# taz.de -- Auskunftsrechte von Journalisten: Medien wollen mehr | |
> Journalisten, Verlage und Sender fordern vom Bundestag endlich ein | |
> Presseauskunftsgesetz. Denn seit 2013 besteht dort eine Lücke. | |
Bild: Journalistisches Interesse am Staat: Mikrofone bei einer Pressekonferenz | |
Ein breites Medienbündnis fordert vom Bundestag, endlich ein | |
[1][Presseauskunftsgesetz] auf Bundesebene zu schaffen. Das Bündnis | |
unterstützt dabei Anträge von Grünen und FDP. Deren Ablehnung käme einer | |
„Missachtung journalistischer Arbeit“ gleich, [2][heißt es in einer am | |
Dienstag veröffentlichten Erklärung]. | |
Dem Bündnis gehören neben den Journalistengewerkschaften und den | |
Verlegerverbänden auch das Netzwerk Recherche, der Deutsche Presserat, der | |
Verband privater Medien sowie ARD und ZDF an. Ihre gemeinsame Parole: | |
„Medienauskunftsgesetz jetzt!“ | |
Die Lücke, die ein derartiges Gesetz schließen soll, besteht seit 2013. Bis | |
dahin galt für Medienanfragen an Bundesbehörden das Pressegesetz des | |
jeweiligen Bundeslandes, in dem die Behörde ihren Sitz hatte. Für Anfragen | |
an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Zirndorf galt zum | |
Beispiel das bayerische Pressegesetz. | |
Völlig überraschend stellte jedoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig | |
2013 fest: Für Presseauskünfte gegen Bundesbehörden ist ein Bundesgesetz | |
erforderlich. Ohne ein entsprechendes Bundesgesetz gelte nur ein | |
„Minimalstandard“, der unmittelbar aus dem Grundrecht auf Pressefreiheit | |
abzuleiten sei. Seit 2013 wird deshalb über die Einführung eines | |
entsprechenden Bundes-Presseauskunftsgesetzes diskutiert. | |
## Bundes- oder Landessache? | |
Die Sache verkomplizierte sich, als bei einer ersten | |
Sachverständigenanhörung mehrere Rechtsprofessoren behaupteten, der | |
Bundestag dürfe gar kein derartiges Gesetz beschließen, denn Presserecht | |
sei Landessache. Auch die Hoffnung, das Bundesverfassungsgericht werde den | |
Kompetenzstreit klären, zerschlug sich 2015. Karlsruhe löste den damaligen | |
Fall, ohne Klarheit in der Kompetenzfrage zu schaffen. | |
Derzeit liegen dem Bundestag zwei konkrete Initiativen vor. Die Grünen | |
haben 2018 einen Gesetzentwurf eingebracht, dazu kommt ein Antrag der FDP. | |
Beide wollen Journalisten einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft | |
gegenüber Bundesbehörden und Bundesministerien garantieren. Es soll aber | |
auch die aus den Landesgesetzen bekannten Ausnahmen geben, etwa wenn | |
„öffentliche Interessen“ überwiegen oder „schutzwürdige Interessen Dri… | |
entgegenstehen. | |
Der Innenausschuss des Bundestags hat Ende September mit den Stimmen der | |
Großen Koalition empfohlen, dass das Bundestagsplenum beide Initiativen | |
ablehnen soll. Auf eine Begründung wurde verzichtet. Dies könnte daran | |
liegen, dass sich die Regierungskoalition uneinig ist. | |
Die SPD ist eigentlich für ein Gesetz. Sie hat sogar schon einen eigenen | |
Entwurf für ein „Medieninformationszugangs- und -auskunftsgesetz“ in der | |
Schublade. Allerdings konnte sich die SPD bisher nicht gegenüber dem | |
Koalitionspartner CDU/CSU durchsetzen. Der medienpolitische Sprecher der | |
SPD-Fraktion Martin Rabanus schloss sich deshalb ausdrücklich den | |
Forderungen des Medienbündnisses an den Bundestag an. | |
## Eine Auskunftspflicht gibt es auch jetzt schon | |
Das Fehlen eines Gesetzes hat bisher allerdings keine dramatischen Folgen. | |
Das Bundesverwaltungsgericht garantiert den direkt aus dem Grundgesetz | |
folgenden Auskunftsanspruch der Presse. Behörden des Bundes sind also auch | |
jetzt grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet. Inzwischen ist in Leipzig | |
auch nicht mehr von einem „Minimalstandard“ die Rede, vielmehr geht das | |
Gericht jetzt vom gleichen Standard aus wie die Landespressegesetze. | |
Erst [3][im Oktober verfügte das Bundesverwaltungsgericht] auf dieser | |
Grundlage, dass der Berliner Journalist Jost Müller-Neuhof (Tagesspiegel) | |
Informationen über Hintergrundgespräche des Bundesnachrichtendienstes | |
erhält. Allerdings gehen die Initiativen von Grünen und FDP teilweise über | |
den üblichen Standard hinaus. So soll es neben der Auskunftspflicht der | |
Bundesbehörden auch noch ein Akteneinsichtsrecht für Journalisten geben. | |
Dies würde die Recherchemöglichkeiten verbessern. Zwar gibt es solche | |
Einsichtsrechte schon aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes des | |
Bundes. Presserechtliche Ansprüche wären aber stärker, zum Beispiel weil | |
sie auch gegenüber Geheimdiensten gälten. | |
Auch das breite Medienbündnis äußert nun Zusatzwünsche wie ein | |
Akteneinsichtsrecht oder ein praxistaugliches Eilverfahrensrecht. | |
Vielleicht liegt in solchen Verbesserungen sogar das Hauptinteresse an | |
einem neuen Gesetz. | |
11 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Gruene-wollen-Presseauskuenfte-regeln/!5301194 | |
[2] https://www.djv.de/startseite/service/news-kalender/detail/aktuelles/articl… | |
[3] /Urteil-des-Bundesverwaltungsgerichts/!5624632 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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