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# taz.de -- Physiker über linksdrehende Windräder: „Das kommt durch die Cor…
> Eine Studie zeigt, dass die Drehrichtung von Windrädern Einfluss auf die
> Energieausbeute haben kann. Ursache ist die Erdrotation.
Bild: Wie herum dreht sich eigentlich dieses bayerische Windrad?
Windräder auf der Nordhalbkugel drehen sich systematisch in die falsche
Richtung. Denn würden sie sich links- statt rechtsherum drehen, könnten sie
rechnerisch bis zu 23 Prozent mehr Strom erzeugen. Das hat eine
Arbeitsgruppe unter der Leitung des Instituts für Physik der Atmosphäre am
Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) kalkuliert. Aber: Haben
diese theoretischen Berechnungen, bei denen sich die Erdrotation bemerkbar
macht, in der Praxis überhaupt eine Relevanz?
taz: Herr Stoevesandt, Sie kennen die neue Studie des DLR, waren aber
selbst nicht daran beteiligt. Waren Sie von dem deutlichen Ergebnis
überrascht?
Bernhard Stoevesandt: Physikalisch ist die Sache klar: Luftströmungen
werden auf der Nordhalbkugel durch die Erdrotation nach rechts abgelenkt.
Das kommt durch die Corioliskraft. Bei einer einzelnen Windkraftanlage
spielt die Drehrichtung des Rotors keine Rolle. Hält man jedoch ganze
[1][Windparks,] in denen eine Anlage die Anströmung der nachfolgenden
Anlage beeinflusst, dann kann man rechnerisch nachweisen, dass die Erträge
auf der Nordhalbkugel höher ausfallen, wenn die Anlagen sich allesamt
linksherum drehen. Man könnte sagen: Bei linksdrehenden Anlagen regeneriert
sich die Strömung hinter dem Rotor schneller. Prinzipiell sind die heutigen
Anlagen, die sich allesamt rechtsherum drehen, also für die Südhalbkugel
optimiert. Denn dort wirkt die [2][Corioliskraft] in die andere Richtung.
Würde es sich da nicht lohnen, auf der Nordhalbkugel zumindest die
Neuanlagen künftig mit spiegelverkehrten Rotorblättern auszustatten?
Man muss wissen: Die Berechnungen, die hier angestellt wurden, sind rein
theoretisch. In der Praxis sind die Auswirkungen minimal. An Land sind die
Anlagen ohnehin oft so dicht beieinander, dass die Strömung zwischen den
Anlagen nur wenig durch die Corioliskraft beeinflusst wird. Zudem mindern
auch Turbulenzen den Effekt erheblich. Diese wurden in den theoretischen
Berechnungen wenig berücksichtigt – nur so kommt man auf derart hohe
Prozentzahlen.
An Land würden Sie eine Umstellung also definitiv ausschließen?
Vor allen Dingen sehe ich hier auch Probleme mit der Akzeptanz. Wenn sich
alte Anlagen in die eine Richtung drehen und neue in die andere, wird das
optisch sehr unruhig, wenn sie nahe beieinander stehen.
Aber könnte man wenigstens Offshore-Anlagen künftig so bauen, dass sie sich
im Gegenuhrzeigersinn drehen?
Auf See, wo die Abstände der Anlagen größer und die Turbulenzen geringer
sind, macht sich der Effekt stärker bemerkbar als an Land. Die Industrie
wird das Thema daher nach der jüngsten Studie wohl nochmal diskutieren und
durchrechnen, davon gehe ich aus. Zwar dürften sich die Mehrerträge in der
Praxis auch Offshore nur im Promillebereich bewegen, aber in absoluter
Menge kommt da auch was zusammen.
Wie aufwendig wäre die Umstellung für die Anlagenhersteller?
Der größte Aufwand wäre die Neugestaltung der Flügelprofile, die dafür
gespiegelt werden müssten. Dafür bräuchte man dann neue Formen. Zwar wäre
die restliche Technik kaum von einer Umstellung der Drehrichtung betroffen.
Aber weil der Preisdruck in der Windkraft groß ist, werden die Hersteller
sich das genau überlegen, ob sich das lohnt.
Die Corioliskraft ist seit fast 200 Jahren bekannt, warum hat niemand in
der Anfangszeit der Windkraft daran gedacht?
Als die ersten Anlagen gebaut wurden, hat sich über Windparks noch niemand
Gedanken gemacht. Man hat Einzelanlagen errichtet, und bei denen ist die
Drehrichtung völlig egal. Damals waren zudem die Rotoren so viel kleiner,
dass der Effekt überhaupt nicht zum Tragen kommen konnte. Die
Rechtsdrehung, vielleicht auch vom Uhrzeiger her, schien den Pionieren
offenbar vertrauter.
3 Jul 2020
## LINKS
[1] /Altmaiers-Kontakte-zu-Windkraftgegnern/!5667478
[2] /Zyklone-und-ihre-Entstehung/!5182515
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Windkraft
Windräder
Physik
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
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