# taz.de -- Virusbekämpfung in Afrika: Corona verdrängt Ebola-Angst | |
> Wie man Anreisende auf Fieber überprüft, das wissen Behörden in Ostafrika | |
> seit Ebola. Durch das Corona-Virus werden die Kontrollen nachlässiger. | |
Bild: Kein Virus soll durchkommen am Flughafen von Kigali im zentralafrikanisch… | |
KIGALI/ENTEBBE taz | Noch vor der Passkontrolle werden die ankommenden | |
Passagiere am Flughafen von Ruandas Hauptstadt Kigali von Angestellten des | |
Gesundheitsministeriums abgefangen. Ein junger Mann mit Gesichtsmaske und | |
weißem Schutzkittel wischt über das Display eines Tablets: „Waren Sie in | |
den vergangenen zwei Monaten in China?“, fragt er. „Haben Sie Symptome von | |
Fieber oder Husten?“ Nur wer alle Fragen mit Nein beantwortet, wird | |
durchgelassen. Die Angestellten der Immigrationsbehörde, Polizisten und | |
selbst die Kofferträger tragen ebenfalls Gesichtsmasken. | |
[1][Seit der rasanten Ausbreitung des Coronavirus] – China vermeldet am | |
Dienstag 40.000 Infizierte und mehr als 1.000 Tote – werden jetzt auch die | |
Präventionsmaßnahmen in Ost- und Zentralafrika verstärkt. Das abschreckende | |
Vorbild haben alle noch im Kopf: Der Ausbruch des tödlichen Ebolavirus in | |
Westafrika 2014, der über 11.000 Menschen das Leben kostete. Das machte | |
klar: Ausbrüche von tödlichen Krankheiten haben in dicht besiedelten | |
Ländern mit unzureichender Gesundheitsversorgung viel schlimmere Folgen als | |
anderswo. | |
Deswegen müssen jetzt die Anstrengungen verstärkt werden, damit das | |
Coronavirus sich nicht in Afrika verbreite, [2][so die | |
Weltgesundheitsorganisation (WHO)]. Sie „hat Richtlinien an alle | |
Gesundheitsministerium in der afrikanischen Region geschickt, um die | |
Schwierigkeiten zu unterstreichen, mit welchen sie sich auseinandersetzen | |
müssen“, so Michael Yao, WHO-Beauftragter für Notfallbekämpfung in Afrika. | |
Wie wichtig kompetente Beratung ist, zeigte Anfang Februar ein Vorfall in | |
Südsudans Hauptstadt Juba. Dort sind chinesische Soldaten im Rahmen der | |
UN-Friedensmission UNMISS stationiert. Als ein Flugzeug mit chinesischen | |
Diplomaten zur Stippvisite bei der Truppe in Juba landete, flüchteten | |
sämtliche Flughafenangestellte aus Angst, auch diejenigen, die Fieber | |
messen sollten. Die [3][WHO] hat seitdem dort Virus-Testgeräte installiert. | |
## Schwache Gesundheitssysteme bedroht | |
Ein generelles Reiseverbot zwischen China und Südsudan will | |
Gesundheitsminister Riak Gai Kok jedoch nicht einführen. Er habe aber die | |
Bevölkerung gewarnt, nach China zu reisen: „Wenn auch nur ein einziger Fall | |
nach Südsudan importiert wird, dann wird das ein Desaster und wir haben | |
schon eine Fülle an Problemen“, so Kok. | |
Viele afrikanische Fluglinien haben ihre Direktflüge nach China | |
eingestellt. Afrikas größte Fluglinie Ethiopian Airlines fliegt noch, hat | |
aber die Zahl der Flüge reduziert und ist aufgrund der gesunkenen Nachfrage | |
auf kleinere Maschinen umgestiegen. Dafür wurde die äthiopische | |
Staatsgesellschaft von Kenias Präsident Uhuru Kenyatta kritisiert: „Unsere | |
Sorge ist nicht, dass China die Krankheit nicht managen kann, sondern, dass | |
sie in Regionen vordringt, wo es schwache Gesundheitssysteme gibt, so wie | |
bei uns.“ | |
Die äthiopische Gesundheitsbehörde hat mitgeteilt, dass sie alle Passagiere | |
aus der chinesischen Stadt Wuhan, dem Epizentrum des Virus, in Quarantäne | |
unterbringe. Bislang gab es elf Verdachtsfälle, acht wurden negativ | |
getestet. Die übrigen drei wurden zu weiteren Tests nach Südafrika | |
ausgeflogen. Auch in Kenia gibt es drei Verdachtsfälle: Kenianer, die aus | |
China zurückgekehrt waren. | |
Kenias Regierung hat angekündigt, 88 kenianische Studenten von der | |
Universität in Wuhan zu evakuieren. Ugandas Botschafter in China, Crispus | |
Kiyonga, hat hingegen von Evakuierungsflügen abgeraten. Über 70 ugandische | |
Studenten sitzen nun in China fest. „Es ist besser, die Studenten an ihren | |
Universitäten zu lassen, während die Regierung den Ausbruch unter Kontrolle | |
bringt, anstatt das Risiko einzugehen, das Virus weiter zu verbreiten“, | |
fand der Botschafter. Ugandas Gesundheitsministerium meldet, rund 100 | |
Chinesen und Ugander befänden sich in Quarantäne, nachdem sie aus China | |
gelandet waren. | |
## Ebola-Bekämpfung dauert an, wird aber laxer | |
Vorsorge gegen gefährliche Seuchen ist in Ostafrika Routine seit dem | |
erneuten Ebola-Ausbruch im Osten der benachbarten Demokratischen Republik | |
Kongo im Sommer 2018, der immer noch andauert und an dem bis Anfang Februar | |
laut WHO 2.250 Menschen gestorben sind. An den Grenzübergängen aus dem | |
Kongo nach Ruanda wird systematisch Fieber gemessen, man muss die Hände | |
waschen. | |
Wegen Ebola sind auch im Ankunftsbereich des internationalen Flughafens von | |
Uganda in Entebbe längst Kameras installiert, die bei jedem Passagier die | |
Temperatur feststellen. Diese helfen nun auch beim Coronavirus. | |
Gleichzeitig werden jetzt aber die Kontrollen bezüglich Ebola und anderer | |
tödlicher Krankheiten laxer. | |
Die ugandische Angestellte des Gesundheitsministeriums, die die | |
Temperaturkamera überwacht, fragt jeden Passagier, woher er angereist ist. | |
Sie tippt dies in eine Handy-App ein, welche die Daten an das afrikaweit | |
führende Virusforschungsinstitut in Entebbe übermittelt, wo Ebola, | |
Marburg-Fieber, HIV/Aids oder auch der aus Uganda stammende Zikavirus | |
erforscht werden. Doch es wird nur noch gefragt, ob man in jüngster Zeit in | |
China gewesen sei. Die bis vor Kurzem übliche Frage, ob man die | |
Ebola-Region im Ostkongo besucht habe, wurde aus dem Fragenkatalog | |
gestrichen. | |
11 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Virusexperte-ueber-Corona-Gefahr/!5659531 | |
[2] /Kommentar-WHO-und-Pharmaindustrie/!5570364 | |
[3] https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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