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# taz.de -- Prozess wegen Brandsätzen nach G20: Acht Monate observiert
> Einer der „Drei von der Parkbank“ ist ohne richterliche Anordnung
> beschattet und per GPS geortet worden. Laut Verteidigung ist das illegal.
Bild: Da ist was im Busch. Ist es die Polizei?
Hamburg taz | Er wurde, ohne es zu wissen, acht Monate lang observiert,
fotografiert und mit einem GPS-Peilsender geortet: Felix R., einer der drei
Angeklagten im Parkbank-Prozess. In der laufenden dritten Verhandlungswoche
zeichnet sich das Ausmaß der [1][Überwachung] der Angeklagten ab.
[2][Das „Parkbank-Trio]“ war im vergangenen Juli am G20-Jahrestag mit
Brandsätzen festgenommen worden, ihnen drohen mehrere Jahre Haft wegen
Verabredung zur schweren Brandstiftung. Auch die Angeklagte, die als
einzige von der Untersuchungshaft verschont blieb, wird seit ihrer
Festnahme „die ganze Zeit“ überwacht, wie der Oberstaatsanwalt in der
vergangenen Woche gesagt hatte.
Brisant: für die umfassende Überwachung von Felix R. gab es keine
richterliche Anordnung. Stattdessen hat Polizeipräsident Ralf Martin Meyer
die Maßnahme persönlich angeordnet. Und das für insgesamt ein Jahr.
Das ist illegal, meinen die Verteidigerinnen von R. Am Montag brachten
sie einen Antrag ein, in dem sie fordern, das Gericht solle das aus ihrer
Sicht rechtswidrig erhobene Bild- und GPS-Material nicht verwenden. Falls
die Richterin dem nicht stattgeben sollte, verlangten sie, die
Überwachungsdaten komplett einzusehen.
## Wurde R. illegal beschattet?
Die Akte enthält nur einen einzigen Observationsbericht aus acht Monaten
Überwachung. Weil es lange dauern würde, das ganze Material heranzuziehen,
sei der Prozess bis dahin auszusetzen. Das lehnte die Richterin am Mittwoch
ab. Ob die Observationsdaten verwertet werden dürfen, ließ sie noch offen.
Wurde R. illegal beschattet? Aus Sicht der Staatsanwaltschaft spielt das
keine Rolle. „Ich bin kein Experte im Polizeirecht“, sagte Oberstaatsanwalt
Ralf Schakau. „Ich habe mir auch nicht die Mühe gemacht, zu durchdringen,
ob das rechtswidrig war.“ Die Daten lägen jetzt eben vor und das Interesse
der Strafverfolgung überwiege. Tatsächlich führt eine illegale
Datenerhebung nicht automatisch dazu, dass die Daten vor Gericht nicht
verwertet werden dürfen, die Kammer muss abwägen.
Der Grund für die tief ins Privatleben eingreifende Überwachungsmaßnahme
war laut den Akten „Gefahrenabwehr“. Die Bedingungen hierfür regelt das
Polizeigesetz. Wie die meisten anderen Bundesländer hat Hamburg sein
Polizeigesetz novelliert – im Dezember 2019 beschloss das Parlament die
neue Fassung, unter anderem mit veränderten Voraussetzungen für eine
Observation. Nach dem alten Polizeigesetz reichte es aus, wenn der
Polizeipräsident eine längere Observation anordnet.
Doch im April 2016 befasste sich das Bundesverfassungsgericht mit lang
andauernden Observationen und kam im sogenannten „BKA-Urteil“ zu dem
Schluss, dass die bisherige Praxis gegen die Verfassung verstößt. Daraufhin
änderten die Länder nach und nach ihre Polizeigesetze. In Hamburg steht in
Artikel 20 jetzt entsprechend: Eine längere Observation „bedarf der
richterlichen Anordnung“ und „ist auf drei Monate zu beschränken“.
## Verfassungswidriges, aber noch gültiges Gesetz
Das BKA-Urteil müsste dem Polizeipräsidenten bekannt gewesen sein, als er
die Observation anordnete – er habe sich willkürlich darüber hinweggesetzt,
meint die Verteidigung und schlug vor, Meyer als Zeugen zu vernehmen. Die
Richterin sah das anders – der Polizeipräsident habe auf der zwar als
verfassungswidrig erklärten, aber noch gültigen Rechtsgrundlage gehandelt.
In dem Prozess begann am Mittwoch die Beweisaufnahme mit der Aussage eines
anderen Zeugen: dem Vorsitzenden des Kleingartenvereins, wo R. eine
Parzelle pachtet. R. habe sich immer unauffällig verhalten, sagte der aus.
Bei der Durchsuchung der Parzelle durch die Polizei sei er vor Ort gewesen
und habe beobachtet, wie die Beamt*innen Müllsäcke, Klebeband und einen
Benzinkanister aus dem Garten trugen.
22 Jan 2020
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## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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