# taz.de -- Studie zur EU-Entwicklungspolitik: Geld geht in die Migrationsabwehr | |
> Die Hilfsorganisation Oxfam wirft der EU vor, weniger für den Kampf gegen | |
> Armut zu tun. Stattdessen werde dafür gezahlt, Grenzen zu schließen. | |
Bild: Gefährliche Flucht: irgendwo in der Wüste zwischen Niger und Libyen | |
BERLIN taz | Die europäische Entwicklungszusammenarbeit dient immer weniger | |
dem Kampf gegen die Armut. Gelder für europäische Entwicklungspolitik | |
werden zunehmend dazu verwendet, [1][Grenzen zu schließen, Migration zu | |
erschweren und Abschiebungen nach Afrika] zu erleichtern. Das kritisiert | |
die Entwicklungs-NGO Oxfam in einer neuen Untersuchung. Teils werde so | |
Armut und Not „verschärft, statt diese zu lindern“, heißt es in dem Beric… | |
„Trapped between Aid Policy and Migration Politics“. | |
Der befasst sich vor allem mit dem sogenannten EU-Treuhandfonds für Afrika | |
(EUTF). Der Fonds wurde im Herbst 2015 während der Flüchtlingsbewegung über | |
die Balkanroute aufgelegt, um die „Ursachen irregulärer Migration“ in | |
Afrika zu bekämpfen. Seither wurden für den Fonds rund 4,7 Milliarden Euro | |
bereit gestellt. Das Geld stammt aus den Etats der | |
EU-Entwicklungshilfe-Ministerien. Es handelte sich vor allem um eine | |
Neustrukturierung der Entwicklungshilfe, nicht um zusätzliches Geld. | |
Für Projekte, deren Ziel es sei, „Migration zu verhindern“, hat der EUTF | |
seither nach Zählung von Oxfam über eine Milliarde ausgegeben. Das ist mehr | |
als ein Viertel des bislang ausgegebenen Gesamtvolumens. Lediglich 1,5 | |
Prozent (56 Millionen Euro) seien für sichere und legale Zugangswege für | |
Flüchtlinge und MigrantInnen vorgesehen – sei es nach Europa oder innerhalb | |
des afrikanischen Kontinents. | |
„Mobilität und Entwicklung gehen Hand in Hand. Wenn die Menschen reisen und | |
arbeiten können, hat dies positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche | |
Entwicklung. Diesen Zusammenhang blendet der EU-Treuhandfonds aus“, sagt | |
der Autor des Berichts, Raphael Shilhav | |
Hinzu komme: Innerhalb der EU werde der Erfolg von Entwicklungsprojekten | |
zunehmend danach bemessen, ob sie Migrationsbewegungen reduzieren − und | |
nicht mehr an dem Entwicklungsnutzen, den das Projekt für die Menschen vor | |
Ort hat, so Oxfam. | |
In Libyen würden durch die Migrationskooperation der EU „Menschenhandel und | |
willkürliche Inhaftierung von Flüchtlingen unter lebensunwürdigen | |
Bedingungen weiter angeheizt“. In den Ländern der Sahelzone würde Geld | |
dafür ausgegeben, die Bewegungsfreiheit von Menschen einzuschränken, statt | |
die Anpassung an den Klimawandel zu fördern. | |
Entwicklungsgelder würden im Rahmen des EUTF Afrika außerdem zunehmend als | |
Hebel eingesetzt, um politischen Druck auf afrikanische Regierungen | |
auszuüben, damit sie europäischen Forderungen nach einer stärkeren | |
Bekämpfung irregulärer Migration nachkommen, so Oxfam. Das führe zu | |
Spannungen zwischen der EU und afrikanischen Regierungen. | |
Die EU-Kommission verweist darauf, mit dem EUTF in 26 afrikanischen Ländern | |
rund 277.000 Menschen bei „Aktivitäten“ unterstützt zu haben, die ihnen e… | |
Einkommen verschaffen sollen. 7,2 Millionen Menschen hätten durch die | |
Projekte „einen verbesserten Zugang zu grundlegenden sozialen | |
Dienstleistungen“ erhalten. | |
## Linken-Abgeordnete: EU verfällt in koloniale Muster | |
Doch in Nordafrika etwa fließt die Hälfte der EUTF-Gelder direkt in die | |
Migrationsabwehr. Sie würden „zweckentfremdet, Außenposten der Festung | |
Europa auf dem afrikanischen Kontinent zu errichten“, sagt dazu die | |
Linken-Entwicklungspolitikerin Eva-Maria Schreiber. Nutznießer des | |
Treuhandfonds seien staatliche Entwicklungsagenturen, die so an viele | |
lukrative, nicht ausschreibungspflichtige Aufträge gelangen. So setze | |
allein die GIZ im Rahmen des EU-Treuhandfonds 22 Projekte im Wert von 276 | |
Millionen Euro um. | |
Die Interessen der afrikanischen Länder spielen bei der Projektauswahl | |
hingegen keine Rolle, so Schreiber. Sie verweist darauf, dass die | |
Projektländer keinerlei Mitspracherecht bei den EUTF-Projekten haben. | |
„Damit verfallen die EU und ihre Mitgliedstaaten in ihrer Afrikapolitik in | |
längst überholt geglaubte koloniale Muster.“ | |
30 Jan 2020 | |
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[1] /EU-Migrationspolitik-in-Afrika/!5636761 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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