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# taz.de -- Turmfalken in Berlin: Großstädter, genau wie die Berliner
> Nicht bloß in Burgruinen, sondern auch in städtischen Kirchtürmen nisten
> Falken. Die taz ist zu einer Beringung mit in luftige Höhen gestiegen.
Bild: Guter Geburtsort für Turmfalken: ein Kirchturm
Da oben seien Turmfalken, erzählte die Bekannte aus der Kirchengemeinde. Da
oben, das hieß: Im 46 Meter hohen Turm der katholischen Kirche in
Zehlendorf. Aber wieso Turmfalken? Sind die nicht zuhause in alten
Ritterburgen und Ruinen? Auf jeden Fall doch nicht in der Stadt! Falsch
gedacht. Aber dass die da oben nicht nur nisten, sondern auch quasi amtlich
registriert sind? Stimmt auch. Heißt bei Turmfalken bloß anders, nämlich
Beringung, und die Tiere müssen dafür auch nicht aufs Amt, sondern bekommen
Hausbesuch.
Also Schluss mit den Klischees und Faktencheck. Und so wartet an diesem
Donnerstag am Fuß des Kirchturms Ludwig Schlottke, ein sehr rüstiger
Endsiebziger, um einem mal zu zeigen, wie das so geht mit der Beringung. 64
Steinstufen, 47 Holzstufen und dann noch eine steile – genauer: sehr steile
– Leiter später stehen wir auf einem Zwischenboden unter der Turmkuppel.
Durch schmale Schlitze zwischen den Bodenbrettern geht der Blick tief
runter. Schlottke aber bewegt sich, als wäre es bei ihm zu Haus im
Wohnzimmer. Seit 1984 beringt er Falken, noch nie sei irgendwo eine Leiter
gebrochen oder er sonst wie gefallen.
## Kein Chip am Fuß
Es ist nicht so, dass innen im Turm nun die Falken herumfliegen würden –
die übrigens in der Stadt in Grün- und auf Bahnanlagen als Nahrung viele
Mäuse finden würden. Der Brutkasten im Fenster, den Schlottke vor Jahren in
Absprache mit Kirchengemeinde und Denkmalschutz eingebaut hat, ist nach
innen zu, die Falken-Eltern können bloß von außen füttern.
Nacheinander nimmt Schlottke drei kleine Knäuel mit Schnabel aus dem
Kasten. An den rechten Fuß kommt ein Alu-Ring mit Nummer, den er mit der
Kombizange anpasst; an den linken ein gleich großer, aber farbiger: „Der
zeigt das Jahr der Beringung an“, sagt Schlottke, der früher
Gartenbauingenieur war. Ist da ein Chip drin? Nein, aber mit einem starken
Fernglas ließen sich die nur viereinhalb Millimeter großen Zahlen und
Buchstaben am Fuß auf 50 Meter erkennen.
Und was bringt das nun, diese Nummern an die zuständige Vogelschutzwarte in
Radolfzell zu übermitteln? Einen Überblick über den Bestand, aber nicht
bloß das. Schlottke hat herausgefunden, dass die hier geborenen Turmfalken
ziemlich bodenständige Berliner werden – „98 Prozent bleiben in der Stadt�…
– und auch sonst eher großstädtisch sind: „Turmfalken sind nicht monogam.
Es kommt selten vor, dass ein Paar im Jahr danach nochmal zusammen ist.“
19 Jun 2020
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Naturschutz
Vögel
Turm
Schwerpunkt Stadtland
Wildtiere
Kolumne Berlin viral
Tierwelt
Zoologie
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