| # taz.de -- Globale Ungleichheit nach Corona: Zukunftsdenken ist Luxus | |
| > In Deutschland träumen viele von einer besseren Welt nach der | |
| > Coronakrise. Für die Ärmsten im globalen Süden wird danach alles nur noch | |
| > schlimmer. | |
| Bild: Gedanken über eine Zukunft nach Corona? Nur möglich, wenn man nicht hun… | |
| KIGALI taz | Kurz bevor die Müllabfuhr anrückt, wühlen sich Kinder durch | |
| den Abfall. Sie suchen nach Lebensmittelresten. Ein barfüßiger Junge findet | |
| etwas und läuft davon, da wird er von den anderen gefasst und verprügelt. | |
| In vielen afrikanischen Gesellschaften wie hier in Ruanda zeigt sich | |
| derzeit: Die Zivilisation ist nur drei Mahlzeiten von der Anarchie | |
| entfernt. Und die städtische arme Bevölkerung, die von einem Tag auf den | |
| anderen lebt und durch die Ausgangssperre von heute auf morgen ihren | |
| Tageslohn verloren hat, kämpft nun nach acht Wochen [1][Coronakrise] ums | |
| nackte Überleben. | |
| In Deutschland machen sich derzeit viele Gedanken, wie sie die Coronakrise | |
| als Chance für eine bessere Welt betrachten können. Die Deutschen fordern | |
| Lockerungen, sie wollen ihren Sommerurlaub planen. Doch das ist reines | |
| Luxusdenken, ermöglicht durch Soforthilfen, Kurzarbeitergeld und | |
| Ersparnisse. Nur wer sich nicht fragen muss, wie er den Tag übersteht, kann | |
| sich über die Zukunft Gedanken machen. | |
| Europa sieht Licht am Ende des Coronatunnels. [2][Afrika steht derweil | |
| angeblich noch ganz am Anfang]. In düsteren Prognosen ist von zehn | |
| Millionen Toten und Leichenbergen auf den Straßen die Rede. Das hat Angst | |
| gemacht. Und es führte dazu, dass die meisten Afrikaner in Anbetracht ihrer | |
| maroden Gesundheitssysteme sämtliche radikalen Maßnahmen ihrer Regierungen | |
| akzeptiert haben. | |
| ## Krise der Eliten wird zu Krise der Armen | |
| Tatsächlich sind die Corona-Todeszahlen [3][in Afrika im Vergleich zu | |
| Europa oder den USA sehr niedrig]. In Ruanda, Uganda und Kenia starben mehr | |
| Menschen durch Polizeigewalt im Rahmen der Ausgangssperre als durch das | |
| Virus. Doch jetzt kommt die Phase, in welcher viele nicht an Covid-19, | |
| sondern [4][an Hunger und Mangelerscheinungen] zugrundegehen. | |
| Was als Krise der reichen Elite begann, die das Virus aus dem Ausland | |
| einschleppte, wird nun zur Krise der Armen – und damit der Mehrheit. | |
| Milliarden von Menschen auf der Welt haben keine finanziellen Reserven, um | |
| überhaupt Reis und Bohnen zu hamstern, geschweige denn Klopapier. Mütter | |
| müssen jede Erbse zählen, die sie ihren Kindern vorsetzen. | |
| Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie werden die Ärmsten noch weiter in | |
| die Armut stürzen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird noch weiter | |
| auseinanderklaffen, in allen Bereichen. Schulunterricht via Internet kommt | |
| nur für Kinder der betuchten Oberklasse in Frage, die teure Privatschulen | |
| besuchen. Kinder armer Eltern, in deren öffentlichen Schulen es nicht | |
| einmal Glühbirnen gibt, müssen sich durch den Müll wühlen – ihnen fehlt | |
| jetzt die einzige warme Mahlzeit des Tages, die ihnen sonst die Schule | |
| hinstellt. Das ist die Realität. | |
| 30 Apr 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
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