# taz.de -- Präsidentschaftswahl in der Mongolei: Urnengang inmitten der Coron… | |
> In der Mongolei dürfte die regierende Volkspartei die | |
> Präsidentschaftswahl gewinnen. Das könnte Folgen für das demokratische | |
> Gleichgewicht haben. | |
Bild: Der 52-jährige Ukhnaa Khurelsukh gilt als Favorit für die Präsidentsch… | |
PEKING taz | Fast alle politischen Beobachter stimmen seit Jahren dasselbe | |
Klagelied an: Die Mongolei hätte wesentlich mehr mediale Aufmerksamkeit im | |
Westen verdient. Rund 60 Jahre von Kommunisten regiert, behauptet sich die | |
noch junge Demokratie – geografisch wie ein Sandwich zwischen China und | |
Russland gelegen – aller Widrigkeiten zum Trotz. Doch wenn an diesem | |
Mittwoch zwei Millionen Wahlberechtigte ihren Präsidenten wählen, könnte | |
die Demokratie dort erstmals ins Ungleichgewicht geraten. | |
Denn es sieht so aus, als ob die Mongolische Volkspartei (MVP) jetzt alle | |
drei wichtigsten politischen Stützen des Landes für sich beanspruchen | |
könnte. Die heute eher sozialdemokratische Partei ist die Nachfolgepartei | |
der bis 1990 alleinregierenden marxistisch-leninistischen Mongolisch | |
Revolutionären Volkspartei. | |
Die Volkspartei stellt bereits die Regierung und kontrolliert das | |
Parlament. Mit Ukhnaa Khurelsukh könnte sie nun auch den sechsten | |
demokratisch gewählten Präsidenten stellen und damit den jetzigen | |
Amtsinhaber von der Demokratischen Partei ablösen. Der darf nach einer | |
umstrittenen Wahlrechtsänderung nicht wieder kandidieren, galt aber bisher | |
als wichtiges Gegengewicht. | |
Der 52-jährige Khurelsukh, der bis zu seinem erzwungenen Rücktritt im | |
Januar noch Premierminister war, gilt als Favorit.„Das ist eine Belastung | |
für die Demokratie“, sagt Niels Hegewisch, der das Mongolei-Büro der | |
SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung leitet. | |
Kritiker fürchten gar, die MVP könnte mit solcher dann wieder | |
konzentrierten Macht das demokratische System aushebeln. Hegewisch hält das | |
aber für unwahrscheinlich: Die Partei habe ja selbst maßgeblich | |
mitgeholfen, erstmals ein demokratisches System nach dem Ende ihrer | |
kommunistischen Einparteienherrschaft aufzubauen. | |
## Knapp 60 Prozent bereits vollständig geimpft | |
Der Wahlkampf war jetzt vor allem auf Personen zugeschnitten. „Meist geht | |
es bei der mongolischen Politik nicht um Inhalte, sondern um Personen: Wer | |
ist der stärkere Mann? Wer hat die schönere Frau? Wer kann besser reiten?“, | |
sagt Hegewisch. | |
Die wirklich wichtigen Themen hingegen kommen selten zur Sprache: Wie man | |
etwa mit der wachsenden wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Nachbarn China | |
umgehen sollte oder die Korruption und die katastrophale Luftverschmutzung | |
bekämpfen kann. | |
Größere Wahlkampfveranstaltungen fielen jetzt covidbedingt aus. Denn die | |
Wahl erfolgt inmitten einer neuen Coronawelle mit rund 2.000 Neuinfektionen | |
pro Tag, was für ein Land mit nur etwas mehr als drei Millionen Einwohnern | |
besorgniserregend ist. | |
Dass es bislang nicht zum erneuten Lockdown kam, hat wohl mit | |
Wahlkampfkalkül zu tun. Dabei hat die Mongolei zuletzt stark von der | |
Impfstoffdiplomatie Russlands und vor allem Chinas profitiert.Denn beide | |
Nachbarn haben so viele Vakzine geliefert oder zugesagt, dass die Mongolei | |
mittlerweile die gesamte Bevölkerung durchimpfen kann. | |
Knapp 60 Prozent der 3,3 Millionen Mongolen haben schon beide Dosen | |
injiziert bekommen. In der Hauptstadt Ulan-Bator kann man statistisch | |
bereits von Herdenimmunität sprechen, denn deutlich über 80 Prozent der | |
Bewohner haben dort zumindest ihre erste Spritze erhalten, unter den | |
Erwachsenen sind es fast 100 Prozent. | |
Dass sich das Virus jetzt aber troztdem weiter ausbreitet, spricht wohl | |
gegen den absoluten Schutz der zahlenmäßig dominierenden chinesischen | |
Vakzine. Die verhindern zwar offenbar einen sehr schweren Verlauf, aber | |
nicht immer eine Ansteckung. „Die Impfdiplomatie ist eine Frucht, die aus | |
der geografischen Lage heraus entstand. Schon zu sozialistischen Zeiten war | |
es für die Mongolei immer wichtig, gleichzeitig gute Beziehungen zu China | |
und Russland zu halten – und die Nachbarn manchmal auch gegeneinander | |
auszuspielen“, sagt Hegewisch. | |
Sowohl China wie Russland haben starkes Interesse an stabilen Beziehungen | |
zur Mongolei – allen voran wegen deren reichhaltiger [1][Ressourcen] wie | |
etwa Kohle. Zugleich beobachten beide Weltmächte aus strategischen Gründen | |
den Einfluss des jeweils anderen mit Argwohn. | |
9 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Rohstoffe-in-der-Mongolei/!5319308 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
## TAGS | |
Mongolei | |
Präsidentschaftswahl | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Russland | |
China | |
GNS | |
Mongolei | |
Mongolei | |
Mongolei | |
Mongolei | |
Rohstoffe | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Jugend protestiert in Mongolei: Gegen Korruption mit Kohle | |
In der Hauptstadt Ulan Bator protestieren junge Menschen gegen massiven | |
Kohleschmuggel nach China. Das setzt Regierung und Parlament unter Druck. | |
Präsidentschaftswahl in der Mongolei: Macho mit Traditionsbewusstsein | |
Ukhnaa Khurelsukh ist neuer Präsident der Mongolei. Er zeigt sich auch mal | |
mit nacktem Oberkörper und Jagdgewehr. Sein Vorbild ist offensichtlich. | |
Parlamentswahl in der Mongolei: Ernüchtert an die Urne | |
Die Mongolei hat vor den Parlamentswahlen den Verkauf von Alkohol verboten. | |
Wirtschaftsprobleme treiben indes immer mehr Menschen in die Armut. | |
Mongolischer Metal erobert die Welt: Martialische Romantik | |
Mit Stampfen und Slow-Motion-Psychedelic: The Hu gastierten mit ihrem | |
Pferdekopfgeigen-Metal im Berliner Kesselhaus. | |
Deutsche Rohstoffstrategie: Lehrgeld in Ulan-Bator | |
Die Rohstoffstrategie der deutschen Industrie in der Mongolei ist | |
gescheitert. Das hat Folgen für die noch junge Demokratie. |