# taz.de -- Auschwitz-Besuch von Angela Merkel: Nicht mit leeren Händen | |
> Erstmals besucht Kanzlerin Merkel seit ihrem Amtsantritt vor 14 Jahren | |
> das ehemalige NS-Lager Auschwitz. Sie bringt Geld zur Instandhaltung mit. | |
Bild: Besuch der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Bi… | |
WARSCHAU taz | Immer wieder besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihren | |
bisher 14 Amtsjahren Polen. Sie kennt inzwischen viele polnische Städte. | |
Nur einen Ort hatte sie bislang gemieden: Oświęcim mit dem ehemaligen | |
nazi-deutschen [1][Konzentrations- und Vernichtungslager | |
Auschwitz-Birkenau]. Sie nahm an keiner der jährlichen Gedenkfeiern zur | |
Befreiung des KZs am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee teil. | |
Doch wenn sie am Freitag nach Auschwitz kommt – auf Einladung der Stiftung | |
Auschwitz-Birkenau –, wird sie es nicht mit leeren Händen tun. Bund und | |
Länder wollen das bisherige Stammkapital der Stiftung um jeweils 30 | |
Millionen Euro aufstocken. Merkel wird dies am Freitag verkünden. | |
„Als wir vor zehn Jahren die Stiftung Auschwitz-Birkenau gründeten, gingen | |
wir davon aus, dass das angestrebte 120-Millionen-Euro-Stammkapital | |
genügend Zinsen abwerfen würde, um damit die jährlichen | |
Instandhaltungskosten begleichen zu können“, erklärt Stiftungs- und | |
Gedenkstätten-Direktor Piotr Cywiński. | |
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der polnische Staat die Kosten für alle | |
ehemaligen deutschen NS-Lager-Gedenkstätten auf polnischem Boden allein | |
getragen. „Doch dann kam die Finanzkrise“, so Cywiński weiter. „Von allen | |
Regierungen, die unsere Stiftung unterstützen, reagierte die deutsche als | |
erste und bot 60 Millionen Euro zur Erhöhung des Stammkapitals an.“ | |
## Für Besucher zugänglich | |
Man habe dann vereinbart, dass die Kanzlerin zum zehnjährigen Bestehen der | |
Stiftung anreisen und in Auschwitz-Birkenau die Erhöhung des deutschen | |
Anteils am Stammkapital um weitere 60 Millionen Euro bekannt geben werde, | |
wodurch das Stammkapital damit zunächst auf 180 Millionen Euro steigt. Die | |
„Sauna“, in der dies geschehen soll, diente als große Dusch- und | |
Entwesungsanlage für die neu in Auschwitz-Birkenau eintreffenden Juden aus | |
ganz Europa. Das Gebäude wurde in den letzten Jahren instand gesetzt und | |
ist seither für Besucher zugänglich. | |
Begleitet wird die Kanzlerin von Polens Premier Mateusz Morawiecki und dem | |
Auschwitz-Überlebenden Bogdan Bartnikowski. Ronald Lauder, der Vorsitzende | |
des Jüdischen Weltkongresses, wird aus New York anreisen, um der Kanzlerin | |
die Arbeit der Konservatoren in Auschwitz vorzustellen. | |
Auch Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in | |
Deutschland, wird Merkel auf ihrem Gang durch das Tor mit der berüchtigten | |
Aufschrift „Arbeit macht frei“ ins sogenannte Stammlager Auschwitz I und | |
später ins drei Kilometer entfernt liegende ehemalige Vernichtungslager | |
Auschwitz II (Birkenau) begleiten. | |
Im Stammlager wird die Kanzlerin mit einer Schweigeminute Tausender | |
Nichtjuden gedenken, die hier erschossen wurden. Insgesamt starben hier | |
rund 100.000 Menschen, darunter rund 70 000 bis 80.000 ethnische Polen. | |
## Einen Kranz niederlegen | |
Im ehemaligen NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau wird die Kanzlerin | |
den Gleisen durch das breite Tor bis zur Rampe folgen, in der „Sauna“ eine | |
Rede halten und am Mahnmal zwischen den beiden großen Gaskammer-Ruinen | |
einen Kranz niederlegen für die über eine Million europäischer Juden, die | |
hier ermordet wurden. | |
Auch wenn Auschwitz-Birkenaus heute weltweit als Symbol für die Schoah | |
angesehen wird, so sind die meisten polnischen Juden doch nicht hier, | |
sondern in den drei Lagern der sogenannten „Aktion Reinhard“ weiter östlich | |
ermordet wurden: Treblinka bei Warschau, Sobibor und Belzec bei Lublin. | |
Auch das ehemalige deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek | |
gehört teilweise dazu. Insgesamt töteten die Deutschen über 90 Prozent | |
aller damals in Polen lebenden Juden – über 3 Millionen von einst 3,5 | |
Millionen polnischen Juden. | |
Doch in die Gedenkstätten ins heutige Ostpolen zieht es deutsche Politiker | |
noch weniger als in das symbolträchtige Auschwitz, wo vor Merkel auch die | |
Kanzler Helmut Schmidt und Helmut Kohl den Opfern der Nazi-Okkupation in | |
Polen gedachten. | |
6 Dec 2019 | |
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[1] /ZDF-Doku-zu-Juedischsein-in-Berlin/!5628363 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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