| # taz.de -- Black-Lives-Matter-Proteste in Berlin: Aufstehen in Würde | |
| > Jugendliche of Color lassen sich nicht mehr gefallen, dass der Staat sie | |
| > bedroht und nicht beschützt. Allein in Berlin demonstrieren Zehntausende. | |
| Bild: Ob George Floyd oder Oury Jalloh: Black Lives Matter | |
| Berlin taz | Es war kein gewöhnlicher Protest, der am [1][Samstag den | |
| Alexanderplatz] füllte: keine Kundgebung, von der nur die | |
| TeilnehmerInnenzahl und ihr politisches Anliegen bleibt, sondern ein | |
| Zusammenkommen, das vor allem Würde ausstrahlte. Berlins kommende | |
| Generation, so vielschichtig wie nie, vereint in dem Bewusstsein, es einmal | |
| besser zu machen. Der Alex war in diesen Stunden ein Ort der Zukunft, die | |
| Idee einer besseren Welt ohne Rassismus und Diskriminierung. | |
| Es waren die 16- bis 25-Jährigen, die das Bild prägten. Sie gedachten im | |
| Schweigen und in aufbrausendem Beifall des durch Polizisten ermordeten | |
| schwarzen US-Amerikaners [2][George Floyd]. Stundenlang, konzentriert, | |
| konfliktfrei. Sie forderten [3][„Black Lives Matter“] und meinten damit vor | |
| allem auch sich und alle Umstehenden. Viele der Teilnehmenden waren | |
| womöglich nie zuvor auf einer Demonstration, nicht für die Opfer des | |
| [4][Anschlags von Hanau], nicht für die Aufklärung des Todes von [5][Oury | |
| Jalloh]. Doch das Bewusstsein über das Gift Rassismus innerhalb der | |
| Gesellschaft und ihrer staatlichen Institutionen tragen sie mit sich. | |
| Es war eine der größten antirassistischen Demonstrationen der Geschichte | |
| Berlins. Schon zum eigentlichen Kundgebungsstart war der Alex so überfüllt, | |
| dass es nicht mehr vor noch zurück ging. Außen strömten weiter Tausende und | |
| verteilten sich vom Rotem Rathaus bis weit die Alexanderstraße hinauf. | |
| Hätten die OrganisatorInnen 100.000 Teilnehmende gemeldet, niemand hätte | |
| sich gewundert. Weil sie nichts sagten, blieben die 15.000 der Polizei, von | |
| den meisten Medien kritiklos übernommen – aber weit entfernt von der | |
| Realität. | |
| Warum jetzt, kann man sich fragen: Warum wirkt ein Mord an einem schwarzen | |
| Mann so weit weg von hier so mobilisierend? Ganz einfach: Es spielt keine | |
| Rolle mehr, ob [6][Halle] oder Minneapolis, die sozialen Medien machen die | |
| Entfernung unsichtbar. Für heute 18-Jährige, für die die AfD und die mit | |
| ihr einhergehende rechte Gefahr zu ihrer Lebensrealität gehört, seit sie | |
| elf sind, ist es einfach eine neue Drohung. Eine zu viel, um weiter zu | |
| schweigen. Die gelebte kosmopolitische Realität der Jugendlichen und jungen | |
| Erwachsenen ist unendlich weit entfernt von den alten Kontinuitäten | |
| strukturell rassistischer Gesellschaften. Es gibt keinen Grund, das länger | |
| hinzunehmen. | |
| Selbstverständlich muss man Angst haben angesichts so einer | |
| Massenveranstaltung zu Corona-Zeiten. Auch wenn die meisten ihre Masken | |
| trugen, der Mindestabstand war nicht einzuhalten. Das ist unverantwortlich, | |
| ja. Aber es ist auch Angst, die die Menschen dort hingezogen hat. Die Angst | |
| von jungen BerlinerInnen of Color, nicht dieselben Chancen im Leben zu | |
| haben wie ihre weißen FreundInnen. Die Angst vor rassistischer | |
| Polizeigewalt, vor Diskriminierung. Berechtigt und ernst zu nehmen. | |
| ## Übergriffe der Polizei | |
| Wie sehr, zeigte sich nach dem Ende der Veranstaltung. Gepanzerte | |
| Polizeieinheiten strömten durch diese so friedliche, sowohl ernste als auch | |
| lebensbejahende Menge und griffen Leute heraus. Brutale Festnahmen, nicht | |
| selten von schwarzen jungen Männern, die jede Verhältnismäßigkeit oder gar | |
| Rücksicht auf das Thema der Versammlung vermissen ließen. Wie anders hätte | |
| es sein können, dass sich Teilnehmende davon provoziert fühlten. Genau | |
| darum ging es doch. Um einen autoritären, rassistischen Staat, der seine | |
| BürgerInnen nicht schützt, sondern bedroht. | |
| Legitimiert wurden die Polizeiübergriffe bereits vor Veranstaltungsbeginn | |
| durch einen [7][Tweet der Deutschen Polizeigewerkschaft Berlin], in dem von | |
| der „Aggressivität der Berufsempörer & gewaltbereiten Krawallmacher“ die | |
| Rede war. Es ist unter anderem diese Verachtung, geäußert durch eine | |
| Lobbyorganisation der Polizei, geführt von einem ehemaligen Mitglied der | |
| Republikaner, die zeigt, warum diese Demonstrationen weitergehen müssen. So | |
| lange, bis solche Menschen in dieser Gesellschaft nichts mehr zu sagen | |
| haben und derartige Strukturen überwunden sind. Black Lives Matter! | |
| 7 Jun 2020 | |
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| [3] /Black-Lives-Matter/!t5320244/ | |
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| [5] /Oury-Jalloh/!t5024194/ | |
| [6] /Antisemitischer-Terror/!5629067/ | |
| [7] https://twitter.com/retep_kire/status/1269526002234884096?s=20 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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