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# taz.de -- Nach rassistischem Anschlag in Hanau: Ton gegen die AfD wird schär…
> Waffenrecht einschränken, Krisenstab einrichten, AfDler raus aus dem
> Staatsdienst: Politiker reden über Folgen. Erneut demonstrieren Tausende
> gegen rechten Terror.
Bild: In Trauer vereint: Mahnwache in Köln mit OB Henriette Reker (r.)
Berlin/Hanau rtr/dpa | Nach dem Anschlag in Hanau mit elf Toten wird in der
Bundesregierung laut über eine Änderung des Waffenrechts nachgedacht und
die Grünen im Bundestag drängen auf einen schnellen Aktionsplan gegen
Rechtsextremismus in Deutschland. Während auch am Freitag in mehreren
deutschen Städten der Opfer des rechtsextremen Terrors mit Mahnwachen
gedacht wurde, äußern sich Politiker verschiedener Parteien in schärferem
Ton zum Gedankengut der AfD.
Insbesondere Bundesinnenminister Horst Seehofer ist gegenüber den Medien
mit Überlegungen zu einer weiteren Einschränkung des Waffenrechts
vorgeprescht. „Wenn die Ermittlungen hier ergeben, dass wir früher hätten
eingreifen müssen, was den Waffenschein betrifft, dann müssen wir das
ändern“, sagte der CSU-Politiker der Bild. „Wir brauchen dann ein
medizinisches Gutachten oder eine ärztliche Bestätigung, dass da alles in
Ordnung ist und die Verwirrung oder die Krankheit einer Person nicht zur
Gefahr für die Allgemeinheit wird.“ Anderenfalls müsse die persönliche
Eignung für eine Waffe zurückgezogen werden.
Erst im Dezember hatte der [1][Bundestag eine Verschärfung des Waffenrechts
beschlossen] und damit eine EU-Richtlinie umgesetzt. Danach soll regelmäßig
überprüft werden, warum jemand eine Waffe braucht. Zudem soll es immer eine
Regelabfrage beim Verfassungsschutz geben, wenn die Behörden die
persönliche Eignung eines Antragstellers prüfen. Bundesjustizministerin
Christine Lambrecht (SPD) will evaluieren, ob diese Verschärfungen im
Waffenrecht auch konsequent umgesetzt werden. Es müsse festgestellt werden,
ob die Behörden, die über die Zuverlässigkeit entscheiden, die nötigen
Informationen auch bekommen.
Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter als Seehofer und fordern, dass
Munition nur noch gelagert werden darf, wo auch geschossen werden darf –
bisher sei es Sportschützen möglich, sowohl Waffen als auch Munition zu
Hause zu lagern.
## „Sofortmaßnahmen für eine sichere Gesellschaft“
Diese Forderung ist auch Teil eines schnellen Aktionsplans, auf den die
Grünen-Fraktion im Bundestag drängt. „Der Rechtsextremismus in Deutschland
ist völlig enthemmt“, schreiben die Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt
und Anton Hofreiter sowie die Innen- und Integrationsexperten in einem
Papier, in dem „Sofortmaßnahmen für eine sichere Gesellschaft“ formuliert
werden.
Göring-Eckardt und Hofreiter wollen, dass die Bundesregierung einen
Krisenstab mit allen relevanten Akteuren aus Politik, Wissenschaft und
Gesellschaft einrichtet. Notwendig sei aus ihrer Sicht zudem ein
Beauftragter gegen Rassismus, eine „verlässliche und dauerhafte
Demokratieförderung“ und finanzielle Unterstützung für den Schutz besonders
gefährdeter Einrichtungen wie Moscheen und Synagogen.
Härter wird auch die Haltung der Grünen gegenüber der AfD. Co-Chef Robert
Habeck sagte der Passauer Neuen Presse, die gesamte AfD solle als
Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz beobachtet werden. Zuvor hatte
das schon SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gefordert.
Habeck begründete den Wunsch nach Beobachtung der AfD damit, dass die
Partei Rassismus schüre und Rechtsextremismus Vorschub leiste. Die
Relativierungen und Verharmlosungen der Morde von Hanau durch AfD-Politiker
seien unerträglich.
