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# taz.de -- Nicaraguas Regierung nimmt Corona leicht: Staatsgeheimnis Coronavir…
> Nicaraguas autoritäre Regierung um Präsident Daniel Ortega will von einer
> Corona-Gefahr nichts wissen. Zu Ostern sollen die Menschen an die
> Strände.
Bild: Temperaturmessung am Eingang der Amerikanischen Universität in Managua
Wien taz | Eine Insel der Seligen scheint Nicaragua inmitten einer
Corona-verseuchten Welt zu sein. „Nicaragua hat keine Art von Quarantäne
verordnet und hat das auch nicht vor“. Das versprach Gesundheitsministerin
Carolina Dávila Murillo Ende Februar, als das Virus bereits in Nord- und
Südamerika um sich zu greifen begann.
Bis heute hat sich an dieser Position nur wenig verändert. Am vergangenen
Montag kam die Regierung aber nicht umhin, Personen, die aus Ländern „mit
aktiver Ansteckung“ einreisen, eine zweiwöchige häusliche Quarantäne ans
Herz zu legen.
Vergangene Woche wurde ein Militär, der zwei Tage in Panama verbracht
hatte, positiv getestet. Zur Pressekonferenz über den ersten Corona-Fall in
Nicaragua waren nur die staatlichen und regierungsfreundlichen Medien
eingeladen. Die Behörden behandeln die Corona-Pandemie wie ein
Staatsgeheimnis.
Inzwischen werden zwei Fälle zugegeben. In beiden handle es sich um
„importierte“ Ansteckungen. Das autoritär regierende Regime von Daniel
Ortega hat weder die Schulen geschlossen noch das Geschäftsleben
eingeschränkt, wie es die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt und
wie es die Nachbarländer Costa Rica und El Salvador bereits praktizieren.
## Menschen knubbeln sich bei Katastrophenübung
Vizepräsidentin und Präsidentengattin Rosario Murillo setzt vielmehr auf
„kommunale Aktion“. Sie ließ am Samstag eine landesweite Übung für den
„Katastrophenfall“ abhalten. Dabei kamen viele Menschen in engen
körperlichen Kontakt – genau das Gegenteil dessen, was laut WHO angezeigt
wäre.
Oppositionsmedien wie die Online-Zeitung [1][Confidencial ] mussten die
Spitäler durchrufen, um zumindest Hinweise auf weitere Infektionen zu
bekommen. Dabei wurde klar, dass mehrere Verdachtsfälle auf Corona getestet
worden waren.
Die oppositionelle Coalición Nacional de Nicaragua hat daher am Montag
einen Brief an die WHO gerichtet, in dem sie der Regierung von Daniel
Ortega „eine Politik der Geheimniskrämerei und Verleugnung“ gegenüber der
Bedrohung durch Covid-19 vorwirft.
Besonders besorgt zeigen sich die Oppositionellen in dem Brief angesichts
der „prekären Lage“ der mindestens 61 [2][politischen Gefangenen], unter
denen sich mehrere Personen über 60 und mit chronischen Krankheiten
befänden. Seit einem blutig niedergeschlagenen [3][landesweiten Aufstand]
gegen Ortega vor zwei Jahren werden Regimegegner mit Sondergesetzen
verfolgt. Demonstrationen werden kriminalisiert.
Nicaraguas Gesundheitssystem ist für eine exponentielle Ausbreitung der
akuten Lungenkrankheit nicht gerüstet. Pro 1.000 Einwohner steht weniger
als ein Krankenhausbett zur Verfügung. Das ganze Land verfügt laut
offiziellen Daten über nicht mehr als 160 Beatmungsgeräte. Daniel Ortega
setzt trotzdem weiter auf Beschwichtigung und ruft die Bevölkerung dazu
auf, wie jedes Jahr in den Osterferien die Strände zu stürmen.
Was die Regierung nicht verordnet, scheint sich aber nach und nach de facto
einzustellen, nämlich das drastische Herunterfahren des öffentlichen
Lebens. So hat der Gildan-Konzern, der an verschiedenen Standorten mehr als
11.000 Angestellte beschäftigt, die Belegschaft bis nach Ostern nach Hause
geschickt. Als Motiv wird neben der Ansteckungsgefahr angegeben, dass aus
den Zulieferbetrieben in Honduras keine Stoffe mehr kommen, da dort die
Fabriken bereits stillstehen.
Und der Flugverkehr hat sich auf 23,9 Prozent seines früheren Volumens
reduziert, weil immer mehr Airlines das Land nicht mehr anfliegen. In den
nächsten Tagen werden auch die US-amerikanischen Linien American und Spirit
ihre Flüge nach Nicaragua einstellen.
24 Mar 2020
## LINKS
[1] https://confidencial.com.ni/
[2] /Amnestiegesetz-in-Nicaragua/!5602713
[3] /Sandinisten-in-Nicaragua/!556875
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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