# taz.de -- Die „Operation Greenup“ in der NS-Zeit: Der Sommer des Widersta… | |
> Jüdische Antifaschisten halfen, die „Alpenfestung“ von den Nazis im Mai | |
> 1945 zu befreien. Vor allem katholische Frauen unterstützten sie dabei. | |
Bild: Dank Agenten erfolgreich: die weitgehend kampflose Übergabe Innsbrucks | |
Als Dyno Löwenstein im Mai 1943 das Bewerbungsformular des amerikanischen | |
Kriegsheimdienst Office of Strategic Services (OSS) ausfüllte, gab er, | |
gefragt nach seinen Sportarten und Hobbys, Folgendes an: „Ökonomische | |
Forschung, Arbeiterorganisation, soziale Gesetzgebung, Bildung, | |
Jugendprobleme.“ Er beschäftigte sich also überwiegend mit den ernsten | |
und eher wichtigen Dingen des Lebens. | |
Auch sonst schien sich der 29-jährige Mann aus Berlin für den OSS sehr zu | |
empfehlen. Seit einigen Monaten verhörte Löwenstein im Auftrag der US Army | |
bereits deutsche Kriegsgefangene. Und seine Vorgesetzten attestierten ihm | |
dabei ein scharfsinniges und analytisches Denken, große Loyalität und | |
unermüdlichen Aktivismus. | |
Löwensteins Profil erinnert ein wenig an die linken Berufsrevolutionäre in | |
Europa während und nach dem Ersten Weltkrieg. In den Augen des | |
amerikanischen OSS qualifizierte es ihn für das Schwierigste: Spionage, | |
[1][Sabotage und Widerstand] im Inneren des Deutschen Reichs zu | |
organisieren. Und tatsächlich sollte Löwenstein im Frühjahr 1945 mit der | |
„Operation Greenup“ für einen der erfolgreichsten Einsätze des OSS gegen | |
Nazideutschland sorgen. Schauplatz war die mythenumwobene „Alpenfestung“ | |
der Nazis in Tirol. | |
Dyno Löwenstein war kein Berufsrevolutionär. Aber der Sohn eines | |
Berufsrevolutionärs. Sein Vater, Kurt Löwenstein, trachtete bis zu seinem | |
Tod 1939 in Paris danach, das bürgerliche Bildungssystem radikal zu | |
verändern. Er wirkte als Stadtrat von Neukölln in Berlin, als Mitbegründer | |
der „Kinderfreunde“ und als Reichsratsabgeordneter der SPD in Deutschland. | |
## Organisator von „Kinderrepubliken“ | |
Dynos Vater war als Funktionär der Sozialistischen | |
Bildungs-Internationale und Organisator von „Kinderrepubliken“ in Europa | |
bekannt. Seine Hoffnung galt der Überwindung der Drillschulen, der | |
Schaffung antiautoritärer Freiräume für deklassierte Kinder. | |
Sohn Dyno Löwenstein maturierte 1933 selbst an der Karl-Marx-Schule in | |
Neukölln. Sein Vater hatte sie in eine Gesamtschule umgewandelt. Zu diesem | |
Zeitpunkt befand sich Vater Kurt schon im Exil. Der rechten Presse als Jude | |
und Sozialist verhasst, trachtete ihm die SA mit der „Machtübernahme“ im | |
Februar 1933 nach dem Leben. | |
Der junge Dyno Löwenstein sammelte an der Seite seiner Eltern – auch seine | |
Mutter Mara war politisch aktiv – Erfahrungen, die das OSS in keinem Kurs | |
vermitteln konnte. Auch Mara und Dyno mussten Berlin verlassen und folgten | |
ins Exil nach Frankreich. Nach dem Einmarsch der Deutschen flüchtete er mit | |
seiner Mutter von Paris weiter nach Südfrankreich. | |
## Tarnen, Fälschen, Täuschen und Schleusen | |
Dort wurde er zum Fluchthelfer für das amerikanische [2][Emergency Rescue | |
Committee] (ERC). Bald war er mit den Techniken des Untergrunds vertraut: | |
Tarnen, Fälschen, Täuschen und Schleusen. Entlassene Polizisten, | |
Schmuggler, Geldwäscher und Gangster waren Geburtshelfer dieses | |
Rettungswiderstands – und später auch der Résistance. | |
