# taz.de -- Nach Enercon-Entlassungen: Windausbau weiterhin bedroht | |
> Das Wirtschaftsministerium will, dass der 1.000-Meter-Abstand zu | |
> Windrädern schon für winzige Siedlungen gilt. Das hätte dramatische | |
> Folgen. | |
Bild: Soll es künftig in der Regel nicht mehr geben: Windräder in der Nähe v… | |
BERLIN taz | Während die Bundesregierung auf den geplanten Wegfall von | |
Arbeitsplätzen in der Kohlebranche mit einer Kommission und Strukturhilfen | |
in Milliardenhöhe reagierte, bleibt sie angesichts des angekündigten | |
[1][Abbaus von 3.000 Stellen] beim größten deutschen Windrad-Hersteller | |
Enercon erstaunlich gelassen. „Der Erhalt der Arbeitsplätze ist ein | |
wichtiges Anliegen“, sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Peter | |
Altmaier (CDU) am Montag zwar. Doch konkrete Hilfen sind nicht geplant; | |
stattdessen verwies das Ministerium lediglich auf den Arbeitsplan zur | |
Stärkung der Windenergie, der bereits im September vorgelegt worden war. | |
Doch während mit diesem Programm der Ausbau der Windenergie an Land, der | |
zuletzt drastisch eingebrochen war, beschleunigt werden soll, droht die | |
Regierung an anderer Stelle, die Windkraft weiter abzuwürgen. Denn im | |
Rahmen ihres [2][Klimaschutzprogramms 2030] war auch beschlossen worden, | |
dass Windräder in der Regel künftig 1.000 Meter Abstand von Ortschaften und | |
„dörflichen Strukturen mit signifikanter Wohnbebauung“ halten sollen. Die | |
wichtige Frage, wie diese genau definiert werden, war damals offen | |
geblieben. | |
Das Wirtschaftsministerium will diese Frage nun sehr weitgehend auslegen. | |
Der Referentenentwurf für die Änderung des Baugesetzbuchs, der der taz | |
vorliegt, sieht vor, dass mehr als fünf zusammenhängende Wohngebäude als | |
„dörfliche Struktur“ gelten sollen. Zudem sollen bei der Abstandsregelung | |
nicht nur bestehende Häuser berücksichtigt werden, sondern auch künftige | |
Bauplätze – was es Kommunen erleichtern würde, die Ausweisung von | |
Windflächen zu verhindern. Auch für Flächen, auf denen bisher schon | |
Windräder stehen, sind keine Ausnahmen vorgesehen, sodass alte Windräder | |
nicht durch neue ersetzt werden können, wenn der Standort dichter als 1.000 | |
Meter an einer Siedlung liegt. | |
Würden diese Pläne Realität, würde der Windkraftausbau nach Ansicht von | |
Expert*innen stark eingeschränkt. Das Umweltbundesamt war in einer Studie | |
zu dem Ergebnis gekommen, dass ein 1.000-Meter-Abstand von Windrädern zu | |
Wohnbereichen die verfügbaren Flächen um 20 bis 50 Prozent reduzieren | |
würde. Wo genau in diesem Spektrum die Pläne des Wirtschaftsministeriums | |
liegen würden, kann das Amt wegen unterschiedlicher Definitionen von | |
Wohnbebauung nicht eindeutig sagen. | |
Auch der Bundesverband Windenergie (BWE) erklärt, der Gesetzentwurf | |
enthalte neue Rechtsbegriffe, die erst noch juristisch interpretiert werden | |
müssten. Bei enger Auslegung würde der 1.000-Meter-Abstand dazu führen, | |
dass „der Ausbau der Windenergie beinahe zum Erliegen kommen wird“, warnt | |
BWE-Präsident Hermann Albers. | |
## Umweltministerium lehnt Pläne ab | |
Ein vom Ministerium selbst in Auftrag gegebenes Gutachten, über das zuerst | |
das ZDF berichtet hatte, kommt zum Ergebnis, dass die zur Verfügung | |
stehende Fläche um 40 Prozent sinkt, wenn der 1.000-Meter-Abstand nicht nur | |
für Ortschaften, sondern auch für Wohngebäude außerhalb von Orten gilt. | |
In der Regierung, die das Gesetz eigentlich noch im November beschließen | |
wollte, zeichnet sich darum Streit ab. Das Bundesumweltministerium betont, | |
man befinde sich noch ganz am Anfang der Verhandlungen. Und: „Wir werden | |
nichts mitmachen, was die Ausbauziele gefährdet“, sagte Staatssekretär | |
Jochen Flasbarth der taz. | |
12 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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