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# taz.de -- Corona-Proteste in Serbien: Erneute Ausschreitungen in Belgrad
> Am zweiten Tag in Folge ist es in Belgrad zu Protesten gegen das
> Corona-Management der Regierung gekommen. Die Polizei setzte Schlagstöcke
> und Tränengas ein.
Bild: Belgrad am Donnerstag: Zusammenstoß von Demonstrierenden mit der Polizei
Belgrad afp | Bei [1][Protesten in Belgrad] gegen das
Corona-Krisenmanagement der Regierung ist es erneut zu Ausschreitungen
gekommen. Die Polizei setzte am Mittwochabend in der serbischen Hauptstadt
erneut Tränengas gegen Demonstranten ein, die Steine und Feuerwerkskörper
auf die Beamten warfen. Zuvor hatte Präsident Aleksandar Vucic den Verzicht
auf eine angekündigte Ausgangssperre in Aussicht gestellt.
In Belgrad werde es „definitiv“ schärfere Corona-Einschränkungen geben als
zuletzt, sagte Vucic. Der Krisenstab seiner Regierung scheine jedoch „der
Ansicht zu sein, dass es keine Ausgangssperre geben sollte“. Die endgültige
Entscheidung dazu werde am Donnerstag fallen. Am Dienstag hatte Vucic eine
Ausgangssperre angekündigt, die von Freitag bis Montag dauern sollte.
Bei den Ausschreitungen am Mittwochabend wurden zehn Polizisten verletzt,
wie Innenminister Nebojsa Stefanovic mitteilte. Zu möglichen Verletzten
unter den Demonstranten lagen zunächst keine offiziellen Angaben vor. Der
Oppositionspolitiker Bosko Obradovic sagte dem Fernsehsender N1, er sei von
der Polizei geschlagen worden.
Vucic bezeichnete die Demonstranten als „Faschisten“. Zudem bestehe der
Verdacht der „Einmischung durch ausländische Geheimdienste“, sagte der
Präsident, ohne Details zu nennen. Die Opposition wirft Vucic einen
zunehmend autokratischen Führungsstil vor. Die Parlamentswahlen am 21.
Juni, aus der seine Fortschrittspartei (SNS) als klarer Sieger
hervorgegangen war, war von mehreren Parteien boykottiert worden.
## „Frisierte“ Corona-Statistiken
Zu der erneuten Demonstration vor dem Parlament hatten sich wie schon am
Vorabend tausende Menschen versammelt. Zu dem Protest aufgerufen hatte das
auch hinter dem Wahlboykott stehende Oppositionsbündnis Allianz für
Serbien. Die Demonstration verlief zunächst friedlich. Zu den gewalttätigen
Konfrontationen mit der Polizei kam es, nachdem ein Großteil der
Demonstranten die Kundgebung bereits verlassen hatte.
Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Präsidenten. Viele Kritiker
werfen Vucic vor, die Corona-Beschränkungen mit Blick auf die
Parlamentswahlen zu rasch gelockert und so eine zweite Infektionswelle
begünstigt zu haben. „Die Regierung hat nur ihre eigenen Interessen im
Sinn“, sagte die 53-jährige Demonstrantin Jelina Jankovic. Ihre
Mitstreiterin Danijela Ognjenovic sagte, die Leute hätten genug von
„frisierten“ Corona-Statistiken und seien „sehr wütend“.
Bei den Demonstrationen am Dienstag waren nach Polizeiangaben mindestens 60
Menschen verletzt worden, darunter 43 Polizisten. 20 Menschen wurden den
Angaben zufolge festgenommen.
Die Opposition warf der Polizei unverhältnismäßige Gewalt vor. N1
veröffentlichte Aufnahmen, auf denen Polizisten zu sehen waren, die mit
Schlagstöcken auf drei friedlich auf einer Bank sitzende Männer
einschlugen. Die Menschenrechtsbeauftragte des Europarats, Dunja Mijatovic,
kritisierte die „gewaltsame Vertreibung“ von Demonstranten und zeigte sich
mit Blick auf mögliche Menschenrechtsverletzungen „ernsthaft besorgt“.
## Polizeichef weist Gewaltvorwürfe zurück
Vucic räumte ein Versagen einzelner Polizeibeamter ein. Sie würden zur
Verantwortung gezogen, kündigte er an. Serbiens Polizeichef Vladimir Rebic
wies die Vorwürfe exzessiver Polizeigewalt zurück und erklärte, die Beamten
hätten nur dann Gewalt angewendet, „wenn sie gegen uns eingesetzt wurde“.
Die Zahl der neuen Todesfälle durch die Corona-Pandemie in dem Balkanstaat
erreichte zuletzt einen Rekordstand. Am Dienstag hatten die Behörden 13
Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet – so viele wie noch nie seit
Beginn der Ausbreitung des neuartigen Virus in Serbien.
Seit Anfang März wurden in dem Land fast 17.000 Corona-Infektions- sowie
330 Todesfälle gezählt. Kritiker bezweifeln aber diese Angaben und werfen
der Regierung vor, [2][das tatsächliche Ausmaß der Pandemie zu
verschleiern]. Bereits im März hatte die Regierung landesweit strenge
Ausgangsbeschränkungen verhängt. Diese wurden jedoch im Juni aufgehoben.
9 Jul 2020
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