Im Mai 1941 erreichten Dyno und Mara Löwenstein schließlich auf der | |
„Captain Paul Lemerle“, dem letzten Rettungsschiff des ERC, den Hafen von | |
New York. Im Spätsommer 1944 schickte das OSS Löwenstein zurück nach | |
Europa. Zunächst an die OSS-Basis im italienischen Bari. Von dort sollte er | |
eine Einheit für Spionage im Deutschen Reich anleiten. | |
Vor der Invasion der alliierten Armeen in der Normandie im Juni 1944 hatten | |
sich die westlichen Geheimdienste auf den Aufbau von militantem | |
Widerstandsgruppen in Frankreich, Italien und am Balkan konzentriert. Sie | |
unterstützten diese durch Agenten mit Waffen und Sprengstoff, um die | |
Infrastruktur der Wehrmacht zu sabotieren. | |
An diesen Operationen in West- und Südeuropa waren neben Briten und | |
Amerikanern, auch viele Flüchtlinge aus den von den Nazis besetzten Staaten | |
Europas beteiligt. Die AntifaschistInnen aus dem Exil konnten dabei oftmals | |
auf lokale AktivistInnen bauen. Der Sommer des europäischen Widerstands war | |
ein transnationaler. | |
Dyno Löwenstein musste im folgenden Herbst und Winter jedoch kleinteilig | |
arbeiten. Es lag an ihm, aus zwei Dutzend junger, gut trainierter Agenten | |
Aktionsgruppen zu bilden und deren Ziele im Deutschen Reich zu definieren. | |
In den österreichischen Alpen- und Donauregionen verfügte das OSS ebenso | |
wie in Bayern kaum über Verbindungen zu NS-GegnerInnen. Doch ohne lokales | |
Wissen schienen die Agenten blind und schutzlos. | |
Zwei von Löwensteins Schützlingen in Bari, Fred Mayer und Hans Wijnberg, | |
unterbreiteten ihm daraufhin einen konkreten Vorschlag: Wo das KZ Dachau | |
war, wusste man. Sie wollten dort per Fallschirm mit einer Ladung Waffen | |
abspringen und einen Aufstand der Häftlinge gegen die SS anzetteln. Mayer | |
und Wijnberg waren zu jener Zeit mit ihrer Geduld am Ende. Seit 1942 waren | |
sie bei der Armee, und dann beim OSS. Sie warteten zuerst in Algerien, dann | |
in Italien auf einen Einsatz hinter der Front. | |
Fred Mayer stammt aus einer der ältesten jüdischen Familien in Freiburg im | |
Breisgau. Sein Vater betrieb dort eine Eisenwarenhandlung im Stadtzentrum. | |
Er war im Synagogenrat und leitete den lokalen Reichsbund jüdischer | |
Frontkämpfer. Die Nationalsozialisten zwangen die Familie 1938 zur | |
Flucht nach New York. Dort, im Stadtteil Brooklyn eröffnete sich für Sohn | |
Fred ein neues Leben. Er erhielt einen Job bei General Motors. Auf den | |
Straßen New Yorks wurde er gewieft im Improvisieren und Erkennen von | |
Gelegenheiten. | |
„Hass auf die Nazis und Liebe zu Amerika“, so beschrieb er seine Motive für | |
den freiwilligen Eintritt in die US Army. Mayer hatte Charisma. Und er | |
strotzte vor Selbstbewusstsein, Entschlossenheit und Tatkraft. | |
## Antifaschistische Bewegung | |
Bei Hans Wijnberg war es ähnlich. Und anders. Seine Familie hatte in einem | |
Vorort von Amsterdam das mittelständische Leben säkularisierter Juden | |
geführt. Sie betrieb eine kleine Fabrik für Fahrradflickzeug. Sein Vater | |
Leo war einer der Mitbegründer der liberalen antifaschistischen Bewegung | |
„Eenheid door Democratie“. | |
Anfang 1939, nach den Pogromen in Deutschland, entschieden die Eltern den | |
17-jährigen Hans zusammen mit seinem Zwillingsbruder Loek nach New York zu | |
schicken. Sobald es finanziell möglich sein sollte, wollten sie mit dem | |
jüngsten Sohn nachfolgen. Im Januar 1942 brach die Korrespondenz ab. | |
