# taz.de -- Weltwirtschaftsforum in Davos: Auch Google soll zahlen | |
> Europa und die USA verhandeln in Davos über die Besteuerung international | |
> tätiger Unternehmen. Bei grundlegenden Fragen herrscht Dissens. | |
Bild: Überall wird gegoogelt, Steuern aber nur in den USA bezahlt | |
DAVOS taz | Auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos werden in diesen | |
Tagen weitreichende Verhandlungen über die internationale Besteuerung | |
transnationaler Konzerne geführt. Am Mittwochnachmittag wollten sich Bruno | |
Le Maire und Steven Mnuchin, die Finanzminister Frankreichs und der USA, | |
mit José Ángel Gurría, dem Generalsekretär der Organisation für | |
Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD), treffen. | |
Vordergründig geht es um die sogenannte [1][Digitalsteuer], die unter | |
anderem die französische Regierung auf Umsätze von Facebook, Google und Co. | |
erheben will. Tatsächlich stehen allerdings weit grundsätzlichere Fragen | |
auf der Tagesordnung: Wo sollen Unternehmen wie Google, Daimler oder | |
Volkswagen künftig Steuern zahlen? Und wird eine internationale | |
Mindeststeuer eingeführt? | |
Bei der Digitalsteuer zeichnete sich unterdessen eine erste Entspannung ab. | |
Nach seiner Rede beim WEF am Dienstag erweckte US-Präsident Donald Trump | |
den Eindruck, als sei eine baldige Einigung mit Frankreich durchaus | |
möglich. Laut der Deutschen Presseagentur überlege die französische | |
Regierung, Vorauszahlungen auf die Steuer bis Jahresende auszusetzen. Jeder | |
versuche, sich etwas auf den anderen zuzubewegen, sagte Le Maire vor dem | |
Treffen mit Mnuchin. Ein Handelskrieg „wäre eine Dummheit aus | |
wirtschaftlicher und politischer Sicht“. | |
Die Regierung in Paris hatte beschlossen, eine neue Steuer von 3 Prozent | |
auf den Umsatz von Digitalkonzernen wie Facebook, Google und Amazon zu | |
erheben, weil diese hohe Einnahmen in Europa erzielen, sie aber vorwiegend | |
in den USA oder gar nicht versteuern. [2][Die US-Regierung reagierte mit | |
der Drohung], Strafzölle auf französische Produkte wie Roquefort, | |
Champagner, Handtaschen und Parfums einzuführen. Nun kehrte zunächst etwas | |
Ruhe ein, wobei die Digitalsteuer ohnehin vom Tisch sein könnte, sollte es | |
bei den grundsätzlichen Fragen zu einer Einigung kommen. | |
## Steueraufkommen neu aufteilen | |
In der letzten Januarwoche werden sich in Paris „mehr als 130 Staaten über | |
eine Grobarchitektur für die Verteilung internationaler Besteuerungsrechte | |
im Rahmen des Digitalprojekts unterhalten“, sagte Achim Pross, Steuer-Chef | |
der OECD, gegenüber dieser Zeitung. Dabei geht es in der „Säule eins“ um | |
die Frage, wo Exportunternehmen ihre Auslandsumsätze und Auslandsgewinne | |
zukünftig versteuern sollen. Europa hätte gerne ein paar Milliarden mehr | |
von Google und Co., die USA wollen etwa an den Erträgen deutscher | |
Autokonzerne wie BMW, Daimler und Volkswagen beteiligt werden. | |
Die Lösung könnte darin bestehen, das Steueraufkommen neu aufzuteilen: Das | |
Land, in dem die jeweilige Konzernzentrale steht, bekäme etwas weniger, das | |
sogenannte Marktland, wo die Umsätze anfallen, dagegen etwas mehr. Welcher | |
Staat davon profitierte, ist schwierig zu errechnen. Es könnte aber sein, | |
dass Deutschland als starke Exportnation mit viel Auslandsgeschäft gewisse | |
Einbußen zu verzeichnen hätte. | |
Doch auch in dieser Frage herrscht Dissens. Ende 2019 äußerte | |
US-Finanzminister Mnuchin „große Bedenken“ und forderte Ausnahmen für die | |
amerikanischen Internetkonzerne. OECD-Experte Pross findet das nicht | |
erstaunlich: „Wenn es ernst wird, sind Turbulenzen nicht überraschend.“ Die | |
US-Regierung „unterstützt den Prozess, muss aber prüfen, was sie durch den | |
Kongress bekommt.“ | |
## Frankreich will 12,5 Prozent | |
In der „Säule zwei“ des OECD-Prozesses geht es um die Idee einer | |
internationalen Mindestbesteuerung von Unternehmen. Nicht nur den | |
sozialdemokratischen Bundesfinanzminister Olaf Scholz stört es, dass | |
Konzerne, Banken und Investoren ihre Einnahmen gerne in Länder versteuern, | |
die mit besonders niedrigen Steuersätzen locken. Das können Steueroasen in | |
der Karibik, aber auch Staaten wie Luxemburg oder die Niederlande sein. | |
Deshalb strebt die OECD an, einen weltweit akzeptierten Mindeststeuersatz | |
zu vereinbaren. Frankreichs Finanzminister Le Maire schlug dafür unlängst | |
12,5 Prozent vor. Fiele auf, dass eine in Deutschland registrierte Firma | |
bei Auslandsgewinnen billiger davon kommt, würde das hiesige Finanzamt | |
nachversteuern. Mit diesem Teil der angepeilten Vereinbarung hat die | |
US-Regierung wohl kein Problem, weil sie selbst bereits eine ähnliche | |
Mindeststeuer eingeführt hat. | |
OECD-Generalsekretär Gurría sagte in Davos gegenüber der Presseagentur AP, | |
er erwarte eine Lösung, denn „einen Plan B gibt es nicht“. Er mahnte die | |
Akteure, eine multilaterale Lösung zu finden, die die ganze Welt mittragen | |
könne. Dann seien „die bilateralen Konfrontationen“ hinfällig. | |
22 Jan 2020 | |
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[1] /Frankreichs-Handelsstreit-mit-den-USA/!5647072 | |
[2] /Handelsstreit-mit-den-USA/!5641655 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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