# taz.de -- Gesetzentwurf vorgelegt: Kohleausstieg ganz zwanglos | |
> Das Wirtschaftsministerium setzt bei Kraftwerksstilllegungen auf | |
> Freiwilligkeit. Beim Wind soll eine scharfe Abstandsregel kommen. | |
Bild: Energiemix: Kohle im Vordergrund, Windkraft im Hintergrund | |
Berlin taz | Ende Januar hat die sogenannte [1][Kohlekommission] ihren | |
Vorschlag für einen Ausstieg aus der Kohlenutzung vorgelegt. Fast zehn | |
Monate später hat das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag nun einen | |
Gesetzentwurf verschickt, wie der Ausstieg praktisch umgesetzt werden soll. | |
Doch trotz der langen Wartezeit hat der Entwurf, der der taz vorliegt, noch | |
eine entscheidende Lücke: Der Teil, der die Abschaltung der besonders | |
klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke regelt, fehlt noch komplett. | |
Hier will das Ministerium offenbar die laufenden Verhandlungen mit den | |
Betreiberkonzernen RWE, Leag und Mibrag abwarten, in denen eine freiwillige | |
Abschaltung einzelner Kraftwerke gegen Entschädigung erreicht werden soll. | |
Wann dieser Teil ergänzt wird, blieb am Dienstag offen. | |
Auch bei der Stilllegung der Steinkohlekraftwerke setzt die Regierung | |
zunächst komplett auf eine freiwillige Lösung. Die Regierung gibt für die | |
Zeit ab 2022 für jedes Jahr vor, wie viel Kapazität stillgelegt werden | |
soll. Die Betreiber legen dann Angebote vor, für welche Entschädigung sie | |
wie viel Leistung abschalten würden. Die günstigsten Angebote bekommen den | |
Zuschlag. | |
Falls aber nicht genug Angebote eingehen, passiert nichts. Denn die | |
Möglichkeit, in diesem Fall zwangsweise stillzulegen, findet sich, anders | |
als in einem früheren Entwurf, im Gesetz nicht mehr. Erst 2022 soll ein | |
weiteres Gesetz beschlossen werden, das ab 2027 auch erzwungene | |
Stilllegungen festlegt. Während das Ministerium den Entwurf als | |
„ausgewogenen Kompromiss“ bezeichnete, übte Grünen-Fraktionschef Anton | |
Hofreiter scharfe Kritik. „Durch den Verzicht auf ordnungsrechtliche | |
Maßnahmen, die die Kohlekommission empfohlen hatte, nimmt sich die | |
Bundesregierung selbst ein hartes Druckinstrument aus der Hand“, erklärte | |
er. Kritik gab es von den Grünen auch daran, dass im Gesetz nicht | |
vorgesehen ist, die CO2-Zertifikate aus dem EU-Emissionshandel zu löschen, | |
die durch den Kohleausstieg frei werden. | |
## SPD hat intensiven Gesprächsbedarf | |
Teil des vorgelegten Gesetzespakets sind auch [2][neue Regelungen für die | |
Windkraft]. Hier hat das Wirtschaftsministerium einen Vorschlag des | |
Bauministeriums übernommen, die den Ausbau stark beschränken würde: Neue | |
Windräder, auch wenn sie bestehende ersetzen, sollen künftig mindestens | |
1.000 Meter Abstand zu Wohnhäusern einhalten – und zwar nicht nur, wie | |
jetzt schon in einigen Bundesländern geregelt, zu Ortschaften, sondern auch | |
zu Siedlungen mit mehr als fünf Wohnhäusern außerhalb von Orten. | |
„Der Ausbau der Windenergie kommt damit vollständig zum Erliegen“, | |
kommentierte Lorenz Gösta Beutin, Energieexperte der Linken. „Das ist ein | |
Bruch des Pariser Klimavertrags.“ Das Wirtschaftsministerium bezeichnete | |
den Vorschlag dagegen als „ausgewogene Lösung“ und betonte, Länder und | |
Kommunen könnten „selbst entscheiden, ob sie von dieser Regelung abweichen | |
möchten“. | |
Bisher ist geplant, den Gesetzentwurf schon nächste Woche im Kabinett zu | |
verabschieden, damit er wie angekündigt noch in diesem Jahr in den | |
Bundestag kommt. Ob das gelingt, ist aber offen. Denn im SPD-geführten | |
Umweltministerium gibt es massive Kritik an den Plänen. Die umschreibt ein | |
Sprecher so: „Es gibt viele Punkte in dem Gesetzentwurf, über die noch | |
intensiv gesprochen werden muss.“ | |
12 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Kohleausstieg-der-Munich-Re/!5521275 | |
[2] /Nach-Enercon-Entlassungen/!5640714 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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