Hans und Loek traten in die US Army ein. Hans fiel den Scouts des OSS | |
schnell auf. Mathematisches Talent, Intelligenz und Besonnenheit machten | |
ihn zu einem idealen Funker. | |
Fred Mayer und Hans Wijnberg kannten den Antisemitismus der Nazis, sie | |
glaubten – anders als so manch Amerikaner – die Berichte über die | |
Konzentrationslager. Hans konnte aber noch nicht wissen, dass die Nazis die | |
Eltern und den jüngeren Bruder in Auschwitz bereits ermordet hatten. Er | |
drängte darauf, den Plan – Aufstand und Befreiung der Insassen im KZ Dachau | |
– umsetzen zu dürfen. | |
Doch Dyno Löwenstein lehnte den Vorschlag als sinnloses, selbstmörderisches | |
Kommando ab. Er suchte nach einer anderen Aufgabe für sie. Ziel der US Army | |
war es, den Krieg gegen die Nazis mit möglichst geringen Verlusten, | |
möglichst schnell und auf allen Linien siegreich zu beenden. | |
Dafür wichtige Informationen über neuralgische Punkte der Infrastruktur | |
im Deutschen Reich zu liefern, das schien ein vielversprechender Beitrag, | |
den Agenten des OSS leisten konnten. Der Schlüssel hierfür waren Deserteure | |
der Wehrmacht. | |
## Ziel: die Eisenbahnlinie über den Brennerpass | |
Im Dezember 1944 fand Löwenstein im POW Camp 209 in Afragola, wonach er | |
suchte. Ein Verhöroffizier empfahl ihm Leutnant Franz Weber, einen | |
24-jährigen österreichischen Katholiken, der im September bei La Spezia zu | |
den Amerikanern übergelaufen war. Weber stammte aus Oberperfuss bei | |
Innsbruck. Letzteres ließ Löwenstein und den OSS aufhorchen. Denn ganz weit | |
oben auf der Liste der strategischen Ziele der alliierten Luftwaffe stand | |
die Eisenbahnlinie durch Tirol über den Brennerpass nach Italien, mit | |
Innsbruck als Knotenpunkt. | |
Die Brennerlinie war die Lebensader der Wehrmachtstruppen in Norditalien. | |
Die Deutschen hatten einen Verteidigungsriegel über die Gebirgszüge des | |
nördlichen Apennin gezogen. Im Winter 1944/45 bereiteten sich die | |
alliierten Armeen dort auf die Frühjahrsoffensive in Norditalien vor. | |
Die alliierte Luftwaffe bombardierte Schienen und Bahnhöfe an der | |
Brennerstrecke, doch die Schäden konnten von den Deutschen rasch behoben | |
werden. Und die Transporte für den Nachschub selbst wurden von den Bombern | |
nur selten getroffen. Darauf aber würde es ankommen. | |
Die alliierten Kommandostäbe beschäftigte zudem das Szenario einer | |
„Alpenfestung“. Also Orte, an denen die NS-Führung Waffen produzieren und | |
sich zudem verschanzen könnte. Deren Bezwingung würde verlustreich sein. | |
Löwenstein hatte hier das Einsatzziel für Mayer und Wijnberg gefunden. | |
## Landung mit Fallschirm in Tirol | |
Franz Weber, der das Ghetto in Warschau gesehen und die Aufstandsbekämpfung | |
der Wehrmacht in Kroatien mitgemacht hatte, wollte den Alliierten helfen | |
ein „KZ Europa“ zu verhindern. Durch Löwenstein bot sich ihm dafür die | |
Chance. Er solle, so Löwenstein, zusammen mit Mayer und Wijnberg per | |
Fallschirm in Tirol landen und einen Unterschlupf in Oberperfuss | |
organisieren. | |
Wijnberg würde dort seine Funkstation installieren, Mayer im nahen | |
Innsbruck die erhofften Daten über Wehrmachtstransporte, Waffenproduktion | |
und Abwehrstellungen in der „Alpenfestung“ sammeln. | |
Löwenstein beobachtete, dass sich Mayer und Weber ausgezeichnet verstanden. | |
Sie kamen aus ähnlichen bäuerlich-gewerblichen Milieus, sprachen einen | |
