# taz.de -- Mongolischer Metal erobert die Welt: Martialische Romantik | |
> Mit Stampfen und Slow-Motion-Psychedelic: The Hu gastierten mit ihrem | |
> Pferdekopfgeigen-Metal im Berliner Kesselhaus. | |
Bild: Grimmig gucken muss schon sein im Metal-Betrieb: The Hu aus der Mongolei | |
Das ist wirklich ein flottes Tempo, das die mongolische Metal-Band The Hu | |
auf ihrem Weg zum Erfolg vorgelegt hat: Gegründet 2016 in Ulan-Bator, im | |
Herbst 2018 gab es zwei Videos mit Liedern der Band im Netz zu sehen, was | |
gleich zack, zack millionenfach und weltweit geklickt wurde, im April 2019 | |
schaffte es The Hu mit einem der Songs, [1][„Wolf Totem“] auf Platz eins | |
bei Billboards Hard Rock Digital Song Sales, womit sie als erster | |
mongolischer Act überhaupt mal den Spitzenplatz einer Billboard-Hitparade | |
innehatten. | |
Hübsch an ihrem Namen ist natürlich auch, wie sie sich damit die Erinnerung | |
an die britischen Die-Wer?-Rocker, The Who, einverleibt haben. Und im | |
November des vergangenen Jahres wurden The Hu schließlich mit dem höchsten | |
Staatspreis der Mongolei dekoriert, weil sie die Welt mit mongolischer | |
Kultur vertraut gemacht haben. | |
Möglicherweise aber hat man von offizieller Seite aus gar nicht so genau in | |
die Videos der Band hineingeschaut, die – vorsichtig ausgedrückt – doch | |
einigermaßen krude mit martialischen und männerbündischen Mustern hantieren | |
und einem Mongolentum, für das auch der Dschingis Khan beschworen wird, der | |
Begründer des Mongolischen Reiches Ende des 12. Jahrhunderts. Beim Begucken | |
dieser Bilder könnte man sich jedenfalls gut vorstellen, dass der jeden | |
Moment den Befehl zum Aufsatteln gibt und die große Horde mal wieder gen | |
Westen nach Europa reitet. | |
Aber heute ist man ja eher mit Reisebussen unterwegs zu einer sowieso nur | |
vorübergehenden Inbesitznahme von Bühnen, wo die mongolische Band im Rahmen | |
ihrer Europatournee auch höchst freundlich begrüßt wurde am Mittwochabend | |
im Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei. Das Konzert war ausverkauft. | |
## Mit dem Landsknecht-Schick | |
Ohne die Videobilder schrumpfte das Martialische und Pathetische bei The | |
Hu aber gleich auf das Metal-übliche Maß, dem die Musiker auch in ihren | |
Bühnenklamotten huldigten mit dem gewissen Landsknecht-Schick, mit dem | |
deutsche Mittelalterrocker gleichermaßen schicklich genug gekleidet wären. | |
Für The Hu allerdings interessiert man sich in der Welt, weil es erstens | |
halt überhaupt wenige Mongolen zu sehen gibt im Metal, bei dem die Band | |
zweitens dazu Instrumente und Musiktechniken mitbringt, die schon um | |
einiges spektakulärer sind als die, mit denen ihre deutschen | |
Mittelalterkollegen auf die Bühne kommen. | |
Maultrommel, Flöten und vor allem die mongolischen Pferdekopfgeigen sind | |
eben nicht das übliche Instrumentarium im härteren Rock, dazu gab es bei | |
The Hu auch diesen speziellen, mehrtönigen Kehlgesang zu hören. In ihren | |
Liedern folgen The Hu mongolischen Traditionen, sehr repetitiv, sehr | |
eindringlich, und wenn es mit dem Stampfen für eine Weile doch wieder | |
reichte, wusste die Band für etwas mehr an melodischer Gefälligkeit ihre | |
Pferdekopfgeigenmusik geschickt mit einem fast Beatles-haften Überschwang | |
zu einer wirklich großartigen Slow-Motion-Psychedelic zu formen. | |
Tatsächlich würden The Hu mit anderen Kostümen und Posen auch als prima | |
Postpunk durchgehen (hätten da aber wohl nicht die große Reichweite), und | |
bei ihren zurückgenommeren Beiträgen sollten sogar diejenigen auf ihre | |
Kosten kommen, die der Pferdekopfgeige ansonsten im folkloristischen Umfeld | |
wie zum Beispiel bei Huun-Huur-Tu frönen. | |
## Locker trabende Musik | |
Headbanger dagegen mochten vielleicht einwenden, dass gerade dieser | |
besondere Swing mit der eher locker zur Trance trabenden Musik gar nicht | |
richtig Metal und nicht so ganz ihre Sache sei. Spätestens zum stampfenden | |
Finale aber kamen diese Kopfschüttler schon auch zu ihrem Spaß. | |
Rundherum nur große Begeisterung. Man darf sich doch freuen über ein | |
bisschen mehr an Weltherrschaft der mongolischen Musik. | |
23 Jan 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=jM8dCGIm6yc | |
## AUTOREN | |
Thomas Mauch | |
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