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# taz.de -- Kritik am Bundesliga-Start: Grillfest der Saturierten
> Die Fußball-Bundesliga ist wichtig, schon klar. Dass ihre Privilegien
> jetzt zementiert werden, ist aber ein Problem.
Bild: It's the football, stupid! Kölns Anthony Modeste macht sich bereit für …
In einer Woche wird in Deutschland also wieder Fußball gespielt. Die
[1][Deutsche Fußball-Liga] hat ihren persönlichen Frohlockdown ausgerufen,
Uefa-Chef Aleksander Ceferin kriegt sich gar nicht mehr ein ob der
Entscheidung. Er sieht Deutschland „als leuchtendes Beispiel“ vorangehen.
Sky macht den Fans ein Angebot, das sie nicht ablehnen können. Der
Fernsehsender überträgt die Live-Konferenzen der ersten und zweiten Liga
auf einem frei empfangbaren Kanal.
Der Transmissionsriemen einer zwei Monate pausierenden Maschinerie wird
wieder angeworfen. Es werden Vorfreude und Neugier produziert. Blöd nur,
dass der Konsument in den vergangenen Wochen seine Meinung über die
Wiederaufnahme des Spielbetriebs in Zeiten von Sars-CoV-2 geändert hat und
nun mehrheitlich „Geisterspiele“ ablehnt. Das Knarzen im Räderwerk ist
deutlich zu hören, aber sei’s drum: Jetzt wird wieder Spaß gemacht! Wer nun
noch mosert oder mault, hat nicht verstanden, um was es geht. It’s the
football, stupid!
Mit einer leicht geschmacklosen Ungeduld hat die DFL das Okay der Berliner
Politik aufgenommen und den Anpfiff des 26. Spieltags der Bundesliga auf
den 16. Mai gelegt; zuerst war es sogar der 15. Mai. Ja, sie sind extrem
hibbelig in ihrer Zentrale in Frankfurt, sie wollen endlich die Überweisung
der letzten TV-Rate legitimieren. Und sicherlich kann es nicht schaden,
wenn mitten im Bieterwettstreit um die neuen Fernsehrechte der Ball rollt.
Für 1,2 Milliarden Euro ging der alte Vertrag weg, jetzt haben sie
natürlich Angst, dass ihnen Corona ein noch besseres Geschäft versaut. Eine
behördliche Urkunde über die krasse Systemrelevanz des Profifußballs kann
da nicht schaden. Es geht schließlich um eine Rückkehr in den
Normalbetrieb, also um weiteres exponentielles Wachstum, Virus hin oder
her. Der Fußball ist „to big to fail“. In seiner saturierten
Breitärschigkeit, seinem Anspruchsdenken und dem Wissen, ein bestimmendes
popkulturelles Phänomen zu sein, macht der Fußball alles platt, was nicht
bei drei auf dem Baum ist.
## Und die anderen?
Nur so ist zu erklären, warum die Sonderstellung der Bundesliga geduldet,
ja, unwidersprochen hingenommen wird. Beim großen Grillfest der DFL stehen
die Basketballer, Volleyballer, Handballer, Kanuten, Kletterer, Schwimmer
und Eishockeyspieler wie benebelt im Rauch und bewundern die fetten
Extrawürste der Kicker.
Wo bleibt der große Einspruch der anderen Ballsportligen? Wo sind die
Lobbyisten der olympischen Sportarten? Warum machen nur ein paar
[2][Einzelsportler] den Mund auf? Haben sich alle mit dieser
Vorzugsbehandlung einer moralisch wenig avantgardistischen Fußballelite
abgefunden? Wo ist das Selbstbewusstsein von Athletinnen und Athleten
geblieben, die nicht gegen einen Ball treten? Warum nutzen sie nicht die
Gunst der Stunde und fordern in der Krise ihre Rechte ein? Wäre jetzt nicht
Zeit dafür?
Im Gegenteil: Die Allmacht des Fußballs wird wie eine Naturgewalt
hingenommen. [3][Während der Fußball und bald schon wieder der Rubel
rollt], studieren die anderen treudoof das Insolvenzrecht und beknien
Sponsoren, damit die irgendwie und vielleicht doch bei der Stange bleiben.
Nicht falsch verstehen: Dass die Bundesliga wieder loslegt, ist okay. Dass
dieser frühe Beginn ein Privileg des Fußballs bleibt, keineswegs. Alle
Leistungssportler haben ein Recht darauf, ihren Beruf wieder auszuüben.
Wenn das nur Sportlern einer einzigen Branche ermöglicht wird, crasht die
Idee von Gerechtigkeit und Chancengleichheit in der
Aufmerksamkeitsökonomie.
Nach Corona wird alles anders? Selten so gelacht.
8 May 2020
## LINKS
[1] https://www.dfl.de/de/aktuelles/saison-fortsetzung-am-16-mai-rueckkehr-von-…
[2] https://www.mdr.de/sport/andere_sportarten/saechsische-spitzensportler-krit…
[3] /Vor-dem-Bundesliganeustart/!5680489
## AUTOREN
Markus Völker
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