# taz.de -- Politiker Karamba Diaby über Rassismus: „Es fehlt ein Bekenntnis… | |
> Deutschland muss antischwarzen Rassismus bekämpfen, sagt der SPDler | |
> Karamba Diaby. Am Donnerstag besuchen Schwarze Aktivist*innen den | |
> Bundestag. | |
Bild: Der Kolonialismus müsse endlich aufgearbeitet werden, sagt Karamba Diaby | |
taz: Herr Diaby, am Donnerstag treffen Sie sich im Bundestag mit | |
Teilnehmenden der People of African Descent Week, einer Konferenz, bei der | |
es um die Situation von Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland | |
geht. Wie ist deren Lage hierzulande? | |
Karamba Diaby: Wir reden hier von einer kleinen Minderheit, etwa einer | |
Million Menschen. Aber diese Gruppe ist mit am stärksten von [1][Rassismus] | |
betroffen. Deswegen ist es längst überfällig, dass sich Menschen | |
afrikanischer Abstammung in Deutschland zusammenfinden und stärker | |
vernetzen. Rassismus schränkt ihre gesellschaftliche und politische | |
Teilhabe enorm ein. Gerade die Geflüchteten und jungen Leute unter ihnen | |
sind noch einmal besonders von Ausgrenzung betroffen. | |
Schwarze Menschen in Deutschland sind aber eine sehr heterogene Gruppe, | |
viele leben seit Generationen in Deutschland. Trotzdem werden sie oft als | |
„fremd“ oder „Migrant*innen“ markiert. | |
Stimmt. Menschenfeindlichkeit ist mitten in der Gesellschaft angekommen. | |
Das wird leider durch politische Debatten noch befeuert: Gerade erst hat | |
Alexander Gauland für die AfD in seiner Rede zum Haushalt mehrere Minuten | |
lang nur über „Afrikaner“ gesprochen. Solche Reden von einem | |
Spitzenpolitiker zu hören, ist letztlich auch Grundlage für Gewalttaten. | |
Welche Rolle spielt der Kolonialismus heute noch? | |
Eine große. Viele [2][Folgen des Kolonialismus mit seinen vernichtenden | |
Konsequenzen] sind noch immer nicht aufgearbeitet und existieren fort. Ich | |
erinnere nur an Herrn Nooke, den Afrikabeauftragten der Bundesregierung, | |
[3][der sich schon mehrfach auf eine Art und Weise geäußert hat, die an das | |
Gedankengut der Kolonialzeit erinnert.] Wenn wir das nicht erkennen und | |
angehen, werden wir beim Thema Rassismus kaum weiterkommen. | |
Die Konferenz findet im Rahmen der UN-Dekade für Menschen afrikanischer | |
Herkunft statt, die 2015 gestartet wurde und im Rahmen derer die Staaten | |
gegen strukturelle Diskriminierung Schwarzer Menschen vorgehen sollen. Wie | |
wichtig ist Ihnen das? | |
Es ist mir sehr wichtig. Anerkennung und Gerechtigkeit für die afrikanische | |
Community muss endlich in den Mittelpunkt gestellt werden und öffentliche | |
Aufmerksamkeit bekommen. Deutschland hat sich verpflichtet, antischwarzen | |
Rassismus zu bekämpfen. Jetzt müssen Taten folgen. Das geht aber nur, wenn | |
ein gewisser Druck der Zivilgesellschaft da ist. | |
Auf EU-Ebene gab es im März eine eigene Resolution zu dem Thema. In | |
Deutschland wurde die Dekade 2016 feierlich eröffnet – seitdem ist aber | |
nicht mehr viel passiert. Woran hapert es? | |
Es stimmt leider: Anders als bei anderen Dekaden gibt es keine | |
Gesamtstrategie der Bundesregierung und kein Bekenntnis aus dem Parlament. | |
Es war aber ein wichtiger symbolischer Schritt, dass die | |
Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Konferenz 2016 feierlich im | |
Bundesfamilienministerium eröffnet hat. Außerdem werden verschiedene | |
Organisationen finanziell gefördert, das ist ein wichtiger Schritt in die | |
richtige Richtung. | |
Sie sagen, es fehlt ein Bekenntnis des Parlaments. Nun sind Sie ja selbst | |
Parlamentarier. Mangelt es an Rückhalt in der eigenen Fraktion? | |
Nein, so kann man das nicht sagen. Wir werden die Forderungen der UN-Dekade | |
bald angehen, und ich bin zuversichtlich, dass meine Kollegen dann | |
aufgeschlossen sind und wir auf die Forderungen der NGOs eingehen werden. | |
Dass wir jetzt dieses Symposium im Bundestag machen, zeigt ja schon, dass | |
die Offenheit da ist, die Ziele der Dekade umzusetzen. Dazu gehört für mich | |
ganz zentral die Aufarbeitung von Sklavenhandel und Kolonialismus sowie das | |
Vorgehen gegen [4][Racial Profiling.] | |
Racial Profiling ist in Deutschland verboten, oder? | |
Ja. Aber es gibt im Bundespolizeigesetzes die verdachtsunabhängige | |
Kontrolle. Und so, wie das heute in der Praxis gehandhabt wird, ist es | |
letztlich genau das. Ich habe das als Pendler selbst erlebt: Von Hunderten | |
Reisenden werde ich als einziger am Bahnhof kontrolliert – wegen meiner | |
Hautfarbe. Das ist rassistisch und ausgrenzend. Das geht nicht. Deswegen | |
muss dieser Paragraf abgeschafft werden, und bei der Polizei muss es | |
endlich wirksame Fortbildungen zu interkultureller Kompetenz und | |
Antirassismus geben. | |
28 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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