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# taz.de -- Schwangerschaftsabbruch während Corona: Warten auf die Abtreibung
> In Bremerhaven gibt es niemanden, der Schwangerschaftsabbrüche
> durchführt, in Bremen bietet Pro Familia nur noch die Hälfte der Termine
> an.
Bild: Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland legal – aber Ärzt*innen…
BREMEN taz | Zwei Wochen müssen Frauen derzeit auf einen Termin für einen
Schwangerschaftsabbruch im [1][medizinischen Zentrum von Pro Familia in
Bremen] warten. Das ist ein großes Problem, weil hier fast alle
Abtreibungen im Land Bremen vorgenommen werden, 2019 waren es 85 Prozent.
„Wir können wegen des Infektionsschutzes und der Abstandsgebote nur noch
etwa zehn Termine am Tag machen“, sagt die Geschäftsführerin des Pro
Familia Landesverbands Monika Börding. Vor der Pandemie seien es 18 bis 20
pro Tag gewesen.
Frauen, deren Schwangerschaft seit mehr als zehn Wochen nach der letzten
Regelblutung besteht, würden sie deshalb an andere Ärzt*innen und Kliniken
in Bremen, aber auch in Hamburg verweisen. Denn wenn die Frist nach der 14.
Woche überschritten wird, werden Abtreibungen in [2][der Regel nur noch
erlaubt, wenn das Kind voraussichtlich behindert] sein wird.
„Ob sie dort Termine bekommen, wissen wir nicht, wir hoffen es aber sehr“,
sagt Börding. Wie viele Frauen betroffen seien, könne sie nicht genau
sagen. Eine Mitarbeiterin habe an anderthalb Tagen zehn Frauen bitten
müssen, anderswo nach einem Termin zu fragen.
## Kein Arzt in Bremerhaven
Noch dramatischer ist die Situation für Frauen in Bremerhaven. Denn während
in Bremen vereinzelt Ärzt*innen einen meist medikamentösen, seltener
chirurgischen Abbruch anbieten, gibt es in Bremens Schwesternstadt derzeit
niemanden.
Das sei kein neues Problem, sagt Börding von Pro Familia. „Es gibt dort nur
einen Arzt, der aber auch schon über 70 ist. Wenn er im Urlaub ist oder aus
anderen Gründen nicht so viel arbeiten kann, müssen die Frauen nach Bremen
oder weiter fahren.“ Ab Mitte Juni werde er voraussichtlich wieder zur
Verfügung stehen – auf lange Sicht brauche es aber mindestens einen zweiten
Arzt oder eine zweite Ärztin.
Für viele Bremerhavenerinnen sei die Fahrt nach Bremen eine große Hürde,
sagt Mareile Broers, Leiterin der Pro Familia Beratungsstelle in
Bremerhaven. „Viele haben auch in normalen Zeiten Angst, in eine andere
Stadt zu fahren“, sagt Broers. Jetzt komme die Sorge vor Ansteckung in
öffentlichen Verkehrsmitteln noch hinzu.
Wobei Bus und Bahn nicht in Frage kommt, wenn der Eingriff in Vollnarkose
gemacht wird. Die Frauen sollen sich dann mit dem Auto bringen und abholen
lassen. Zudem könnten sich viele die Fahrt in andere Städte nicht leisten,
so Broers. Das Land erstattet zwar die Kosten für den
Schwangerschaftsabbruch, nicht aber für die Reise.
## Versorgungslücken schon vorher zu groß
Keine Engpässe gibt es laut [3][einer aktuellen Senatsmitteilung] bei den
gesetzlich vorgeschriebenen Beratungen vor Schwangerschaftsabbrüchen. Diese
würden persönlich vor Ort und am Telefon durchgeführt. [4][Möglich wäre
auch die Nutzung digitaler Medien]. Dafür fehle es aber „sowohl den
Beratungsstellen als auch den Frauen an technischer Ausrüstung“, teilt der
Senat mit.
[5][Verschiedene Organisationen warnen seit Beginn der Pandemie-Maßnahmen]
davor, dass Frauen der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen
erschwert und in einigen Regionen ganz verstellt sein könnte – [6][weil die
Versorgungslücken schon zuvor so groß waren]. So kommt etwa die Hälfte der
Patientinnen des medizinischen Zentrums in Bremen aus Niedersachsen.
Eine Forderung von Verbänden wie Doctors for Choice und Pro Familia lautet
daher, [7][den medikamentösen Abbruch bis zur neunten Woche zu Hause zu
erlauben]. In Deutschland müssen Frauen die Medikamente unter ärztlicher
Aufsicht einnehmen.
28 May 2020
## LINKS
[1] /Pro-Familia-Zentrum-in-Bremen/!5642194
[2] /Spaetabtreibungen-in-Deutschland/!5681768
[3] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0…
[4] /Schwangerschaftsberatung-per-Telefon/!5682129
[5] https://doctorsforchoice.de/2020/03/pm-schwangerschaftsabbruch-corona/
[6] /Studie-zu-Schwangerschaftsabbruechen/!5644885
[7] /Schwangerschaftsabbruch-in-Coronazeit/!5677292
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Paragraf 218
Schwerpunkt Coronavirus
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Bremerhaven
Pro Familia
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Lesestück Recherche und Reportage
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