# taz.de -- Nach Scheitern der Verhandlungen: Die GroKo blockiert Ökostrom | |
> Union und SPD können sich nicht auf neue Regeln zum Windradbau einigen. | |
> Stillstand droht. Neben Klimaschutz geht es auch um Arbeitsplätze. | |
Bild: Windenergieanlagen im Morgennebel, Sieversdorf, Brandenburg | |
BERLIN taz | Dass die Regierungsparteien erneut daran [1][gescheitert | |
sind], eine Einigung zum künftigen Ausbau der Windkraft an Land zu finden, | |
hat in der Erneuerbaren-Branche und bei der Opposition für Empörung | |
gesorgt. „Ich glaub's echt nicht. Es geht um zigtausende Arbeitsplätze, | |
Innovation, Klimaschutz – und um Vertrauen in Politik“, erklärte Simone | |
Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energien. „Was soll die | |
Hinhaltetaktik bei der wichtigsten Klimaschutzbranche?“ | |
Für den BUND erklärte der Vorsitzende Olaf Bandt: „Trotz der Dringlichkeit | |
des Ausbaus der Erneuerbaren haben Klimaschutz und naturverträgliche | |
Energiewende bei der Regierung offenbar einen geringen Stellenwert.“ Der | |
Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin sprach von einem „klimapolitischen | |
Trauerspiel“. | |
Am Donnerstag sollte bei einem Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt eigentlich | |
eine Lösung für den seit Monaten andauernden Streit gefunden werden, wie | |
der zusammengebrochene Windkraft-Ausbau in Deutschland wieder beschleunigt | |
werden kann. Doch nachdem sich die Bundestagsfraktionen von Union und SPD | |
am Vortag nicht hatten einigen können, wurde das Thema, das eigentlich im | |
Mittelpunkt des Treffens stehen sollte, kurzerhand komplett von der | |
Tagesordnung gestrichen. Stattdessen soll der Streit nun in einer neuen | |
Arbeitsgruppe von Bund und Ländern gelöst werden. | |
Um die deutschen Klimaziele zu erreichen, muss der Ausbau von Windrädern | |
und Solaranlagen stark beschleunigt werden. In der Realität passiert | |
derzeit aber das Gegenteil: Bei der Windkraft werden derzeit weitaus | |
weniger Anlagen gebaut als vorgesehen, weil die Kommunen nicht genug | |
Flächen ausweisen und viele Projekte durch Klagen verzögert oder sogar | |
verhindert werden. | |
## Die Zeit drängt | |
Trotdem besteht die Union darauf, einen neuen, bundesweit gültigen | |
Mindestabstand von 1.000 Metern von Windrädern zu Wohnhäusern einzuführen – | |
mit dem Argument, dass damit die Akzeptanz von Windparks steigen würde. Die | |
SPD lehnt dies ab, weil Berechnungen ergeben haben, dass die zur Verfügung | |
stehenden Flächen für Windräder bei einem solchen Mindestabstand | |
keinesfalls ausreichen würden. Auch ein Kompromissvorschlag des | |
Wirtschaftsministeriums, wonach die Bundesländer sich aktiv für einen | |
solchen Mindestabstand entscheiden müssten, wenn sie ihn wünschen, stieß in | |
der Unionsfraktion auf Ablehnung. | |
Neben der Windkraft bedroht die fehlende Einigung auch den weiteren Ausbau | |
der Solarenergie. Denn nach derzeitigem Recht dürfen neue Solaranlagen nur | |
gefördert werden, bis insgesamt 52 Gigawatt Leistung erreicht sind. Auf die | |
Abschaffung dieses sogenannten [2][Solardeckels] hatte sich die Große | |
Koalition im Herbst in ihrem Klimaschutzprogramm grundsätzlich geeinigt. | |
Umsetzen will die Union diesen Beschluss aber nur zusammen mit der | |
Neuregelung bei der Windenergie. | |
Dabei drängt die Zeit: Zum Ende letzten Jahres waren bereits Solaranlagen | |
mit einer Leistung von knapp 50 Gigawatt installiert; der Deckel wird damit | |
in wenigen Monaten erreicht. Wegen der unklaren rechtlichen Lage gibt es | |
nach Auskunft der Branche schon jetzt Probleme bei der Finanzierung neuer | |
Solaranlagen. „Es ist fatal, dass die Solarenergie aus rein | |
politstrategischen Erwägungen einiger Vertreter aus dem sogenannten | |
Wirtschaftsflügel von CDU/CSU in Geiselhaft genommen wird“, kommentiert | |
Sebastian Sladek vom Ökostrom Anbieter Elektrizitätswerke Schönau. | |
## Ausnahmen für Bürgerprojekte gefordert | |
Bei der Windkraft gilt neben den fehlenden Flächen als Problem, dass kaum | |
noch kleinere Bürgerprojekte verwirklicht werden, weil diese das Risiko | |
scheuen, Kosten vorzustrecken, wenn nicht klar ist, ob ihr Windpark bei den | |
Ausschreibungen am Ende auch zum Zuge kommt. | |
Das könnte die Bundesregierung leicht ändern, indem sie eine von der EU | |
vorgesehene Sonderregelung für kleinere Windparks mit bis zu sechs | |
Windrädern nutzt, meint der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold. „Das ist | |
eine kluge Ausnahme, die den Ausbau der Windkraft in jeweils kleinen | |
Dimensionen voranbringen würde“, sagt Giegold. „Deutschland geht hier ohne | |
jede Not restriktiver vor, als es das EU-Recht verlangt.“ | |
13 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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