# taz.de -- TV-Serie „The Marvelous Mrs. Maisel“: Benennt es doch! | |
> Die dritte Staffel der Amazon-Prime-Serie bildet Rassismus ab, spricht | |
> ihn aber nicht offen an. So bleibt „Mrs. Maisel“ an der Oberfläche. | |
Bild: Rachel Brosnahan und Alex Borstein in “The Marvelous Mrs. Maisel“ | |
Nach einer ziemlich unlustigen zweiten Staffel gelingt [1][„The Marvelous | |
Mrs. Maisel“] ein lustiges Comeback. Die dritte Staffel ist seit Dezember | |
bei Amazon Prime erhältlich, seit 7. Februar auch mit deutscher | |
Synchronfassung. In der aktuellen Staffel tourt die Ex-Hausfrau und | |
aufgehende Comedienne Midge (Rachel Brosnahan) mit dem bekannten Sänger Shy | |
Baldwin (Leroy McClain). | |
Viele der Charaktere wie Abe (Tony Shalhoub), Rose (Marin Hinkle) und | |
Jackie (gespielt von dem 2019 verstorbenen Schauspieler Brian Tarantina) | |
gewinnen in dieser Staffel an Tiefe. Neben der jüdischen Community im New | |
York der Sechszigerjahre wird nun auch die Schwarze Community sichtbar. | |
Während unterschiedliche Lebensrealitäten aufgezeigt werden, Shy ist z.B. | |
ein nicht-geouteter schwuler Mann, läuft die Serie nicht in die Falle des | |
Gewaltpornos bei dem Diskriminierung konsumierbar wird und sich die | |
Zuschauer*innen ihr Gewissen reinmasturbieren können. | |
Vorsicht, Spoiler Alert! Es ist die Staffel der Neuanfänge: Abe, der seinen | |
Job als Professor verlor, lernt junge Kommunist*innen kennen und möchte mit | |
ihnen eine revolutionäre Zeitung gründen. Aus Protest lehnt Rose ihren | |
Treuhandfonds ab, weil sie als Frau aus dem Vorstand des | |
Familienunternehmens ausgeschlossen wird – und wird mittellos. | |
Joel eröffnet einen Club in China Town und verliebt sich. Susie vertritt | |
nun auch die Comedy-Gigantin Sophie Lennon (Jane Lynch). Abe veröffentlicht | |
eine Theaterrezension und bekommt ein Jobangebot als Redakteur. Midge wird | |
zum ersten Mal damit konfrontiert, dass auch Frauen Faschistinnen sein | |
können. | |
## Eine Struktur, ein System | |
Der Produzentin Amy Sherman-Palladino gelingt es allerdings nicht, ohne | |
Stereotype auszukommen. So werden Menschen in China Town als eine homogene | |
Gruppe dargestellt, die kein Englisch sprechen und bei Straftaten schon mal | |
ein Auge zudrücken. Mei beispielsweise (Stephanie Hsu) ist Medizinstudentin | |
und sammelt Schutzgeld von Restaurants ein, verbringt Zeit in illegalen | |
Spielhallen und erledigt unmöglich erscheinende Aufgaben. Nie wird | |
ausgeführt wie sie das tut und warum. | |
Auch wenn die fragile Natur der Machtverhältnisse aufgezeigt wird, gelingt | |
es Sherman-Palladino nicht, das eigentliche Problem zu benennen. Wenn Midge | |
Shy mit einem grün und blau geschlagenen Gesicht wiederfindet, bietet sie | |
an, ihn vor der Show im Hotel zu schminken. | |
„Ich kann nicht zu euren Hotels gehen, wir sind hier in Florida“, sagt Shy. | |
Anstatt hier über Rassismus zu sprechen, wird nur damit umgegangen. Wenn | |
Midge nervös auf der Apollo-Bühne steht und zu viel über Shy's sexuelle | |
Orientierung verrät, um das Publikum um jeden Preis zum Lachen zu bringen, | |
muss sie zwar die Folgen davon spüren (Midge darf nicht weiter mit Shy | |
touren), aber es wird nicht klar benannt, welche Struktur dahinter steckt. | |
Deshalb bleibt die dritte Staffel kein Meilenstein in Sachen | |
Gleichberechtigung. Sie kratzt an der Oberfläche. Ob sich „The Marvellous | |
Mrs. Maisel“ trotzdem lohnt? Schon, alleine wegen der melancholischen Augen | |
von Lenny Bruce (Luke Kirby), den wunderbaren Kostümen und der heilsamen | |
Musik. | |
7 Feb 2020 | |
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[1] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5468421 | |
## AUTOREN | |
Sibel Schick | |
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