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# taz.de -- Gerüchte um Nicaraguas Staatschef: Wo ist Präsident Daniel Ortega?
> Seit Wochen ist Nicaraguas Staatschef Ortega nicht mehr in der
> Öffentlichkeit gesehen worden. Es mehren sich Gerüchte, dass er klinisch
> tot sei.
Bild: Kein Lebenszeichen mehr von Daniel Ortega, am Frauentag hat diese Anhäng…
Wien taz | „Daniel Ortega ist klinisch tot.“ Diese seit Sonntag in den
sozialen Medien zirkulierende Nachricht über das Ableben von [1][Nicaraguas
autoritärem Langzeit-Präsidenten] sorgt für Spekulationen über Machtkämpfe,
die hinter den Kulissen um die Nachfolge des seit 2007 regierenden
Sandinistenchefs toben sollen.
Ortega habe zwischen dem 8. März und dem 2. April drei Herzinfarkte
erlitten und werde seit dem letzten nur mehr durch technische Geräte am
Leben gehalten. Womöglich sei auch Corona im Spiel. Anders als bei früheren
Erkrankungen sei er nicht nach Kuba gebracht worden, sondern befinde sich
in seinem Haus in Managua, das auch als Büro dient und in den letzten
Jahren zur Festung ausgebaut wurde.
Derartigen Gerüchten ist zu misstrauen, schließlich wurde der chronisch
kranke Ortega schon mehrmals totgesagt. Doch diesmal verdichten sich die
Hinweise, dass das Ende des ehemaligen Revolutionskommandanten tatsächlich
bevorsteht.
Der 74-Jährige hat sich seit Beginn der Coronakrise weder in der
Öffentlichkeit noch im Fernsehen gezeigt. Nicht einmal bei der Beisetzung
eines langjährigen Kampfgefährten aus Guerilla-Tagen am vergangenen Freitag
ist er erschienen.
## Alarmierende Untätigkeit gegen Corona
Ortega ist der einzige Präsident Lateinamerikas, der sich seit Beginn der
Pandemie [2][nicht an seine Bevölkerung gewandt] hat. Auch Rosario Murillo,
die sonst in den Medien omnipräsente Präsidentengattin und Vizepräsidentin,
meldet sich seit Wochen nur noch telefonisch. Ende März erzwang sie noch
einen „Marsch gegen das Virus“, in dessen Gedränge Covid-19 reiche Beute
machen konnte.
Längst haben viele Institutionen, die angesichts der Untätigkeit der
Regierung alarmiert sind, eigene Maßnahmen getroffen. So unterrichtet die
Deutsche Schule in Managua, die übrigens mehrere Ortega-Enkel besuchen,
seit Wochen nur noch virtuell.
Auch die katholische Kirche wurde aktiv. Rolando Álvarez, der Bischof von
Matagalpa, wollte in seiner Diözese Zentren für Präventivmedizin nebst
Call-Centern einrichten, wurde aber umgehend vom Gesundheitsministerium
angewiesen, davon Abstand zu nehmen. Oppositionellen Abgeordneten, die sich
in selbstverordnete Quarantäne begaben, wurden die Gehälter gestrichen.
Bis Montag waren in Nicaragua von offizieller Seite nur 6 Coronafälle
bestätigt worden. Beim Fall Nummer zwei soll es sich um Camila Ortega, die
jüngste Tochter des Präsidentenpaares, handeln, die bei einem Mode-Event in
Italien angesteckt worden sei. Sie soll, so Quellen aus dem Umfeld der
Macht, ihren Vater infiziert und damit Lungenversagen ausgelöst haben.
## Vizepräsidentin Rosario Murillo hat viele Gegner
Laut Verfassung müsste das Parlament nach anhaltender Abwesenheit des
Präsidenten dessen Regierungsunfähigkeit feststellen. Dann könnte die
Vizepräsidentin nachfolgen, und ihre Position müsste neu besetzt werden.
Nach einer Anfrage der oppositionellen Tageszeitung [3][La Prensa] hat die
von der Regierungspartei FSLN dominierte Nationalversammlung aber nicht
vor, in dieser Sache aktiv zu werden.
Am Montag waren seit dem letzten Lebenszeichen Ortegas 25 Tage vergangen.
Sollte er tatsächlich klinisch tot oder dauerhaft amtsunfähig sein, würde
das wohl so lange geheim gehalten, bis die Nachfolge entschieden ist.
Denn die umstrittene Vizepräsidentin, deren Machtbasis auf den
Gemeindestrukturen, den Medien und der Sandinistischen Jugend beruht, hat
die Armee und die in die Jahre gekommenen, aber noch gut vernetzten
Veteranen aus dem Befreiungskrieg gegen sich. Dass sie ihrem Mann so
einfach nachfolgt, ist zumindest fraglich.
6 Apr 2020
## LINKS
[1] /Krise-in-Nicaragua/!5575140
[2] /Nicaraguas-Regierung-nimmt-Corona-leicht/!5670669
[3] https://www.laprensa.com.ni/politica
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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