# taz.de -- Geheimdienstbefugnisse in Hamburg: VS darf Kinder überwachen | |
> Die Hamburger Bürgerschaft weitet die Befugnisse des Verfassungsschutzes | |
> aus. Der Chef des Landesamts fürchtet eine Eskalation linker Gewalt. | |
Bild: Unschuldige Kinder im Teakwon-Do-Kurs oder zukünftige linke Gefährder*i… | |
HAMBURG taz | Wenige Wochen vor der Hamburger Bürgerschaftswahl hat das | |
Parlament der Hansestadt am Mittwoch ein [1][neues Verfassungsschutzgesetz] | |
verabschiedet, das die Befugnisse der Behörde ausweitet. Künftig darf der | |
Verfassungsschutz (VS) Daten von Minderjährigen ab zwölf Jahren erheben. | |
Unter bestimmten Bedingungen darf er seine Informationen auch an | |
öffentliche Institutionen wie Schulen oder nichtöffentliche wie | |
Sportvereine weitergeben. | |
Der Chef des Hamburger Landesamts für Verfassungsschutz, Torsten Voß, warnt | |
derweil vor einer „[2][neuen Eskalationsstufe]“ linker Gewalt. „Der | |
Linksextremismus wird zunehmend militant“, sagte er der Zeit in einem | |
[3][Interview]. „Er ist auf dem Weg, die Schwelle des Linksterrorismus zu | |
erreichen.“ Gegenüber der Welt am Sonntag sagte Voß, linke Gewalt richte | |
sich neuerdings „nicht mehr nur gegen Sachen wie Wohnungen, Parteibüros | |
oder Fahrzeuge, sondern mittlerweile auch direkt gegen das Leben und die | |
Gesundheit von Menschen.“ | |
Anlass zu dieser Einschätzung sind für den VS-Landeschef unter anderem die | |
Ereignisse der Silvesternacht in Leipzig-Connewitz, aber auch ein | |
[4][Angriff auf das Auto von Hamburgs Innensenator] Andy Grote (SPD) sowie | |
der Prozess gegen die „[5][Drei von der Parkbank]“. Im Dezember hatten | |
Unbekannte Steine und Farbbeutel auf das Auto des Innensenators geworfen, | |
als er morgens seinen Sohn in die Kita brachte. | |
## 36 linke Anschläge in zwei Jahren | |
Den „Drei von der Parkbank“ wirft die Staatsanwaltschaft vor, sich am | |
zweiten Jahrestag des G20-Gipfels in einem Park in Hamburg-Eimsbüttel | |
getroffen zu haben, um Brandanschläge zu verüben. Ermittler*innen | |
fanden bei der Festnahme Brandsätze und einen Zettel mit Adressen, die sie | |
als Anschlagsziele werten – darunter auch das Wohnhaus der | |
Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld (SPD). | |
Voß stützt seine Befürchtung außerdem auf eine Zahl: Das Landeskriminalamt | |
ordnet 36 Farb-, Stein, und Brandanschläge der vergangenen beiden Jahre der | |
linken Szene zu. 36 Taten in zwei Jahren – das klingt nicht besonders viel | |
für eine linke Szene in einer Stadt wie Hamburg. Der Sprecher des Hamburger | |
Verfassungsschutzes will das gegenüber der taz nicht kommentieren. | |
Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei den 36 Taten um solche, zu | |
denen Bekennerschreiben vorliegen, darunter ein Farbanschlag auf das | |
Amtsgericht in Solidarität mit den Angeklagten des | |
G20-Elbchaussee-Prozesses sowie das Inbrandsetzen eines Autos für die | |
„Parkbank-Crew“. Die Gesamtzahl aller linksmotivierten Straftaten des | |
vergangenen Jahres hat die Polizei noch nicht erhoben. Im Februar soll die | |
Auswertung vorliegen. | |
Der Hamburger Staatsschutz führt derweil drei linksextreme | |
Gefährder*innen, bundesweit sind es fünf. Zum Vergleich: Als | |
rechtsextreme Gefährder*innen führt das Bundeskriminalamt derzeit 51 | |
Personen, das Hamburger Landeskriminalamt null. | |
## Die Äußerungen des VS-Chefs seien „hanebüchen“ | |
Die Hamburger Linksfraktion stimmte am Mittwoch als einzige Fraktion gegen | |
die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes. Die Linkenabgeordnete Christiane | |
Schneider nennt Voß’ Äußerungen zum „Linksterrorismus“ „hanebüchen�… | |
allem im Vergleich mit der bundesweiten Bedrohung durch rechten Terror. | |
Dahinter stehe Voß’ Machtstreben: „Er will den Verfassungsschutz zu einer | |
einflussreichen und meinungsbeherrschenden Behörde ausbauen“, vermutet | |
Schneider. Voß’ Forderung nach „voller Rückendeckung“ für die | |
Sicherheitsbehörden vonseiten der Politik und Gesellschaft findet sie | |
„übergriffig“. „Wir stehen nicht bedingungslos hinter der Polizei und dem | |
Verfassungsschutz“, sagt Schneider, „sondern hinter dem Gesetz.“ | |
15 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Abgeordnete-ueber-Verfassungsschutz/!5635467 | |
[2] https://www.welt.de/regionales/hamburg/article204748728/Hamburger-Landeskri… | |
[3] https://www.zeit.de/2020/03/linksextreme-szene-verfassungsschutz-antifa-gew… | |
[4] /Angriff-auf-Hamburgs-Innensenator/!5650546 | |
[5] /Prozess-wegen-G20-Jahrestag/!5651241 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
## TAGS | |
Verfassungsschutz | |
Hamburg | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Linksextremismus | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Die Linke Hamburg | |
Schwerpunkt G20 in Hamburg | |
Anis Amri | |
Antifaschisten | |
Gefährder | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Prozess wegen G20-Jahrestag: Zu achtzehnt auf der Parkbank | |
Im Prozess gegen die „Drei von der Parkbank“ will die Richterin trotz | |
Gesundheitsrisiko weiter verhandeln. Dabei ist es ziemlich voll im | |
Gerichtssaal. | |
Prozess wegen Brandsätzen nach G20: Acht Monate observiert | |
Einer der „Drei von der Parkbank“ ist ohne richterliche Anordnung | |
beschattet und per GPS geortet worden. Laut Verteidigung ist das illegal. | |
Linken-Politikerin über ihren Abschied: „Man muss loslassen können“ | |
Nach zwölf Jahren verlässt Christiane Schneider die Hamburgische | |
Bürgerschaft. Ein Gespräch über das Aufhören, Zukunftspläne – und den | |
G20-Gipfel. | |
Gerichtsverfahren gegen Linke in Hamburg: Eisige Stimmung im Parkbank-Prozess | |
Verteidigung und Staatsanwaltschaft streiten im G20-Prozess gegen die Drei | |
von der Parkbank um störungsfreien Ablauf. | |
Eklat im Amri-Ausschuss: Die Doppelrolle | |
Ein Verfassungsschützer saß für die Bundesregierung im U-Ausschuss zum | |
Amri-Anschlag – obwohl er Zeuge sein könnte. Die Opposition ist empört. | |
Aberkennung der Gemeinnützigkeit des VVN: Weder Herz noch Hirn | |
Den Verein der Überlebenden des Holocaust als extremistisch einzustufen und | |
ihm die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, ist so hirnlos wie fatal. | |
Linksextremer Gefährder: Wie gefährlich ist Christian S.? | |
Christian S. ist einer von zwei linksextremen Gefährdern in Deutschland. | |
Seit er das weiß, versteht er, warum ihm viele seltsame Dinge passieren. |