| # taz.de -- Berliner CDU entdeckt Umweltschutz: Erst mal nur 13 Seiten Papier | |
| > Die Christdemokraten entdecken auf einem Kleinen Parteitag den | |
| > Umweltschutz für sich – und fischen damit bei konservativen | |
| > Grünen-WählerInnen. | |
| Bild: Dachbegrünung in der Berliner Innenstadt, demnächst auch powered by CDU | |
| Es gab und gibt schon die Klima-Kanzlerin, den sich immer grüner gebenden | |
| CSU-Chef Markus Söder, jüngst auch ungewohnt Öko-Äußerungen der | |
| Brandenburger CDU in den dortigen Koalitionsgesprächen. Da passt es | |
| komplett ins Bild, wenn nun auch die Berliner Christdemokraten den | |
| Umweltschutz für sich entdecken. Einen 13-seitigen Leitantrag haben sie bei | |
| einem kleinen Parteitag am Dienstagabend beschlossen, mit vielen Passagen, | |
| die auch in einem Grünen-Papier stehen könnten. | |
| Da geht es um die [1][Begrünung von Dächern und Fassaden], außerdem um ein | |
| Einwegbecher-Pfandsystem – ein solches war auch erst jüngst von der grünen | |
| Umweltsenatorin Regine Günther längs zweier U- und S-Bahn-Linien angedacht | |
| worden. Auch das von Regierungschef Michael Müller von der SPD promotete | |
| 365-Euro-Ticket für Bus und Bahn finden die Christdemokraten gut. Und als | |
| ureigenen Höhepunkt: ein „Tempelhofer Wald“ auf dem ehemaligen dortigen | |
| Flughafengelände. | |
| Die CDU selbst will natürlich nichts davon hören, dass sie nun den Grünen | |
| hinterherlaufe. Nein, Nachhaltigkeit sei ein urkonservatives Thema, war am | |
| Dienstagabend von Parteichef Kai Wegner zu hören. Rein ethymologisch hat er | |
| unbestritten recht: Konservativ hat die gleiche Wurzel wie Konserve, man | |
| bewahrt etwas – in diesem Fall die Schöpfung, wo sich dann auch das | |
| Christliche im Namen der Partei bemerkbar machen könnte. | |
| ## Viel Glaubwürdigkeit verloren | |
| Wegner ist aber klug genug, nicht so zu tun, als seien Konservativen seit | |
| jeher die Speerspitze der Ökobewegung gewesen – auch wenn er daran | |
| erinnert, dass der erste deutsche Umweltminister ein CDUler war. Walter | |
| Wallmann war das, 1986 von Kanzler Helmut Kohl ins neugeschaffene Amt | |
| geholt. Nein, „durchaus selbstkritisch“ fügt er hinzu, die Union habe „b… | |
| Thema Nachhaltigkeit in der Vergangenheit Glaubwürdigkeit verloren“ – ohne | |
| das zeitlich genauer festzumachen. | |
| Wegner zielt damit merklich auf bürgerlich-konservative und zugleich | |
| umweltbewusste Wähler, die derzeit [2][wegen der Umweltpolitik die Grünen | |
| unterstützen]. Seine mutmaßliche Rechnung: Wenn wir denen, die | |
| lebensweltlich eigentlich näher bei uns sind als bei der linksgeprägten | |
| grünen Kreuzberg-Klientel, auch ein Öko-Angebot machen, kriegen wir die. | |
| Das ist auch erst mal gut so: Je mehr Parteien sich hinter den Umweltschutz | |
| stellen, umso besser. Es ist auch nicht so, dass der jetzt beschlossene | |
| Leitantrag bloß Phrasendrescherei wäre. Und in Danny Freymark hat die | |
| CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus auch einen umweltpolitischen Sprecher, der | |
| das glaubhaft vertreten kann. | |
| Fraglich, sehr fraglich, ist bloß, wie viel Gewicht alle diese | |
| Öko-Ankündigungen bei den Christdemokraten haben, wenn es hart auf hart | |
| kommt. Viel geht tatsächlich in einem Miteinander, wie es ja auch die | |
| Grünen zunehmend promoten, denn [3][Ökologie und Ökonomie] seien ja keine | |
| Gegensätze. | |
| Aber an bestimmten Punkten stehen klare Entscheidungen an: Mehr Platz fürs | |
| Auto oder für Bus, Bahn und Fahrrad? Carte blanche für | |
| Wirtschaftsansiedlungen oder nur mit klaren Umweltvorgaben, auch um den | |
| Preis, Jobs zu riskieren? Erst dann kann und wird sich zeigen, wie ernst es | |
| der CDU tatsächlich mit Umweltschutz und Nachhaltigkeit ist. Bis dahin | |
| bleiben die Öko-Ankündigungen vom Dienstagabend nur eins: 13 Seiten | |
| bedrucktes Papier. | |
| 13 Nov 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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