# taz.de -- Mangelnde Umsetzung von Fahrverboten: Noch kein Knast für Kretschm… | |
> Stuttgart überschreitet die Grenzwerte bei Stickoxiden in der Luft. Dafür | |
> ist auch das Land verantwortlich – wie kann es zum Handeln gezwungen | |
> werden? | |
Bild: Wie wird Feinstaubalarm in Stuttgart Geschichte? | |
FREIBURG taz | Im Streit um die [1][Dieselfahrverbote in Stuttgart] hat das | |
[2][Verwaltungsgericht der Landeshauptstadt nun erhöhte Zwangsgelder in | |
Höhe von 25.000 Euro] gegen das Land Baden-Württemberg verhängt. Auf die | |
von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) beantragte Zwangshaft gegen Amtsträger | |
wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verzichtete das Gericht | |
zunächst. | |
Das Land ist für die Einhaltung der [3][Stickoxid-Grenzwerte] | |
verantwortlich und muss deshalb den Luftreinhalteplan für Stuttgart | |
nachbessern. Das Verwaltungsgericht hielt bereits im Juli 2017 | |
flächendeckende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der | |
Schadstoffklasse 6 für die einzig erfolgversprechende Maßnahme. [4][Das | |
Bundesverwaltungsgericht billigte im Februar 2018 das Stuttgarter Urteil]. | |
Inzwischen hat das Land zwar eine „kleine Umweltzone“ mit entsprechenden | |
Fahrverboten eingerichtet. Sie gilt aber nur in Teilen des Stadtgebiets. | |
Damit werde das Urteil nach wie vor nicht korrekt umgesetzt, monierte die | |
DUH und beantragte verschärfte Zwangsmittel. Auch die Verwaltungsrichter | |
kamen nun zum Schluss, dass neue Maßnahmen erforderlich seien. Bereits zwei | |
Mal hatte das VG Zwangsgelder gegen das Land verhängt, weil das Urteil von | |
2017 nicht ausreichend umgesetzt wurde. Doch die in der | |
Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehene maximale Summe von 10.000 Euro sei | |
offensichtlich nicht ausreichend, das Land zum Einlenken zu bewegen, so die | |
Richter. | |
Deshalb ging das VG nun dazu über, die strengeren Zwangsmittel der | |
Zivilprozessordnung (ZPO) einzusetzen, die bis zur Zwangshaft gegen | |
einzelne Amtsträger reichen. Das VG stützt sich dabei auf einen Beschluss | |
des Bundesverfassungsgerichts von 1999, das gegen renitente Behörden den | |
Einsatz der ZPO-Zwangsmittel empfohlen hatte. Der Europäische Gerichtshof | |
hatte Ende 2019 sogar den Einsatz von Zwangshaft für zulässig angesehen, um | |
Luftgrenzwerte durchzusetzen – allerdings nur als letztes Mittel. | |
Das VG Stuttgart kam nun auch zum Schluss, dass Zwangshaft gegen | |
Ministerpräsident Kretschmann noch unverhältnismäßig wäre. Erst sollten | |
andere Mittel versucht werden. So erhöhten die Richter das Zwangsgeld | |
diesmal auf 25.000 Euro. Es fließt auch nicht mehr an die Staatskasse (also | |
von einer Staatstasche in die andere Staatstasche), sondern an die | |
Kinderkrebshilfe. Und noch einen Tipp gaben die VG-Richter dem Land mit auf | |
den Weg. Da es flächendeckende Diesel-Fahrverbote angesichts sinkender | |
NO2-Belastung für überflüssig halte, solle es doch eine | |
Vollstreckungsabwehrklage einlegen. Gerichtsurteile einfach zu ignorieren | |
sei der falsche Weg. | |
23 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Diesel-Fahrverbote-in-Stuttgart/!5591707 | |
[2] https://www.duh.de/fileadmin/user_upload/download/Pressemitteilungen/Verkeh… | |
[3] /Falsche-Angaben-zu-Stickoxid/!5572843 | |
[4] https://www.bverwg.de/pm/2018/9 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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