Auch der Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Ralf Stegner,
findet deutliche Worte: „AfD-Funktionäre haben im öffentlichen Dienst
nichts zu suchen“, [2][sagte er dem Handelsblatt]. Wer der Partei angehöre,
identifiziere sich mit einer völkischen, nationalistischen, rechtsextremen
Politik, die mit ihrer rassistischen Hetze „maßgebliche Mitverantwortung
für den Rechtsterrorismus in Deutschland“ trage. „Mit dieser
demokratiefeindlichen Grundhaltung kann man nicht gleichzeitig im
öffentlichen Dienst und damit in einem besonderen Treue- und
Loyalitätsverhältnis für einen Staat tätig sein, zu dessen Grundwerten die
Menschenwürde, Meinungs- und Religionsfreiheit, Pressefreiheit und das
Gleichheitsgebot, Rechtsstaatsgebot und das Gewaltmonopol des Staates
gehören.“
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg sagte ebenfalls dem
Handelsblatt, gerade vom öffentlichen Dienst erwarte man ein klares
Bekenntnis zur Demokratie hierzulande. Ein Mitschwimmen bei der AfD gehe da
seiner Meinung nach nicht.
Ähnlich äußerte sich der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. „Man kann
nicht im Öffentlichen Dienst sein und gleichzeitig die
freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen.“
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) [3][äußerte gegenüber dem
Blatt], in der AfD seien auch Menschen, die 30 Jahre in der CDU waren. Das
seien nicht plötzlich alle Nazis. „Aber gerade diese Mitglieder sollten
erkennen: Das Problem ist, dass die AfD keine Grenze zieht. Sie ist offen
ins Rechtsextreme“, sagte er.
## 30.000 für die nächsten Angehörigen
Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, sagte zu, dass die
engsten Angehörigen der Opfer der Gewalttat von Hanau innerhalb von zwei
Wochen eine [4][Soforthilfe erhalten werden]. Gegenüber dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland äußerte Funke: „Für Ehepartner, Kinder und
Eltern von Getöteten sind das 30.000 Euro, für Geschwister 15.000 Euro.“
Das könne das schreckliche Leid des Verlusts der eigenen Eltern oder Kinder
nicht lindern. „Aber zumindest ist es eine Hilfe für die nötigsten Dinge,
die in diesem Moment wichtig sind.“
In mehreren deutschen Städten wandten sich auch am Freitagabend wieder
Demonstranten gegen rechte Gewalt und Intoleranz. Weitere Kundgebungen
waren für das Wochenende geplant.
In Hannover versammelten sich am Freitagabend rund 3.000 Menschen zu einer
Kundgebung, darunter waren Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und
Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). Die Veranstaltung stand unter dem
Titel „Hannover gegen Rassismus – Hannover für Vielfalt“. In Köln kamen
mehr als 2.000 Teilnehmer zu einer Demonstration gegen rechten Terror auf
dem Roncalliplatz zusammen.
In Hanau gedachten Menschen erneut der Opfer des Anschlags. Etwa 200
Teilnehmer versammelten sich nach Veranstalter-Angaben auf dem Marktplatz
vor dem Rathaus, fassten sich an den Händen und bildeten eine kreisrunde
Menschenkette. Am Samstag will ein Bündnis gegen Hetze und
Menschenverachtung in Hanau demonstrieren. Am Nachmittag ist auf dem
Marktplatz eine weitere Kundgebung geplant.
Ein 43 Jahre alter Deutscher hatte am Mittwochabend im hessischen [5][Hanau
neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen]. Der Sportschütze
tötete auch seine 72 Jahre alte Mutter und dann sich selbst. Nach
bisherigen Erkenntnissen hatte der Täter [6][eine rassistische Gesinnung
und war psychisch krank].
22 Feb 2020
## LINKS
[1] /Bundestag-verschaerft-das-Waffenrecht/!5646757
[2] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/hanau-terror-und-die-folge…
[3] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/hanau-anschlag-schaeuble-f…
[4] /Experte-ueber-rechten-Terror/!5664980
[5] /Anschlag-in-Hanau/!5665253
[6] /Forensische-Psychiaterin-zum-Anschlag/!5665361
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