| # taz.de -- Amnestiegesetz in Nicaragua: Oppositionelle kommen aus der Haft | |
| > In Nicaragua sorgt ein Amnestiegesetz für die Freilassung politischer | |
| > Gefangener. Es verhindert aber die Verfolgung von | |
| > Menschenrechtsverletzungen. | |
| Bild: Jubel bei der Freilassung Oppositioneller in Nicaragua: Masaya am Dienstag | |
| Wien taz | 56 politische Gefangene durften am Dienstag in Nicaragua nach | |
| Hause, wo sie begeistert empfangen wurden. Unter ihnen einige der | |
| prominentesten Figuren des Aufstands vom vergangenen Jahr wie der | |
| Journalist Miguel Mora, der pensionierte Offizier [1][Carlos Brenes] und | |
| der Bauernführer Medardo Mairena. | |
| Auch die belgisch-nicaraguanische Medizinstudentin Amaya Coppens kam nach | |
| zehn Monaten frei. Die meisten saßen wegen angeblicher Terrorakte, | |
| Brandstiftung oder Putschversuche in Untersuchungshaft. Mairena war im | |
| Februar zu einer Strafe von 216 Jahren verurteilt worden, die das | |
| Strafgesetz gar nicht vorsieht. | |
| Die Freilassung aller politischen Gefangenen war das wichtigste | |
| Zugeständnis, das die Oppositionsallianz Präsident Daniel Ortega bei einem | |
| politischen Dialog im vergangenen März abgetrotzt hatte. Mehrere Hundert | |
| sind seither in Hausarrest entlassen worden, 86 verbleiben nach Angaben von | |
| Menschenrechtsorganisationen noch in Haft. Bis 18. Juni will Ortega alle | |
| freilassen. | |
| Die Nationalversammlung hatte am Samstag mit den Stimmen der regierenden | |
| FSLN ein Amnestiegesetz beschlossen, das nicht nur die Freilassung der | |
| Gefangenen erlaubt, sondern auch Polizisten, Paramilitärs und andere | |
| Agenten des Regimes, denen die meisten der zwischen 300 und 530 Todesopfer | |
| angelastet werden, von strafrechtlichen Konsequenzen befreit. | |
| ## Physische und psychische Folter | |
| UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet protestierte gegen dieses | |
| Gesetz und wies darauf hin, dass „Amnestie für schwere | |
| Menschenrechtsverletzungen völkerrechtlich verboten ist“. Die Regierung von | |
| Daniel Ortega müsse „Rechenschaft ablegen und Gerechtigkeit für die Opfer“ | |
| gewährleisten. | |
| Im April 2018 war die Polizei gegen [2][friedliche Demonstrationen gegen | |
| eine Sozialversicherungsreform] brutal eingeschritten und hatte einen | |
| Aufstand ausgelöst, der in wenigen Tagen das ganze Land erfasste. | |
| Straßenblockaden, Barrikaden und mehrere Generalstreiks brachten zwar das | |
| autoritäre Regime ins Wanken, doch der Rücktritt Ortegas und seiner Frau | |
| und Vizepräsidentin Rosario Murillo konnte durch äußerste Brutalität | |
| verhindert werden. Amnesty International veröffentlichte einen ersten | |
| Vorortbericht unter dem Titel „Shoot to kill“. Neue Gesetze | |
| kriminalisierten zivile Proteste, Tausende flohen ins Exil. | |
| Die Amnestie gilt nur, solange sich die Freigelassenen nicht neuerlich an | |
| Demonstrationen beteiligen. Major Carlos Brenes lässt dieses | |
| Damoklesschwert nach zehn Monaten Haft unbeeindruckt: „Ich habe keine Angst | |
| vor dem Tod oder neuerlicher Haft.“ Er will wieder auf die Straße gehen. | |
| Mehrere der Enthafteten berichteten über physische oder psychologische | |
| Folter, so die Journalistin Pineda Ubau vom Online-TV-Sender 100% Noticias: | |
| „Wenn sie dich 30-mal in einer Woche zu jeder Uhrzeit aus der Zelle holen, | |
| ist das psychologische Folter.“ Ihr Chef Miguel Mora sprach davon, dass die | |
| Gefängniswärter darauf aus waren „unseren Widerstandsgeist zu brechen. Das | |
| ist ihnen nicht gelungen.“ | |
| 12 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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