# taz.de -- Frauen in iranischen Fußballstadien: Ein Bonbon von den Mullahs | |
> Nach langen Kämpfen durften Frauen im Iran nun ausnahmsweise live Fußball | |
> sehen. Ein Erfolg, ja. Aber ein sehr kleiner. | |
Bild: Revolution? Nein, zunächst nur durchgeboxte Ausnahme: Frauen im Azadi-St… | |
Azadi heißt Freiheit, der Abend im Azadi-Stadion in Teheran hat damit noch | |
mehr hübsche Symbolik bekommen. 4.000 Frauen durften das | |
Qualifikationsspiel zur Fußball-WM gegen Kambodscha im Stadion anschauen. | |
Es ist eine wichtige Errungenschaft für einen Tag, aber es zeigt auch, wie | |
leicht Medien sich für dumm verkaufen lassen. Selten war es für Diktaturen | |
so einfach, international gute Schlagzeilen zu machen, wie mit ein bisschen | |
Frauendings. [1][Frauen dürfen ans Steuer], Frauen dürfen ins Stadion und | |
Kronprinzen und Mullahs inszenieren sich als liberale Reformer. | |
Dass tausende Frauen trotz des fast leeren Stadions draußen bleiben mussten | |
wegen angeblicher Sicherheitsbedenken, dass die Anhängerinnen nur hinter | |
Sicherheitszäunen Platz nehmen durften, dass die Erlaubnis natürlich nicht | |
grundsätzlich gilt – geschenkt. | |
Der Besuch im Azadi-Stadion darf nicht schablonenhaft gedeutet werden. Denn | |
es war im Rahmen der Verhältnisse ein Erfolg. Und er bietet Potenzial, die | |
Grenzen weiter zu verschieben; derzeit fordern Iranerinnen, [2][beim | |
nächsten Länderspiel mehr Karten zu bekommen]. Die Erlaubnis aber erfolgte | |
nicht auf internen, sondern auf externen Druck: aus der sogenannten | |
Weltöffentlichkeit, die eigentlich eher eine westliche Öffentlichkeit ist, | |
und irgendwann seitens der Fifa. Sie wurde mit Drohungen durchgeboxt, | |
Iranerinnen allein hätten keine Chance gehabt. Das unterstreicht, wie | |
stabil das Regime intern im Sattel sitzt. | |
Man wird zu verhindern wissen, dass Frauen sich den Raum Stadion | |
tatsächlich erschließen, im Ligabetrieb sowieso. Das Freiheitsspiel ist | |
nicht mehr als ein Bonbon dafür, dass das System weiterlaufen darf. Verbote | |
sind eine anachronistische, beinahe hilflose Variante des Ausschlusses. | |
Nichtbeachtung, Fehlen von Geldmitteln für Frauensport, Vorurteile im | |
globalen Norden oder erzkonservativer kultureller Druck „von unten“, wie | |
derzeit in vielen arabischen Gesellschaften, all das ist viel wirksamer. | |
Die Presse ist stärker fasziniert von greifbaren Verboten, das ist | |
menschlich und hochproblematisch. Diese Verbote, auch die | |
gesellschaftlichen Hürden, all das wird fallen. Das Internet beschleunigt | |
den Prozess der Selbstermächtigung. Aber der Weg dorthin ist so viel | |
weiter, als die schönen Geschichten aus dem Azadi-Stadion scheinen lassen. | |
12 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Frauen-hinterm-Steuer-in-Saudi-Arabien/!5512726 | |
[2] https://www.spiegel.de/sport/fussball/iran-4000-frauen-sehen-fussballspiel-… | |
## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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