“, sagt Johanna Weber vom Berufsverband für erotische und sexuelle | |
Dienstleistungen. „Aber herumgesprochen hatte sich das natürlich schon. Wer | |
drei Monate kein Geld verdient hat, greift nach jedem Strohhalm.“ Nun | |
hätten die Sexarbeitenden, die auf eine Wiedereröffnung der Betriebe | |
vertraut hatten, den Schaden: Wer schon eine Werbeanzeige geschaltet oder | |
ein Hotelzimmer bezahlt habe, bleibe auf den Kosten sitzen. | |
## Enttäuschung in Rheinland-Pfalz | |
Das geht auch Nicole Schulze mit ihrem Wohnmobil so. Sie hatte schon | |
Spender für Desinfektionsmittel gekauft. „Da hätte ich doch lieber meinen | |
Kühlschrank vollgemacht“, sagt sie. „Dass Rheinland-Pfalz zurückgezogen | |
hat, war ein riesiger Schock“, sagt sie. „Für die meisten Menschen in | |
Deutschland bessert sich die Lage im Umgang mit Corona. Für uns wird es | |
immer dramatischer.“ Schulze wandte sich an rheinland-pfälzische | |
Politikerinnen von SPD und Grünen. „Meine Gefühle sind Angst, Wut und | |
Enttäuschung“, schrieb sie ihnen. Was aber die Politik derzeit mache, | |
verstärke bei den Frauen nur das „Gefühl der fortlaufenden | |
Diskriminierung“. Schulzes Vorschlag: ein runder Tisch, um gemeinsam | |
Ansätze und Lösungen zu finden, wie die Branche wieder zur Arbeit | |
zurückfinden kann. „Ich setze auf meine Landesregierung“, sagt Schulze. | |
„Ich habe eigentlich ein gutes Bild von denen. Aber im Moment fühle ich | |
mich einfach nur alleingelassen.“ | |
Eine Rückmeldung hat Schulze bisher nicht erhalten. Aus dem | |
Frauenministerium heißt es auf Nachfrage, Ministerin Anne Spiegel werde | |
noch antworten. Sie setze sich dafür ein, „dass es auch für den Bereich der | |
Prostitution eine Perspektive der schrittweisen Öffnung“ gebe, die zwischen | |
den Bundesländern abgestimmt sein müsse. Dennoch seien die | |
Herausforderungen in puncto Infektionsschutz in der Sexarbeit größer als in | |
anderen Branchen. Maßgeblich für eine schrittweise Öffnung, so das | |
Ministerium, „wird daher die Einschätzung des infektiologischen Risikos | |
sein.“ | |
Schulze fürchtet derweil, dass viele Frauen ihrer Arbeit nun im Verborgenen | |
nachgehen. Damit ist sie nicht allein: Über kurz oder lang werde die | |
Situation, wie sie derzeit ist, nicht nur „erhebliche Teile des | |
Prostitutionsgewerbes in den Ruin“ treiben, so auch die Einschätzung des | |
Vereins für politische und soziale Rechte von Prostituierten, Doña Carmen. | |
„Sondern sie dürfte sich darüber hinaus als Startschuss für die Entstehung | |
eines informellen Sektors der Prostitution erweisen, den es in diesem | |
Ausmaß in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben hat.“ | |
## Das illegale Geschäft geht weiter | |
Längst sind im Netz wieder Anzeigen von Sexarbeiter:innen zu finden, die | |
ihre Dienste anbieten, „zum Beispiel in Hotels, in Ferienwohnungen und | |
Apartmenthäusern“, wie Lönneberga sagt. Auf einschlägigen Seiten schreiben | |
Frauen ihre Telefonnummer unter ihr Foto, Adresse und Besuchszeiten sind | |
auf Nachfrage erhältlich. Mehr braucht es nicht, um Kontakte anzubahnen. In | |
manchen Bundesländern sind Einzelkontakte wie diese nach derzeitigem Stand | |
illegal, in anderen nicht. Sie zu verfolgen dürfte schwierig sein – | |
wesentlich schwieriger jedenfalls, als die großen Häuser zu kontrollieren. | |
Damit, so der Verein Doña Carmen, werde billigend in Kauf genommen, dass | |
der Gesundheitsschutz, der doch eigentlich im Vordergrund stehen sollte, | |
auf der Strecke bleibe. Und nicht nur das: Der entstehende Sektor sei „auch | |
deshalb problematisch, weil die Frauen, wenn sie normalerweise in Bordellen | |
gearbeitet haben, Haus- und Hotelbesuche gar nicht gewohnt sind“, sagt | |
Stephanie Klee vom BSD: „Die sind völlig auf sich allein gestellt.“ Die | |
Risiken, Opfer von Gewalt zu werden, erpressbar für die Arbeit ohne Kondom | |
zu sein oder nicht bezahlt zu werden, steigen. | |
Neben der Forderung, Sexarbeit wie andere Branchen zu behandeln, steht | |
deshalb derzeit vor allem eine im Raum: „Öffnet die Bordelle – umgehend und | |
bundesweit zur gleichen Zeit!“, wie Doña Carmen schreibt. Das sei das Gebot | |
der Stunde, wenn es darum gehe, auf die Gesundheit von Kunden und | |
Sexarbeitenden zu achten und einer Illegalisierung der Branche etwas | |
entgegenzusetzen. | |
Nicole Schulze formuliert es einfacher. „Ich wünsche mir“, sagt sie, „da… | |
man uns eine Chance gibt.“ | |
2 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://berufsverband-sexarbeit.de/ | |
[2] http://mitternachtsmission.de/ | |
[3] https://www.tagesschau.de/inland/prostitution-lockdown-corona-101.html | |
[4] https://www.karllauterbach.de/ | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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