# taz.de -- Abfallpolitik: Saubere Visionen für Berlin | |
> Umweltsenatorin Günther (Grüne) will mit Secondhand-Kaufhäusern und | |
> Pfandbecherprojekt näher ans Leitbild der „Zero-Waste-City“ heran kommen. | |
Bild: Soll durch ein neues Pfandsystem seltener werden: Weggeschmissener Einweg… | |
Mit mehr Aufklärung über die richtige Mülltrennung, drei bis vier großen | |
Secondhand-Kaufhäusern samt Reparaturstellen und einem Pfandbecherprojekt | |
entlang zweier stark befahrener S- und U-Bahn-Strecken will Umweltsenatorin | |
Regine Günther näher an das Leitbild der „Zero Waste City Berlin“ | |
herankommen. Auch bei Speiseabfällen sieht sie noch viel | |
Verbesserungsbedarf – der mache in Gastronomiebetrieben bis zu 70 Prozent | |
des Restmülls aus. | |
„Nur mit Verboten wird es uns nicht gelingen – es muss auch der Impuls da | |
sein, etwas zu verändern“, sagte Günther am Dienstag nach der Senatssitzung | |
vor Journalisten. Ihren Regierungskollegen hatte sie zuvor einen | |
Fortschrittsbericht zum Thema „Zero-Waste-City Berlin“ gegeben. Zero Waste | |
– null Müll – ist laut Günther dabei nicht wörtlich zu nehmen: Dieses | |
Leitbild gehe „nicht davon aus, dass wir keinen Abfall mehr haben, sondern | |
in einem fortwährenden Prozess immer weniger“, sagte die Senatorin. | |
Die „Zero-Waste-City“ hatten die Berliner Grünen bei einem Parteitag im | |
Frühjahr 2018 gefordert und diese Forderung seither in der rot-rot-grünen | |
Koalition in Senatspolitik umgesetzt. Schon vorher, 2017, startete die | |
Mehrweg-Initiative „Better World Cup“. Dabei geben berlinweit mehr als | |
1.000 Lokale oder Cafés Rabatt für einen Kaffee im Mehrwegbecher – und | |
zeigen sich überhaupt grundsätzlich bereit, ihren Kaffee dort reinzufüllen. | |
Offenbar mit der Erkenntnis, dass nicht jeder und jede den eigenen Becher | |
immer zur Hand hat, schwebt Günther nun ein Pfandsystem für Kaffeebecher | |
vor. Das will sie längs zweier Bahnlinien ausprobieren lassen: An den | |
Bahnhöfen der Stadtbahn, also vom Westkreuz bis zum Ostkreuz, und an denen | |
der U-Bahn-Linie 2 sollen Fahrgäste ihren Kaffee samt Becherpfand an jeder | |
Station kaufen und zurückgeben können. | |
Ein Problem besteht dabei laut Günther darin, dass vielen Verkaufsständen | |
ein Wasseranschluss zum Spülen fehle. Das soll sich lösen lassen, indem | |
schmutzige Becher ab- und frische herantransportiert werden. Damit die | |
Ökobilanz stimmt, sollen das nicht Dieseltransporter, sondern Lastenräder | |
übernehmen. | |
Parallel setzt Günther auf Umweltbildung. „Es muss das Bewusstsein dafür | |
geschärft werden, dass die Dinge nicht in den Abfall gehören.“ Auf die | |
Frage, wie sie Zugang zu Gruppen bekommen wolle, die ebendieses Bewusstsein | |
gar nicht haben, verwies sie auf geplante Informationsprogramme in | |
Großsiedlungen, von [1][Infobroschüren] bis zu persönlichen Gesprächen. | |
„Die Leute sind willig“, gab sich Günther optimistisch. | |
Günther will auch den Secondhand-Kauf attraktiver machen und plant mehrere | |
solcher Kaufhäuser, die ausdrücklich nicht nur ein Angebot für Bedürftige | |
sein sollen. „Es soll schick sein“, sagt Günther – was ein bisschen an d… | |
etwas [2][exquisititeren „Vintage“-Bereich in den bereits existierenden | |
Humana-Kaufhäuser] erinnerte. Betreiber kann, aber müsse nach ihren Worten | |
nicht die landeseigene BSR sein. Dort sollen sich auch defekte | |
Elektrogeräte reparieren lassen – das wolle man ja oft, sagte Günther aus | |
eigenem Erleben. Oft findet sich aber nach ihren Worten gar niemand, der es | |
reparieren kann, weshalb ein vielleicht nur leicht defektes Gerät schon mal | |
ungewollt im Müll landet. | |
5 Nov 2019 | |
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[2] https://www.humana-second-hand.de/mode/first-class.html | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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geben. |