# taz.de -- Energiepläne der EU-Kommission: Klimapaket in der Kritik | |
> Geld für deutsche Kohleregionen, für AKWs in Frankreich nicht. Ursula von | |
> der Leyen hat den Etat zur Umwandlung der Energiewirtschaft geschrumpft. | |
Bild: Das Kraftwerk Bełchatów in Polen ist das weltgrößte Braunkohlekraftwe… | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission will deutschen Kohleregionen finanziell | |
unter die Arme greifen, den Ausstieg aus der Kernkraft in Osteuropa jedoch | |
ebenso wenig fördern wie den Bau neuer Atomkraftwerke etwa in Frankreich. | |
Dies geht aus einem Entwurf für den „Fonds für den gerechten Wandel“ | |
hervor, den die Brüsseler Behörde am Dienstag vorstellen will. | |
Der Fonds ist ein zentraler Baustein des „European Green Deal“, [1][den | |
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt hat]. Mit ihrem | |
Plan will die CDU-Politikerin Europa bis 2050 klimaneutral machen. Der | |
Umbau der Wirtschaft soll sozialverträglich abgefedert werden, um Proteste | |
wie bei den Gelbwesten in Frankreich zu vermeiden. | |
Insgesamt hat die EU bis zu 100 Milliarden Euro versprochen, um den | |
„gerechten Wandel“ zu fördern und die Klimapolitik sozialverträglich zu | |
gestalten. Der erste Entwurf aus Brüssel, der der taz vorliegt, bleibt | |
jedoch weiter hinter diesem Ziel zurück. Darin ist lediglich von 30 bis 50 | |
Milliarden Euro die Rede – verteilt auf sieben Jahre. | |
Aus dem EU-Haushalt sollen sogar nur 7,5 Milliarden kommen, der Rest wird | |
aus den Töpfen für Regional- und Sozialpolitik abgezweigt. Auch die | |
EU-Staaten sollen in die Tasche greifen, um Regionen wie die Lausitz oder | |
das Rheinland vom „schwarzen Gold“ zu entwöhnen. Wie das | |
100-Milliarden-Ziel erreicht werden soll, bleibt unklar. | |
## Förderung von Start-ups steht an erster Stelle | |
Sehr deutlich wird die EU-Behörde hingegen, wenn es um die Ziele des „Just | |
Transition Fund“ geht. An erster Stelle steht die Förderung von Start-ups | |
und kleineren Unternehmen – also klassische Wirtschaftspolitik. Die | |
Umschulung von Kohlekumpeln und die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt | |
kommt hingegen unter ferner liefen. | |
Für Ärger dürfte auch die Anti-Atomkraft-Klausel sorgen. „Die Stilllegung | |
oder der Neubau“ von AKWs dürfe nicht aus den Mitteln des neuen EU-Fonds | |
gefördert werden, heißt es im Entwurf ausdrücklich. Damit enttäuscht von | |
der Leyen die Hoffnungen der Osteuropäer, aber auch der Franzosen oder | |
Belgier. | |
## Osteuropäer setzen weiter auf Kohle und Atomkraft | |
Beim letzten EU-Gipfel im Dezember hatten sich Tschechien und Ungarn | |
offensiv für die Atomkraft eingesetzt. Ohne diese umstrittene Technologie | |
sei der Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft nicht zu schaffen, warnte | |
Tschechiens Premier Andrej Babiš. Im Gipfelbeschluss wurde betont, dass | |
mehrere EU-Staaten auf Atomkraft setzen. | |
Auch in Polen dürfte der Vorschlag aus Brüssel auf wenig Gegenliebe stoßen. | |
[2][Das Land ist mehr als jedes andere auf die Kohle angewiesen.] Premier | |
Mateusz Morawiecki weigerte sich im Dezember, das Ziel der Klimaneutralität | |
bis 2050 zu unterschreiben. Er will sich erst im Juni festlegen – und auch | |
dann nur zustimmen, wenn er genug EU-Hilfen bekommt. | |
## Kritik kommt von den Grünen | |
Beim ersten Entwurf kommt die Kommission Warschau jedoch nicht entgegen. | |
Eher sieht es so aus, als verteile von der Leyen die Gelder per Gießkanne. | |
„Der ‚Just Transition Fund‘ wird allen Mitgliedstaaten Unterstützung | |
leisten“, heißt es dort. Auch Deutschland soll profitieren, obwohl der Bund | |
bereits Milliarden für die Kohleregionen angekündigt hat. Dagegen müssen | |
ärmere EU-Regionen mit Kürzungen rechnen. Denn aus den Kohäsions- und | |
Strukturfonds wird Geld abgezogen, um die neue Klimapolitik zu finanzieren. | |
Aus dem Europaparlament kommt bereits Kritik. Mit „hochgerechneten“ 7,5 | |
Milliarden Euro über 7 Jahre könne man „gar nichts anstellen“, sagte der | |
Grünen-Abgeordnete Niklas Nienaß. Die EU brauche 100 Milliarden und müsse | |
dafür neue Eigenmittel bekommen, etwa aus der Plastiksteuer. | |
13 Jan 2020 | |
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[1] /Von-der-Leyens-Green-Deal/!5645980 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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