# taz.de -- Parlamentswahlen in Serbien: Vučić hat das Narrativ gesetzt | |
> Präsident Vučić hat die serbische Gesellschaft weitgehend nach seinem | |
> Weltbild geformt. So gewinnt man Wahlen. | |
Bild: Der erwartete Sieger Aleksandar Vučić | |
Das [1][Ergebnis der serbischen Parlamentswahlen] war ja so erwartet | |
worden. Aleksandar Vučić, der als Präsident ja gar nicht zur Wahl stand, | |
hat seiner Fortschrittspartei SNS mit dem Namen „Aleksandar Vučić – für … | |
Zukunft unserer Kinder“ erneut die absolute Mehrheit gesichert. Mit der | |
Kontrolle über die Staatsmedien und dem Boykott der demokratischen | |
Opposition fiel das auch nicht allzu schwer. Aleksandar Vučić ist es ganz | |
cool mit Repressionen vieler Art gelungen, [2][seine Machtstellung] in | |
einer Bevölkerung auszubauen, die sich eine Alternative gegen ihn kaum mehr | |
vorstellen kann. | |
Zwar lag die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent und im Zentrum Belgrads sogar | |
unter 30 Prozent, diesen Umstand jedoch als Erfolg der die Wahlen | |
boykottierenden demokratischen Opposition zu verbuchen, greift da zu kurz. | |
Dass jetzt der Boykott innerhalb der Opposition als Fehler diskutiert wird, | |
hilft da auch nicht weiter. Damit ist Vučić nicht ansatzweise vom Sockel zu | |
stoßen. | |
Präsident Vučić ist es gelungen, den Großteil der serbischen Gesellschaft | |
nach seinem Weltbild zu formen. Kriegsverbrechen der Serben wie in Bosnien | |
1992 bis 1995 und in Kosovo bis 1999 gibt es in seinem Weltbild nicht. Auch | |
der Zweite Weltkrieg wird umgedeutet. Es gab damals zwar das mit großen | |
Opfern verbundene Leiden der Serben unter dem Ustascha-Regime in Kroaiten | |
und Westbosnien, dass aber die Četnik-Bewegung wie das Nedić-Regime in | |
Serbien selbst mit Hitler kollaborierten, wird heute einfach ausgeblendet. | |
Und es ist Vučić auch gelungen, der Bevölkerung das Gefühl zu geben, auf | |
der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Von dieser ideologischen | |
Basis aus laviert er außenpolitisch erfolgreich [3][zwischen Putins | |
Russland und der EU]. Er hat die prorussischen und die proeuropäischen | |
Strömungen im Rahmen eines von ihm definierten „nationalen Interesses“ | |
integriert. Fraglich ist allerdings, ob das Serbien Vučić’ in das Europa | |
der EU passen wird. Große Zweifel daran sind angebracht. | |
22 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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