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# taz.de -- Rechtsextremismus in Niedersachsen: Hetzer mit Erfahrung
> Rund um Hannover ist eine neue Neonazi-Gruppe aktiv: die „Calenberger
> Bande“. Die Führungsmitglieder sind bekannte Rechtsradikale.
Bild: Auch die Vorläufergruppe „Besseres Hannover“ warb gezielt Schüler an
Hannover taz | Sind sie bloß „Schmierer“, wie der Oberstaatsanwalt es
ausdrückt, oder gefährliche Neonazis, wie Antifa-Aktivist:innen glauben?
Seit einem Jahr macht eine neue rechte Gruppe namens „Calenberger Bande“
mit Plakaten, Flyern und Graffiti vor allem in Hannovers Vorstädten auf
sich aufmerksam. Die Polizei ermittelt mittlerweile in sechs Fällen wegen
Sachbeschädigung und der Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen
gegen drei Mitglieder der Gruppe.
In der Antifa-Szene geht man aber davon aus, dass die Calenberger Bande
sehr viel militanter ist: Sie wird mit den Brandanschlägen auf das Haus
eines jüdischen Ehepaares in Hemmingen im Mai vergangenen Jahres und das
Haus einer kurdischen Familie in Bornum im November in Verbindung gebracht.
Sechs Vorfälle listet ein:e anonyme:r Autor:in auf der Internetplattform
Indymedia im Zusammenhang mit der Gruppierung auf (siehe Infobox). Der
Polizei sind die Vorfälle nach eigenen Angaben bekannt, auch Medien
berichteten darüber. Aufgeklärt ist bisher keiner.
Weil auf Indymedia darüber hinaus in der Nacht zu Dienstag detaillierte
Angaben zu mutmaßlichen Mitgliedern der Calenberger Bande veröffentlicht
wurden, gerieten die Behörden offenbar unter Zugzwang.
## Antifa glaubt ein Muster zu erkennen
Am Dienstagnachmittag ließ die Staatsanwaltschaft in Hannover die Wohnungen
dreier mutmaßlicher Mitglieder der Gruppe durchsuchen: Patrick K., Daniel
B. und Florian L. Dabei wurden unter anderem Datenträger beschlagnahmt. Die
Veröffentlichung von Namen und Adressen habe für eine „beschleunigte
Bearbeitung“ gesorgt, erklärte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge auf Anfrage.
Er warnte vor voreiligen Schlussfolgerungen: Der Durchsuchungsbefehl hätte
sich nur auf „Schmierereien“ bezogen.
Die Vorwürfe seien Sachbeschädigung und das Verwenden
verfassungsfeindlicher Symbole. Es gäbe bisher keinerlei konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass die mutmaßlichen Täter auch für Brandanschläge
oder Ähnliches verantwortlich seien. Zumindest bei zweien der drei
Verdächtigen handelt es sich aber um bekannte Rechtsextreme: Patrick K. und
Daniel B. gehörten schon zur Gruppe „Besseres Hannover“, die 2012 vom
damaligen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) verboten wurde.
Die Gruppe hatte unter anderem [1][Propagandavideos produziert, in denen
ein „Abschiebär“ Migrant:innen verunglimpfte]. Im Sommer 2011 waren
Mitglieder der Gruppe mit Fackeln und Masken durch Hannover-Kleefeld
gezogen. Sie verteilten rechte Magazine an Schulen, störten
Veranstaltungen, spannten Transparente auf dem Maschsee und über dem
Messeschnellweg auf. Außerdem wurden einzelne Politiker:innen bedroht,
darunter auch die damalige Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU).
Patrick K. war auch nach dem Verbot von [2][Besseres Hannover weiter in der
Region aktiv.] 2015 wurde er unter anderem für Attacken auf verschiedene
Parteibüros verurteilt.
Der oder die Autor:in auf Indymedia glaubt hier nun ein Muster zu erkennen.
Denn auch die Calenberger Bande versucht offensichtlich, sich mit
öffentlichkeitswirksamen Aktionen ins Gespräch zu bringen und so neue
Anhänger zu rekrutieren. So tauchten in Gehrden Flyer in den Briefkästen
auf, in denen Bürger:innen aufgefordert wurden, sich der Gruppe
anzuschließen, wenn man „Bock auf eine Gemeinschaft außerhalb des linken
Mainstreams“ habe und Kapitalismus, Kommunismus und Liberalismus
„gleichermaßen kacke“ finde.
## Brandanschläge ähneln sich
Im Nachbarort Ronnenberg waren zuvor Plakate mit der Aufschrift „Achtet das
Volk“ aufgetaucht, unterschrieben von der Calenberger Bande. Gleichzeitig
häuften sich auf dem Schulgelände und in der Umgebung
ausländer:innenfeindliche Graffiti sowie Hakenkreuze, „Heil Hitler“- und
„88“-Schmierereien. Auch die Neonazi-Gruppe Besseres Hannover hatte
versucht, Schüler:innen anzuwerben.
Auf Indymedia wird auch behauptet, Patrick K. habe sich bis 2017 in
Chemnitz aufgehalten, wo es Brandanschläge gegeben habe, bei denen ganz
ähnlich vorgegangen worden sei wie in Hemmingen und Bornum. Das sei ein
dünner Zusammenhang, merkt ein anderer Szenebeobachter an. Immerhin seien
deutschlandweit viele Gruppen aktiv und tauschten sich auch über ihr
Vorgehen aus.
Wie lange die Polizei die Verdächtigen schon beobachtete, wollte die
Staatsanwaltschaft nicht beantworten. Mit ersten Ergebnissen anlässlich der
Durchsuchung am Dienstag ist nicht sehr bald zu rechnen. Die Auswertung der
beschlagnahmten Gegenstände würde einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte
Klinge.
30 Jan 2020
## LINKS
[1] /Rassistische-Videos/!5262480&s=Besseres+Hannover/
[2] /Verfahren-gegen-Rechtsextreme/!5024469&s=Besseres+Hannover/
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Niedersachsen
Rechtsextremismus
Hannover
Schwerpunkt Neonazis
Hannover
Drohbriefe
Drohbrief
Prozess
Schwerpunkt Rassismus
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