| # taz.de -- Capitol Hill Autonomous Zone: Seattles neue Selbstsicherheit | |
| > Aktivist:innen besetzen einen Stadtteil Seattles, um gegen Rassismus und | |
| > soziale Spaltung zu protestieren. Indes reagiert Trump mit Drohgebärden. | |
| Bild: Auch aus der Luft mit klarer Message: die Capitol Hill Autonomous Zone | |
| Berlin taz | Sie zelten auf Parkflächen, organisieren Open-Air-Kinos, | |
| veranstalten Konzerte und Workshops gegen Gentrifizierung. Immer wieder | |
| versammeln sie sich zu Kundgebungen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Seit | |
| Tagen haben mehrere Hundert Menschen Teile von Capitol Hill, einem | |
| Stadtteil von Seattle, Washington, für besetzt erklärt. C.H.A.Z. (kurz für | |
| „Capitol Hill Autonomous Zone“) nennen die Besetzer:innen diese Zone. | |
| „Wessen Straße? – Unsere Straße!“ lautet der Sprechchor der Aktivist:in… | |
| der über Videos in den sozialen Medien verbreitet wird. Zäune und | |
| Barrikaden zeigen den Eingang zur freien Zone. „Black Lives | |
| Matter“-Graffitis sind an den Gebäuden zu sehen. | |
| Dass sich eine solche polizei- und behördenfreie Zone ausgerechnet in | |
| diesem Stadtteil Seattles gegründet hat, ist wenig erstaunlich. Capitol | |
| Hill ist bekannt für Aktionen von alternativen und linken Gruppierungen. | |
| Das Viertel gilt als Hochburg der LGBTI-Szene. Immer wieder war dieser | |
| Stadtteil zentraler Ort für Protestaktionen, etwa 1999 gegen die | |
| Welthandelsorganisation oder 2011 im Zuge der Bewegung Occupy Wall Street. | |
| Nach dem [1][gewaltsamen Tod George Floyds] durch einen Polizisten Ende Mai | |
| gab es auch in Seattle Demonstrationen, die teilweise in brutalen | |
| Ausschreitungen endeten. Die zuständige Polizeibehörde räumte aus Gründen | |
| der Deeskalation ihr Revier in Capitol Hill und lässt seither den | |
| friedlichen Protest zu. | |
| Trump droht, sich einzuschalten | |
| [2][US-Präsident Donald Trump] reagierte prompt mit Drohgebärden über | |
| Twitter. Sollten die Behörden nicht in der Lage sein, die Lage wieder in | |
| Ordnung zu bringen, würde er die Sache übernehmen, konstatierte Trump. Wenn | |
| er einschreiten müsse, werde er dies tun. Der US-Präsident hatte damit | |
| bereits gedroht, als es zu landesweiten Demonstrationen gekommen war. | |
| Trump hatte in Erwägung gezogen, den Insurrection Act zu aktivieren. Dieses | |
| Gesetz von 1807 erlaubt es dem US-Präsidenten, das Militär innerhalb der | |
| Vereinigten Staaten einzusetzen, wenn die Lage dies erfordert. Ein solcher | |
| Einsatz ist allerdings sehr umstritten. | |
| Im Fall Seattle und der autonomen Zone hatten rechte Medien zugleich | |
| Berichte verbreitet, die von gewaltbereiten und bewaffneten Anarchist:innen | |
| und Antifa-Anhänger:innen in dem Gebiet sprachen, von Gewalt gegen | |
| Polizist:innen, von absichtlich gelegten Feuern in der Polizeistation, von | |
| Vergewaltigungen und Überfällen. | |
| Die Bürgermeisterin von Seattle, Jenny Durkan, widersprach in einem | |
| Interview mit CNN den Aussagen Trumps. „Das Ganze hat eher eine | |
| Straßenfest-Atmosphäre als eine bewaffnete Übernahme oder eine | |
| Militärjunta.“ Es bestünde keine Gefahr für die Öffentlichkeit. Die | |
| Behörden seien in Kontakt mit Geschäftsleuten und Anwohner:innen des | |
| Gebiets. | |
| „Gehen Sie zurück in den Bunker“ | |
| Durkan bezeichnete die Einlassungen Trumps als falsch und nicht hilfreich | |
| in der derzeitigen Situation. „Die ganze Nation sah, wie George Floyd | |
| ermordet wurde“, sagte die Bürgermeisterin. Man müsse akzeptieren, dass es | |
| systemischen Rassismus in den USA gebe, den man Schritt für Schritt | |
| bekämpfen müsse. Auf Twitter griff sie den US-Präsidenten deutlich schärfer | |
| an: „Sorgen Sie für unsere Sicherheit. Gehen Sie zurück in den Bunker.“ | |
| In Berichten aus C.H.A.Z., die über Twitter verbreitetet werden, wird nach | |
| freiwilligen Helfer:innen gesucht, die Essen ausgeben oder beim Ausbau des | |
| Camps unterstützen. Und es wird zu weiteren friedlichen Demonstrationen | |
| aufgerufen. Nicht nur gegen Rassismus und Polizeigewalt, sondern auch gegen | |
| hohe Mieten und für alternative Lebenskonzepte. „Dieser Ort gehört nun den | |
| Menschen von Seattle“, ist auf Plakaten der Demonstrant:innen zu lesen. Wie | |
| lange das so bleibt, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. | |
| 14 Jun 2020 | |
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| Tanja Tricarico | |
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