Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Medienanstalt beendet Förderprogramm: Ciao, Volos, ciao, Volontari…
> Nach nur zwei Jahrgängen beendet die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ihr
> „Integrationsvolontariat“, ein Programm für geflüchtete Journalist*inne…
Bild: Die MABB wird wie die übrigen Medienanstalten aus dem Rundfunkbeitrag fi…
„Entweder riskiert man sein Leben, oder man schreibt, was die Regierung
will.“ So beschreibt [1][Nyima Jadama], die in Gambia für Zeitungen und
Radiosender gearbeitet hat, die Lage für Journalist*innen in ihrem
Heimatland. Seit 2018 absolviert Jadama ein Integrationsvolontariat, das
die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) beim Offenen Kanal ALEX Berlin
anbietet. Hier würden Voraussetzungen dafür geschaffen, dass man im
deutschen Journalismus Fuß fassen kann, sagt die Journalistin.
Diese Möglichkeit besteht künftig aber nicht mehr. Ende Mai endet nämlich
die kurze Geschichte dieses Volontariats, konzipiert für Journalist*innen
mit Flucht- und Verfolgungshintergund. Schon nach dem zweiten Jahrgang ist
Schluss. Jadama, die während eines Praktikums auch für die taz geschrieben
hat, die syrische Wirtschaftsjournalistin [2][Rama Aldarwish] und [3][Ali
Hassanpour] aus dem Iran sind die letzten Absolvent*innen.
„Das Integrationsvolontariat war ein wichtiges Projekt, das wir mit
Herzblut verfolgt haben“, sagt Anja Zimmer, die Direktorin der MABB. Die
Anstalt habe dieses besondere Volontariat im Sommer 2016 auf den Weg
gebracht, weil es einen „enormen Bedarf“ gegeben habe. Es sei ein
„Pilotprojekt“ gewesen, die Medienanstalt habe sich als „Inspirator“
verstanden.
Der Bedarf an solchen Volontariaten dürfte kaum geringer werden.
Regierungskritische [4][Journalist*innen stehen in autoritären Staaten
unter noch größerem Druck als andere Menschen, weil sie in ihrer
Berufsausübung eingeschränkt sind]. Die Hälfte der Absolvent*innen des
Integrationsvolontariats kam aus Syrien. Unter den 180 Staaten, die die
Organisation Reporter ohne Grenzen in ihrer Rangliste der Pressefreiheit
aufführt, liegt Syrien auf Platz 174.
## Betreuungsaufwand groß
Auch angesichts des nicht eben blendenden Images der Medienanstalten – der
Medienforscher Lutz Hachmeister hält sie für föderale Fossile, die
angesichts der „globalen Netzkommunikation“ wirkungslos seien – ist
bedauerlich, dass ein so vorbildliches Projekt verschwindet.
Volker Bach, Leiter von ALEX Berlin, sagt, die Betreuung des Volontariats
sei außergewöhnlich aufwendig gewesen – zum einen, weil journalistisches
Arbeiten auf Deutsch für Nichtmuttersprachler*innen eine
Herausforderung sei, zum anderen, weil die Absolvent*innen jeweils „mit
sehr persönlichen Lebens- und Fluchtgeschichten“ bei ALEX Berlin ankämen.
Direktorin Zimmer sagt, dass die MABB über ihre traditionellen Aufgaben
hinaus – Regulierung des privaten Rundfunks und von Telemedien,
Jugendschutz und Förderung, etwa von Medienkompetenz oder Lokalfernsehen –
immer mehr neue Aufgaben zugewiesen bekomme.
Sie bezieht sich auf den neuen bundesweiten [5][Medienstaatsvertrag], der
wahrscheinlich ab September in Kraft treten wird. Transparenzvorschriften
für Google und Facebook, der Kampf gegen Desinformation, die
Kennzeichnungspflicht für politische Werbung von Parteien etwa bei Twitter
– um all das sollen sich die MABB und die 13 anderen Landesmedienanstalten,
die durch einen festen Anteil aus dem Rundfunkbeitrag (2 Prozent)
finanziert werden, künftig kümmern.
## Sender sollen einspringen
Zimmer sagt, ein Integrationsvolontariat gehöre nicht zu den „Kernaufgaben“
der MABB, und auf diese müsse sich die Behörde jetzt besinnen. Während
nämlich die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder die Medienanstalten für
überfinanziert halten, behaupten diese selbst das Gegenteil.
Beobachter*innen des medienpolitischen Geschehens in Berlin gehen davon
aus, dass die MABB das Integrationsvolontariat nicht aus ihrem jeweiligen
Jahresbudget finanziert hat, sondern durch Rücklagen. Kritik am Stopp des
Volontariats findet Zimmer aber unfair, weil „wir bisher die Einzigen
waren, die so etwas gemacht haben“. Sie hofft, dass etwa der
öffentlich-rechtliche Rundfunk einspringt.
Auch andernorts ist es um Projekte zur Förderung des Journalismus von
Geflüchteten nicht gut bestellt. Bei #jetztschreibenwir, einer von
Exiljournalisten produzierten Beilage des Berliner Tagesspiegels, ist
unklar, ob und wie es weitergeht. Die daran bisher beteiligten Stiftungen
haben sich zurückgezogen, man hofft nun auf „Unterstützung einer anderen
Stiftung“, so Dorothee Nolte, die zuständige Redakteurin. Bei
#jetztschreibenwir wirkten auch Absolvent*innen des
MABB-Integrationsvolontariats mit.
11 May 2020
## LINKS
[1] /Nyima-Jadama/!a51813/
[2] /Rama-Aldarwish/!a49740/
[3] https://www.alex-berlin.de/blog/radio-popcorn-die-erste-persische-radiosend…
[4] /Pressefreiheit-in-Aegypten/!5675691
[5] /Medienstaatsvertrag-beschlossen/!5644377
## AUTOREN
René Martens
## TAGS
Landesmedienanstalt
Schwerpunkt Flucht
Diversity
Journalismus
Journalismus
Rundfunk
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Terre des Femmes
Diversity
Sudan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Studie zum Volontariat im Journalismus: Geboren, studiert oder angelernt?
Ein Buch über die Geschichte der journalistischen Ausbildung behandelt mehr
als das „Volontärunwesen“. ChatGPT würde es mit Gewinn lesen.
Medienstaatsvertrag und Onlinemedien: Neue Medien, neue Räte?
Journalistische Onlinemedien gelten nicht so recht als Presse.
„Correctiv“-Gründer David Schraven wünscht sich eine ergänzende Instanz …
Presserat.
Kürzungen beim NDR: Weniger Geld, mehr Arbeit
Der NDR soll in den kommenden Jahren 300 Millionen Euro sparen.
Gleichzeitig ist ein Ausbau der Netzinhalte geplant. Das sorgt für
Irritationen.
Der Hausbesuch: Stimme gegen die Grausamkeit
Binta Fatty aus Gambia wird als Kind beschnitten und später
zwangsverheiratet. Heute lebt sie in Berlin und engagiert sich für
Frauenrechte.
Forscherin über Diversity in Redaktionen: „Medienwandel schreckt schnell ab�…
Wie werden Journalistenschulen und Redaktionen diverser? Monitoring wäre
ein erster Schritt, sagt die Wissenschaftlerin Julia Lück.
Frauen in der sudanesischen Revolution: Gestern und heute Kämpferinnen
Seit Jahrzehnten kämpfen die Frauen in Sudan für ihre Rechte. Das
Al-Bashir-Regime versuchte sie einzuschränken, nun kommen sie zurück.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.