# taz.de -- Nach Benzinpreiserhöhung in Iran: Sanktionen, Krise, jetzt Proteste | |
> Infolge der Wirtschaftskrise hat Irans Regierung die Spritpreise erhöht, | |
> jetzt knallt es in Iran. Die Unruhen fordern Tote und Verletzte. | |
Bild: Teheran am 16.11., Straßenblockade in Teheran | |
Die Rationierung von Benzin und die Erhöhung der Spritpreise haben [1][im | |
Iran seit Freitag zu landesweiten Protesten] geführt. Unbestätigten | |
Meldungen zufolge soll es mindestens zwei Tote, Verletzte sowie Festnahmen | |
gegeben haben. | |
Die anhaltende Wirtschaftskrise, die infolge [2][von Sanktionen], | |
Korruption und Misswirtschaft seit geraumer Zeit die Menschen in Iran | |
plagt, hat die Regierung dazu gezwungen, das Benzin zu rationieren und die | |
Preise für Kraftstoffe zu erhöhen. Laut einer Verordnung vom 15. November | |
erhält jedes Fahrzeug eine staatliche Benzinkarte, mit der höchstens 60 | |
Liter Benzin zum Preis von umgerechnet 12 Cent pro Liter im Monat gekauft | |
werden kann. Wer mehr Benzin haben möchte, muss für einen Liter Benzin 24 | |
Cent zahlen. Bis zu diesem Datum betrug der Preis für einen Liter Benzin 10 | |
Cent. | |
Der Benzinpreis spielt in der iranischen Wirtschaft eine zentrale Rolle. | |
Schon eine geringe Erhöhung hat den Anstieg von Preisen für andere Güter | |
zur Folge und treibt die Inflationsrate in die Höhe. Der Plan, das Benzin | |
zu rationieren und den Kraftstoffpreis zu erhöhen, wird im Iran seit | |
Monaten kontrovers diskutiert. Doch aus Furcht, diese Maßnahmen könnten zu | |
sozialen Unruhen führen, zögerte die Regierung bislang. | |
Doch die Wirtschaftskrise zwang die Regierung zu handeln. Präsident Hassan | |
Rohani sagte mit Blick auf den „Wirtschaftskrieg der USA gegen Iran“, das | |
Land befinde sich im Ausnahmezustand. Die Lage sei äußerst kompliziert. | |
## Zugang zum Internet stark eingeschränkt | |
Nun trat genau das ein, wovor die Gegner einer Preiserhöhung gewarnt | |
hatten. Laut iranischen Agenturen kam es bereits am Freitag zu | |
Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Die | |
Protestierenden riefen Parolen gegen die Regierung und den islamischen | |
Staat, sie setzten Autos in Brand, griffen Banken und Treibstofflager an. | |
Der Stadtkommandant der Stadt Sirdschan, Mohammad Mahmudabadi, bestätigte, | |
dass ein Demonstrant getötet worden sei und Sicherheitsbeamte ihre Waffen | |
eingesetzt hätten. Er betonte jedoch, sie hätten die Anweisung, nur | |
Warnschüsse abzugeben. Es habe auch zahlreiche Verletzte gegeben. | |
Irans Innenminister Abdolresa Rahmani Fasli warnte die Demonstranten, | |
öffentliches Eigentum zu zerstören. „Die Sicherheitskräfte haben bisher | |
Zurückhaltung bewiesen und die Proteste geduldet“, sagte er am Samstag. | |
Sollten jedoch die Unruhen und Zerstörungen fortgesetzt werden, werde die | |
Polizei für Ordnung sorgen. Revolutionsführer Ali Chamenei unterstützte die | |
Entscheidung der Regierung. Zugleich verurteilte er die Proteste. | |
Beschädigungen und Brandstiftungen seien das Werk von Handlangern | |
ausländischer Geheimdienste, sagte er am Sonntag im staatlichen Fernsehen. | |
Unterdessen wurde im ganzen Land der Zugang zum Internet stark | |
eingeschränkt – innerhalb einer Stunde auf nur noch sieben Prozent der | |
normalen Nutzung. Das berichtete die regierungsunabhängige Organisation | |
Netbloks. | |
Präsident Rohani versuchte die Bevölkerung zu beruhigen. Die durch die | |
Erhöhung der Benzinpreise erzielten Einnahmen würden auf 60 Millionen | |
Menschen im Land verteilt. „Kein Cent der Einnahmen wird in die Staatskasse | |
wandern“, sagte er. Obwohl die Regierung finanzielle Probleme habe, sollte | |
niemand glauben, dass sie deswegen den Benzinpreis erhöht habe. Seit Langem | |
werde überlegt, wie Menschen mit niedrigen Einnahmen geholfen werden könne. | |
Die Erhöhung des Benzinpreises biete dafür eine Möglichkeit, sagte der | |
Präsident. | |
17 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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