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# taz.de -- Boxer Tyson Fury: PR ohne Faszination
> Tyson Fury führt ein Boxerleben wie aus dem Roman. Wie viel davon echt
> ist und wie viel PR, kann längst keiner mehr so ganz genau sagen.
Bild: Lohnender Treffer: Tyson Fury haut den Schweden Otto Wallin
Wenigstens kämpfen sie nicht in [1][Saudi-Arabien], mag sich denken, wer
verfolgt, was so alles berichtet wird vor dem Kampf der Schwergewichtsboxer
[2][Tyson Fury und Deontay Wilder] um den Weltmeistertitel des Verbands
WBC. Die beiden werden im Februar gegeneinander boxen. Bis dahin gilt es,
das Publikum zu füttern. Vor allem die Geschichte von Tyson Fury wird ein
ums andere Mal erzählt werden.
Dann werden wir wieder lesen, was der heute 31 Jahre alte Brite so alles
durchgemacht hat in seinem Leben. An seinen Sieg gegen Wladimir Klitschko
2015 wird erinnert werden, der ihm eine Handvoll Weltmeistertitel
eingebracht hat. Sein Absturz danach wird Thema sein, dass er gesoffen hat
wie ein Loch, Drogen konsumiert hat, in eine tiefe Depression gefallen ist,
seinen Ferrari auf über 300 km/h beschleunigt hat, um sich mit ihm zu Tode
zu rasen.
Über seine bipolare Störung wird zu lesen sein und darüber, dass er wegen
homophober Äußerungen für die Rolle als Musteropfer des Leistungssports
vielleicht doch nicht wirklich geeignet ist; dass er also ein guter Boxer
und ein begnadetes Arschloch sein kann. Ein Leben wie ein Roman, möchte man
meinen. Doch den wird keiner schreiben wollen.
## Geplante Wertsteigerung
Auch das hat mit Furys Geschichte zu tun. Der hat schon einmal gegen den
Amerikaner [3][Deontay Wilder] um einen WM-Titel gekämpft. Vor gut einem
Jahr war das. Unentschieden ist der Kampf ausgegangen. Und als alle Boxwelt
auf die Bekanntgabe des Termins für einen erneuten Kampf zwischen den
beiden gewartet hat, unterschrieb Fury einen Vertrag mit dem US-Sportsender
ESPN und begab sich in die Hände des 88-jährigen Promoters Bob Arum, der
schon dabei war, als Muhammad Ali seine Profikarriere begonnen hatte. Arum
hat entschieden, dass Fury in den USA bekannter werden muss, bevor die
beiden wieder in den Ring steigen.
Beim Hinkampf hatten in den Staaten 325.000 Boxfans je 74 Dollar bezahlt,
um sich den Kampf am Fernseher anzuschauen. Da geht noch mehr, entschieden
Furys Manager, schickten den 2,06-Meter-Hünen zu zwei Kämpfen in den Ring,
schrieben so die Geschichte des ungeschlagenen Boxers weiter, erzählten
sein irres Leben und ließen sich so viel Gedöns einfallen, dass man die
wahre Lebensgeschichte nicht mehr von der PR um den Kämpfer unterscheiden
konnte. Auch der Flirt mit einer Wrestling-Karriere gehört dazu. Damit
sollte Fury so groß gemacht werden wie der große Muhammad Ali, der sich ja
auch einmal auf ein Duell im Wrestling-Ring eingelassen hat.
Wer hat da in all diesem Werbemüll noch Lust, sich wirklich mit dem irren
Leben dieses Mannes zu beschäftigen? Dabei haben die Geschichten einfacher
Kerle, die sich im Ring zu einem würdigen Leben hochboxen, viele Literaten
und Filmemacher fasziniert. Eine davon, die des deutschen Boxers Paul
Samson-Körner, wird derzeit auf der Bühne des Berliner Ensembles erzählt.
Aufgeschrieben hat das Leben des Boxers einst Bertolt Brecht für eine
Sportzeitschrift. Warum ihn Boxen im Gegensatz zu anderen Sportarten so
fasziniert hat? Es sei eben ein Kampf, heißt es im Text, kein Spiel wie
etwa Fußball.
Heute ist Boxen PR und alles andere als ein Faszinosum.
12 Jan 2020
## LINKS
[1] /Boxen-und-Menschenrechte/!5647985
[2] https://www.worldboxingnews.net/2020/01/03/exclusive-tyson-fury-wilder-ali-…
[3] /Box-WM-im-Schwergewicht/!5640445
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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