ähnlichen Dialekt. Weber war bereit, das Risiko der beiden jüdischen | |
Agenten zu teilen. Sollte er als Deserteur erwischt werden, war ihm die | |
Todesstrafe sicher. Auch seine Familie, Verwandte und Bekannte brachte er | |
mit in Gefahr. Das war ihm klar, und der OSS vertraute ihm. | |
## Riskante Landung verläuft nach Plan | |
Bei der konkreten Vorbereitung ließ Löwenstein den drei Agenten viel | |
Spielraum. Er setzte auf deren einvernehmliche Urteilskraft. Die riskante | |
Landung am Sulztaler Gletscher und die Unterbringung in Oberperfuss | |
verliefen weitgehend nach Plan. Die Angaben Webers erwiesen sich als | |
zutreffend. | |
Von Beginn an bildeten Frauen das Rückgrat der nun angelaufenen „Operation | |
Greenup“. Webers Schwestern Eva, Margarete und Luise, seine Nachbarin Maria | |
Hörtnagl, seine Verlobte Anni Niederkircher und deren Mutter Anna. Die | |
verwitwete Chefin des traditionsreichen Hotels Krone in Oberperfuss und die | |
anderen tiefkatholischen Hitlergegnerinnen sorgten für Verstecke und die | |
ersten Kontakte. Sie übernahmen auch die Kurierdienste zwischen Innsbruck | |
und Wijnbergs Funkstation im Dachboden eines Bauernhofs. | |
Sie legten Mayer die Grundsteine für ein Netzwerk, das Mitte April bis in | |
den Machtapparat des NS-Regimes hineinreichte. Eisenbahner, Lademeister, | |
Frächter, Schutz- und Kriminalpolizisten, Wehrmachtsoffiziere und | |
Unternehmer, etliche von ihnen lange Stützen des Systems, lieferten Daten. | |
## Die „Alpenfestung“ existierte gar nicht | |
Bald funkte Wijnberg Standorte und Fahrpläne von Wehrmachtszügen nach Bari. | |
Die Agenten schlugen vor, den Zeitplan der Bombardierungen zu ändern, um | |
die Züge in den Bahnhöfen besser zu treffen. Und sie lieferten den | |
Nachweis, dass die Produktion von Düsenjets in den unterirdischen | |
Messerschmitt-Werken stillstand, die „Alpenfestung“ gar nicht existierte. | |
Neben der Spionage begann Fred Mayer, der in Innsbruck und Umgebung | |
zunächst als Wehrmachtsoffizier, dann als französischer Fremdarbeiter | |
auftrat, Widerstand zu organisieren. Seinen Vorschlag, 500 Zwangsarbeiter | |
eines Messerschmitt-Werks zu bewaffnen, lehnte das OSS jedoch ab. | |
Mayer traf sich auch mit einigen Offizieren der Gebirgsjäger. Angesichts | |
des raschen Vormarschs der alliierten Armeen durch Deutschland wandten sie | |
sich vom Regime ab. Statt den Durchhalteparolen von Gauleiter Franz Hofer | |
zu folgen, begannen sie, sich mit Regimegegnern und dem US-Offizier Mayer | |
abzusprechen. | |
## Helfer brechen unter Folter zusammen | |
Doch am 18. April 1945 schlug die Gestapo zu. Schon vor der Ankunft Mayers | |
hatte sie einen V-Mann unter Regimegegnern platziert. Einige von Mayers | |
Helfern brachen unter Folter zusammen. Den Elektrohändler Robert Moser, der | |
Mayer pro forma als Fremdarbeiter beschäftigt hatte, peitschten die | |
Polizisten zu Tode. Am zweiten Tag der Razzia wurde auch Mayer | |
festgenommen. 24 Stunden lang überstand er die Folter, ohne das Versteck | |
Wijnbergs und Webers preiszugeben. | |
Fred Mayer wurden wohl deshalb nicht exekutiert, weil Gauleiter Franz Hofer | |
in ihm eine letzte Chance erblickte. Dass Mayer ein bedeutender Offizier | |
war, darauf hatte ihn ein anderer Schützling Löwensteins gebracht, der | |
Hamburger Matrose und Wehrmachtsdeserteur Hermann Matull. | |
Auch ihn hatte Dyno Löwenstein in einem Kriegsgefangenenlager rekrutiert. | |
