# taz.de -- Wirtschaftskrise im Nahen Osten: Kein flüssiges Gold in Beirut | |
> Im Libanon suchen sie jetzt nach Öl. Das soll die Rettung in der | |
> Wirtschaftskrise sein, ist aber eine falsche Prophezeiung. | |
Bild: Libanons Traum vom schwarzen Gold: Ölbohrschiff vor der Küste nahe Beir… | |
Feierlich hat der libanesische Präsident Michel Aoun in der vergangenen | |
Woche die Inbetriebnahme eines Bohrschiffes im Mittelmeer zelebriert: „Der | |
Traum, den wir uns alle ausgemalt haben, wird heute verwirklicht.“ | |
Doch dieser Traum stammt aus dem 20. Jahrhundert und ist eine falsche | |
Prophezeiung. Mit Öl und Gas soll auch das Geld sprudeln, das dem Libanon | |
aus der Wirtschaftskrise helfen soll. Schon stellt man sich in dem | |
arabischen Land vor, man lebe wie die Saudis in Saus und Braus, mit | |
schicken Flitzern und Türmen aus Glas. Eine Vision, die die ehemalige | |
Ministerfamilie Hariri – mit engen Beziehungen zu Saudi-Arabien – mit ihrer | |
neokapitalistischen Politik im Libanon wahrmachen wollte. | |
[1][Diese Politik], bei der Banken fett abgesahnt und Bauentwickler*innen | |
massenweise leerstehende Türme mit an der alten Politik festhältMeerblick | |
gebaut haben, hat das Land an den Rand des Staatsbankrotts geführt. Die | |
Feier der Erkundungsbohrung auf dem Bohrschiff „Tungsten Explorer“ als | |
„historischen Tag“ zeigt, dass die libanesische Elite trotz viermonatiger | |
Proteste der Bevölkerung nichts gelernt hat und [2][an der alten Politik | |
festhält]. | |
[3][Die Menschen wünschen sich Jobs und ein Ende der Korruption] – Öl und | |
Gas können das nicht erfüllen. Der Sektor schafft kaum Arbeitsplätze und | |
die Erfahrung der arabischen Nachbarn zeigt, dass Erdöl Konflikte und | |
Korruption anheizt. | |
Saudi-Arabien, auf das die Wirtschaftselite im Libanon so neidisch blickt, | |
ringt darum, seine Wirtschaft zu diversifizieren. Das stünde auch dem | |
Libanon gut an, denn das Land ist abhängig von teuren Lebensmittel- und | |
Medizinimporten, seine Wirtschaft produziert kaum etwas selbst. | |
Öl und Gas werden Libanons Wirtschaft nicht retten können. Die | |
Wahrscheinlichkeit, dass bei der ersten Auskundschaftung überhaupt eine | |
Quelle gefunden wird, liegt bei nur 25 Prozent – und selbst dann bräuchte | |
es weitere neun Jahre, bis die Gewinnung beginnt. Sich der Illusion des | |
flüssigen Goldes als Segen hinzugeben, scheint aber einfacher, als sich der | |
Realität zu widmen. | |
5 Mar 2020 | |
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## AUTOREN | |
Julia Neumann | |
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