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# taz.de -- Linke debattiert Strategie: Soleimani mischt die Partei auf
> In Kassel will die Linke debattieren, wie sie sich künftig aufstellt und
> womöglich sogar mitregiert. Doch eine Strafanzeige sorgt für Verwirrung.
Bild: Die Befehle zur Tötung des iranischen Generals sollen über den US-Stüt…
Berlin taz | Einfach mal entspannt reden. So haben sich Katja Kipping,
Bernd Riexinger und die Parteiführung der Linken das vorgestellt. Am
Wochenende laden sie nach Kassel ein. Auf einem zweitägigen
Strategiekongress sollen die Mitglieder darüber diskutieren, wer sie sind,
wozu sie gebraucht werden und wie man sich als Partei künftig aufstellt –
womöglich sogar in einer Mitte-Links-Regierung. So groß ist das
Redebedürfnis, dass der für 300 Personen gebuchte Saal schon völlig
ausgebucht ist und Diskussionen per Lifestream in Nebenräume übertragen
werden.
Kipping ist optimistisch: „Ich hoffe, dass wir mit dem Strategiekongress
Schluss damit machen, unterschiedliche Milieus gegeneinander auszuspielen
und klar ist: Wir stellen gemeinsame Interessen in den Vordergrund.“ So
geeint will man dann auch schon mal strategisch über die Bundestagswahl
nachdenken. Kipping möchte, dass ihre Linke sich künftig die Machtfrage
stellt: Sie werbe dafür, dass man die alten, unproduktiven Debatten beende,
ob die Linke nun auf Bewegungsorientierung oder Regierungsbeteiligung
setze. „Wir setzen auf Regieren in Bewegung.“
Die Ausgangslage ist so gut wie lange nicht. In der Thüringer
Regierungskrise sehen CDU und FDP wie Amateure aus, die Linke mit ihrem
Ministerpräsidentenkandidaten Bodo Ramelow geht aus der Krise gegenwärtig
als Umfragesieger hervor. Auch die Sympathien im Bund steigen, wie die
Umfragen zeigen, die Linke ist seit langem mal wieder zweistellig.
Doch mitten in die Vorbereitungen des Kongresses und der kniffligen
Ministerpräsidentenwahl in Thüringen platzt eine Strafanzeige. Acht
Abgeordnete der Fraktion, darunter drei Vorstandsmitglieder, haben
Strafanzeige gegen Kanzlerin Angela Merkel und weitere Mitglieder der
Bundesregierung gestellt: „Wegen Beihilfe zum Mord an Soleimani“, wie es in
der von ihnen erstellten [1][Pressemitteilung heißt].
Bei einem von den USA koordinierten Drohnenangriff war der [2][iranische
General Qasim Soleimani] Anfang des Jahres im Irak getötet worden. Ein
Attentat, das gegen das Völkerrecht verstieß, ganz klar. Auf der anderen
Seite, war Soleimani aber auch kein Unschuldiger, sondern Akteur. Der
General der iranischen Revolutionswächter stützte den syrischen Diktator
Baschar al-Assad, er galt als wichtigster Strippenzieher im Nahen Osten,
der mittels der von ihm kommandierten Al-Kuds-Brigaden die iranische
Expansionen in der Region vorantrieb.
Schaut man in die Klage hinein, dann geht es den acht Abgeordneten auch
nicht primär um den Tod Soleimanis, sondern um die Umstände, nämlich die
Nutzung der Militärbasis Ramstein für solche völkerrechtswidrigen Aktionen.
Diese diente vermutlich als Relaisstation. Doch nach außen wird die
Strafanzeige eben anders verkauft.
In der Partei herrscht Aufruhr. Der verteidigungspolitische Sprecher
Matthias Höhn kommentiert [3][auf Twitter] noch relativ trocken: „Ich
glaube unsere Prioritäten sollten woanders liegen.“ Schärfer wird dagegen
der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion Jan Korte: „Das ist mit
der Fraktion nicht abgesprochen und ich hätte mit Sicherheit nicht
zugestimmt. Die nächste Fraktionssitzung dauert dann wohl wieder mal
länger.“
Pikant: Mit Hubertus Zdebel, Heike Hänsel und Andrej Hunko gehören drei der
acht Klagenden zum Fraktionsvorstand. Hunko wurde kürzlich auf Vorschlag
der beiden Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch zum
Stellvertreter gewählt.
Die sächsische Landtagsabgeordnete Juliane Nagel, die für die Linke in
Sachsen das einzige Direktmandat holte, wendet sich per Twitter direkt an
Fraktionschef Bartsch und die Parteivorsitzende Kipping. „Sagt ihr hier
auch mal was? Bitter nötig nach der Vorstandswahl und dem weiteren
Entfernen von einem emanzipatorischen linken Ansatz, auch in der
Außenpolitik.“
Kipping twittert zurück: „Diese Aktionen von 8 einzelnen Abgeordneten halte
ich für falsch. Sie war weder mit Fraktions- noch Parteispitze abgestimmt.“
Der Arbeitskreis Shalom innerhalb der Linksjugend aber auch die Thüringer
Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss fordern sogar die Abwahl Hunkos
als Fraktionsvize.
An Stoff zum Reden wird es also in Kassel nicht mangeln. Obwohl man sich
eigentlich auf andere Themen vorbereitet hat.
28 Feb 2020
## LINKS
[1] https://neu-alexander.de/2020/02/bundestagsabgeordnete-stellen-strafanzeige…
[2] /Toetung-durch-US-Drohnenangriff/!5653495
[3] https://twitter.com/MatthiasHoehn/status/1233122835343826944
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Die Linke
Schwerpunkt Thüringen
Strategie
Strafanzeige
Diskussion
Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
Die Linke
Susanne Hennig-Wellsow
Kolumne Orient Express
Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
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