Er war ein völlig anderer Typ als der Katholik Franz Weber. Matull hatte in | |
Udine Partisanen mit Waffen der Wehrmacht versorgt. Löwenstein rekrutierte | |
ihn, weil er die Tricks der Unterwelt beherrschte, ein Typ, der nicht als | |
besonders politisch galt, aber Antifaschisten bei Schwierigkeiten mit der | |
Polizei half. Für ein Spionageteam schien er ungeeignet. | |
## Der „einsame Wolf“ | |
Doch als „einsamer Wolf“ konnte er den Antifaschisten nützlich sein. Matull | |
landete also ebenfalls in Tirol, wurde jedoch bald geschnappt. Als ihm ein | |
Gestapobeamter ein Foto von Fred Mayer vorlegte, gratulierte er diesem zu | |
dem außergewöhnlichen Fang. | |
Hofer ließ Mayer auf sein Anwesen außerhalb von Innsbruck bringen. Er | |
wusste von den Verhandlungen des SS-Obergruppenführers Karl Wolff mit den | |
Amerikanern in der Schweiz über eine vorzeitige Kapitulation der | |
Heeresgruppe C in Italien. Hofer dachte ebenfalls an Verhandlungen, hatte | |
bislang aber keine eigenen Kanäle dafür. Ende April ließen er und die | |
Befehlshaber der Wehrmacht in Tirol an der alten deutsch-österreichischen | |
Grenze Brücken und Straßen sprengen sowie Abwehrstellungen besetzen, zum | |
Teil mit fanatisierten Hitlerjungen. | |
So stieß die 103. US-Infanteriedivision am 1. Mai bei Scharnitz nach Tagen | |
erstmals wieder auf heftigen Widerstand. Für die 30 Kilometer lange Strecke | |
nach Innsbruck benötigte die Division unter dem Feuer von Heckenschützen | |
und Artillerie zwei Tage mit zahlreichen Verlusten. Die „Alpenfestung“ | |
existierte nicht, aber ihre Tiroler Schimäre war hinterhältig. | |
## Die „Tiroler Widerstandbewegung“ | |
Am Vormittag des 3. Mai besetzten einige Dutzend Wehrmachtsdeserteure und | |
Regimegegner in Innsbruck Kasernen und andere neuralgische Positionen. | |
Gauleitung, Gestapo und SS hatten sich verzogen. Doch vor der Stadt schoss | |
die NS-Artillerie weiter auf die US-Truppen. Und die „Tiroler | |
Widerstandsbewegung“ war denn doch etwas zu schwach, um diese Stellungen | |
auszuschalten. | |
Als die US-Truppen unmittelbar vor Innsbruck standen, bot Hofer Fred Mayer | |
an, für die Einstellung der Abwehrkämpfe zu sorgen und Innsbruck zur freien | |
Stadt zu erklären. Im Gegenzug wollte er als Kriegsgefangener behandelt | |
werden. Fred Mayer stimmte zu und fuhr mit einer weißen Fahne über die | |
Verteidigungslinien zu den US-Truppen. | |
Das Auftauchen des OSS-Agenten war so überraschend wie willkommen. Es | |
führte letztlich dazu, dass die GIs ohne weitere Verluste Innsbruck | |
einnehmen konnten. Am Stadtrand jubelten ihnen ZwangsarbeiterInnen und | |
Kriegsgefangene zu, in der Innenstadt auch einige Dutzend Einheimische. | |
Die GIs wussten nicht wie ihnen geschah. Gerade noch hatten sie gekämpft, | |
nun sah es so aus, als würden sie seit Langem sehnsuchtsvoll erwartet. Auf | |
einem der ersten amerikanischen Panzer saß der Armeefotograf Irving | |
Leibowitz. Seine Nahaufnahmen rückten die Tiroler in ein günstiges Licht. | |
Nach den düsteren Erfahrungen in Deutschland sah Leibowitz eine | |
Gelegenheit, in Österreich die US-Truppen als Befreier der Bevölkerung | |
darzustellen. | |
## „Selbstbefreiung Tirols“ ist Mär | |
Doch viele männliche Tiroler verstanden es, die Story schnell zu drehen. | |
Kaum hatten die US-Truppen Tirol verlassen, verbreiteten sie, voran der | |
Anführer der „Tiroler Widerstandsbewegung“ und erste Außenminister | |
