# taz.de -- Kürzungen beim NDR: Weniger Geld, mehr Arbeit | |
> Der NDR soll in den kommenden Jahren 300 Millionen Euro sparen. | |
> Gleichzeitig ist ein Ausbau der Netzinhalte geplant. Das sorgt für | |
> Irritationen. | |
Bild: Das Mikro mit dem NDR-Logo ist dann wohl seltener zu sehen | |
„Ich glaube, ich übergebe ein gut bestelltes Haus“, sagte Lutz Marmor, der | |
langjährige Intendant des NDR, bei seiner Verabschiedung am 9. Januar | |
dieses Jahres. Eine knappe Woche später verkündete [1][Joachim Knuth, sein | |
Nachfolger]: „Wir müssen jährlich 60 Millionen Euro einsparen.“ In der | |
vergangenen Woche teilte Knuth den Mitarbeitern dann mit: Es werden in den | |
kommenden vier Jahren noch jeweils 15 Millionen Euro mehr sein. | |
Dass der NDR insgesamt 300 Millionen Euro einsparen muss, stößt unter | |
Mitarbeitern auf Verwunderung. „In den vergangenen Jahren hieß es immer | |
wieder, der NDR sei dank Sparmaßnahmen für die Zukunft gut gewappnet“, | |
bemerken die Journalistengewerkschaften Verdi und DJV sowie die | |
Organisation Freie im NDR. Sendersprecher Frank Jahn sagt dazu, erst als | |
die [2][Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten | |
(KEF) im Februar 2020 ihren aktuellen Bericht] vorgelegt habe, „stand der | |
Umfang der erforderlichen Einsparungen letztendlich fest“. Die „weitere | |
Verschärfung der Sparmaßnahmen“ [3][hänge mit der Coronapandemie | |
zusammen.]“ | |
Unklar ist aber unter anderem, wie viel Geld jeweils durch die konkret | |
geplanten Einzelmaßnahmen eingespart wird, die im NDR Fernsehen unter | |
anderem die Kulturmagazine, das Medienmagazin „Zapp“, das Auslandsmagazin | |
„Weltbilder“ und die Doku-Redaktion „Die Box“ betreffen. „Eine umfang… | |
Information aller Mitarbeiter*innen über die genauen Einschnitte in allen | |
Bereichen“ gebe es bisher nicht, kritisiert der Redakteursausschuss im | |
Intranet des Senders. | |
Der NDR hat bei der Begründung seiner Sparmaßnahmen herausgestellt, dass er | |
von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass sich | |
Zweitwohnungsinhaber von der Zahlung des Rundfunkbeitrags befreien können, | |
überproportional betroffen sei. Aber um wie viel Geld geht es da? „Für | |
den NDR wird mit Einnahmeausfällen von rund 8,8 Millionen Euro pro Jahr | |
gerechnet“, sagt Frank Jahn. 2019 hätten sie bei „rund 6,5 Millionen Euro�… | |
gelegen. Klingt eigentlich nicht dramatisch. | |
## Kritik an fehlender Strategie | |
Auf taz-Nachfrage zu den konkrete anvisierten Einsparsummen bei den | |
betroffenen Sendungen sagt Sprecher Jahn: „Eine Einzelbetrachtung der | |
anfallenden Kosten bestimmter Formate könne „leider nicht erfolgen, auch | |
weil es sich in Teilen um Auftragsproduktionen handelt. Mit einer | |
Veröffentlichung von Zahlen würden Geschäftsgeheimnisse Dritter berührt“ … | |
obwohl das für die Magazine aus dem Spätprogramm nun gerade nicht gilt. | |
Jahn sagt auch, „genaue Summen hinsichtlich einer neuen multimedialen | |
Ausrichtung“ von etwa „Zapp“ könnten „noch nicht beziffert werden“. … | |
Redaktionen würden „in den kommenden Monaten entsprechende Konzepte | |
erarbeiten“. Prinzipiell keine schlechte Idee. Die Gewerkschaften sowie die | |
Freien im NDR bemängeln aber: „Seit Jahren fehlt eine klare Strategie für | |
die Bereiche Online und Social Media. Nun soll das ganz schnell gehen.“ | |
Die Redaktionen müssen jetzt mit viel weniger Geld sehr viel mehr machen: | |
ihr Onlineangebot verbessern und die lineare Sendung am Leben enthalten. | |
„Zapp“ etwa muss dabei mit einem Drittel weniger auskommen. Das | |
Auslandsmagazin „Weltbilder“ büßt nach taz-Informationen sogar mehr als d… | |
Hälfte des Jahresetats ein, der bisher im mittleren sechsstelligen Bereich | |
liegt. Das ist ohnehin mickrig; die durchschnittlichen Produktionskosten | |
eines einzigen „Tatorts“ reichen für drei Jahre „Weltbilder“. | |
Wo soll da noch gespart werden? Autorenhonorare fallen bei „Weltbilder“ | |
nicht an, weil die Beiträge von festangestellten Auslandskorrespondenten | |
der ARD stammen. Zudem sind rund die Hälfte der Beiträge Zweitverwertungen | |
– diese Filme laufen auch im „Weltspiegel“ und im „Europamagazin“ der… | |
„Weltbilder“ist eines der wenigen Formate, in denen die Korrespondenten | |
noch Beiträge jenseits von Nachrichtensendungslänge unterbringen können. | |
Andere Landesrundfunkanstalten haben die Auslandsmagazine in ihren Dritten | |
Programmen längst abgeschafft – obwohl die Hierarchen der ARD in | |
Sonntagsreden ja gern das außergewöhnliche Netz ihrer 30 Auslandsstudios | |
besingen. | |
Kein Wunder, dass der Redakteursausschuss im Intranet ein düsteres Bild | |
malt: Es bestehe „die Gefahr, dass relevante und berichtenswerte Themen | |
weniger stark berücksichtigt werden“. | |
14 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Joachim-Knuth-wird-Intendant/!5606796 | |
[2] /Rundfunkbeitrag-ab-2021/!5665345 | |
[3] /Journalismus-und-Corona/!5669223 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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