Österreichs, Karl Gruber, die Mär von der „Selbstbefreiung“ Tirols. Währ… | |
die US-Truppen noch gezögert hätten, in den Alpen vorzurücken, hätten sie | |
gehandelt. | |
Journalisten und Historiker zitierten ihn ehrfurchtsvoll. Und so entstand | |
eine Legende, die sich in der „Alpenfestung“ bis heute hartnäckig hält. D… | |
Opfer und Leistungen von Fred Mayer, Hans Wijnberg, Franz Weber und der | |
Frauen von Oberperfuss hingegen fielen weitgehend unter den Tisch. | |
Gegen diese Überschreibung arbeitete Dyno Löwenstein bereits früh an. Die | |
Fotos, die er im Mai 1945 von seinen Agenten und ihren HelferInnen in | |
Oberperfuss knipste, bilden die Grundlage, um die andere Geschichte der | |
Befreiung in der „Alpenfestung“ zu erzählen. | |
26 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Kontroverse-um-Ludwig-Erhard/!5635132 | |
[2] /Schlepper-im-Zweiten-Weltkrieg/!5315157 | |
## AUTOREN | |
Peter Pirker | |
## TAGS | |
Österreich | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
Widerstand | |
Tirol | |
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg | |
Wien | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
Schwerpunkt Tag der Befreiung | |
Kriegsende | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
Fotografie | |
Schwerpunkt Berlinale | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Das Buch Alice: Der geraubte Bestseller | |
„So kocht man in Wien!“ – Karina Urbach hat die Geschichte des arisierten | |
Kochbuchs ihrer Großmutter erforscht. Lenkt der Reinhardt-Verlag nun | |
endlich ein? | |
Mein Kriegsende 1945: „Wir aßen Blätter und Gras“ | |
Zeitzeugen erinnern sich (Teil 16): Leon Schwarzbaum, KZ-Häftling, war auf | |
einem Todesmarsch, bis die SS-Männer auf Fahrrädern verschwanden. | |
Mein Kriegsende 1945: „Im Versteck hieß ich Jan de Jong“ | |
Zeitzeugen erinnern sich (Teil 14): Jan Slomp musste mit seiner Familie | |
untertauchen. Bei Kriegsende empfand er eine Freude mit dunklem Rand. | |
Mein Kriegsende 1945: „Wir haben die Feinde besiegt“ | |
Zeitzeugen erinnern sich (Teil 12): Valerija Skrinjar-Tvrz arbeitete als | |
16-Jährige für die Partisanen in Slowenien als Dechiffriererin. | |
Mein Kriegsende 1945: „Nun stieg ich in meine Badehose“ | |
Zeitzeugen erinnern sich (Teil 10): Guy Stern kam als US-Ermittler zurück | |
in sein Geburtsland Deutschland. Nach Kriegsende ging er erstmal schwimmen. | |
Shoa-Überlebende Eva Fahidi ist tot: „Auf einmal allein unterm Vollmond“ | |
Zum 75. Tag der Befreiung hatte sie in der taz erzählt, wie sie einen | |
Todesmarsch überlebte. Nun ist Eva Fahidi mit 97 Jahren in Ungarn | |
gestorben. | |
Gespräch über Kriegsende vor 75 Jahren: „Die erste Teilung passierte 1945“ | |
Der 8. Mai 1945 und das Erinnern: Ein Gespräch mit der ostdeutschen | |
Historikerin Silke Satjukow und dem westdeutschen Historiker Ulrich | |
Herbert. | |
Theaterstück in Linz: Eine Oper als Geschichtslabor | |
Der Künstler Peter Androsch inszeniert mit Jugendlichen eine Geschichte aus | |
Oberösterreich: „Die Schule“ im Musiktheater Linz. | |
Neuerscheinung zur Holocaust-Forschung: Idylle neben dem Massenmord | |
Mit dem Nachlass des stellvertretenden Kommandanten Johann Niemann fanden | |
sich erstmals Fotos aus dem NS-Vernichtungslager Sobibor. | |
Berlinale-Film „Waldheims Walzer“: Amnesia Austria | |
Ruth Beckermanns Doku „Waldheims Walzer“ zeigt, wie die gesellschaftliche | |
Mitte in Österreich die Abgrenzung zum Nationalsozialismus aufgab. |