| # taz.de -- Iranische Sportler im Exil: Flucht vor den Mullahs | |
| > Irans erfolgreichste Sportlerin Kimia Alisadeh kehrt nicht in ihre Heimat | |
| > zurück. Für immer mehr Athleten wird das Regime unerträglich. | |
| Bild: Gesicht zeigen: Kimia Alisadeh (r.) gewinnt bei Olympia 2016 die Bronzeme… | |
| Kimia Alisadeh ist erst 21 Jahre alt, aber ihre Bedeutung für den | |
| iranischen Frauensport kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Als sie am | |
| 18. August 2016 in Rio de Janeiro bei den Olympischen Spielen als erste | |
| iranische Frau eine Medaille holte, twitterte Präsident Hassan Rohani: „Du | |
| hast ganz Iran, besonders die Frauen, glücklich gemacht.“ | |
| Die damals 18-jährige Taekwondo-Kämpferin erklärte: „Diese Medaille ist f�… | |
| alle iranischen Mädchen. Ich möchte sie ihnen widmen. Und ich hoffe, dass | |
| mir viele Mädchen folgen werden.“ Bronze hatte sie damals in der | |
| Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm gewonnen. Und offenbar hat sie bereits | |
| damals ihre Leistung als emanzipativen Akt verstanden. Sie war sich sofort | |
| ihrer Vorbildrolle bewusst. | |
| So betrachtet können auch die Bedeutung ihrer Flucht aus Iran und ihre | |
| recht eindrückliche Erklärung dazu nicht hoch genug eingeschätzt werden. | |
| Die WM-Zweite von 2017 teilte [1][via Instagram] mit, sie sei „eine der | |
| Millionen unterdrückten Frauen in Iran“. Und sie beschrieb recht klar ihre | |
| Rolle als iranische Leistungssportlerin: „Sie haben mich hingebracht, wo | |
| sie wollten. Ich habe getragen, was sie mir sagten. Jeden Satz, den sie | |
| bestellten, sagte ich. (…) Ich war ihnen egal. Wir alle sind ihnen egal – | |
| wir sind ihre Werkzeuge.“ | |
| Ebenfalls wurde am Wochenende bekannt, dass die iranische | |
| Schachschiedsrichterin Schohreh Bajat nicht mehr nach Iran zurückkehren | |
| wird. Sie war während der Frauen-WM in Schanghai massiv von Medien aus der | |
| Heimat attackiert worden, weil das gesetzlich vorgeschriebene Kopftuch bei | |
| ihr zu dezent sei, zu viel Kopfhaar offen lasse. Weil es als Zeichen des | |
| politischen Protests interpretiert wurde, setzte sie auch der iranische | |
| Schachverband unter Druck. Daraufhin verzichtete Bajat ganz auf das | |
| Kopftuch und auf die Rückkehr in ihr Heimatland. | |
| ## Opfer politischer Einflussnahme | |
| Flüchtende Leistungssportler aus Iran gibt es bereits seit dem Beginn der | |
| Islamischen Revolution, als 1979 die religiösen Führer die Macht im Lande | |
| übernahmen. Doch derzeit scheint der Druck im Land besonders groß zu sein. | |
| Die im Iran sehr beliebte Kampfsportart Taekwondo halte derzeit den Rekord | |
| an geflüchteten Sportlern, seitdem dort Mohammad Puladgar, ein Mullah, | |
| Verbandschef sei, sagte der iranische Journalist Mehdi Rostampour gegenüber | |
| der ARD. Die Führung von Sportverbänden wird in Iran ohnehin in den letzten | |
| Jahren immer häufiger Religionsgelehrten anvertraut. Entsprechend groß sind | |
| die Versuche, den Sportlern rigide Verhaltensregeln aufzuoktroyieren. | |
| Rostampour schätzt, man würde in jedem europäischen Flüchtlingscamp derzeit | |
| einen iranischen Sportler finden. „Sie sind Opfer der Einmischung von | |
| Politik in den Sport geworden.“ | |
| Auch der 16-jährige Alireza Firouzja, der zu den weltweit größten | |
| Schachtalenten zählt, zieht das Exil vor. Seit Dezember 2019 tritt er | |
| nicht mehr unter iranischer Flagge an, weil Iran seinen Sportlern | |
| verbietet, gegen israelische Kontrahenten anzutreten. | |
| Große Wellen schlug ebenfalls die Flucht von Judoka Saeid Mollaei. Bei der | |
| Weltmeisterschaft Ende August 2019 in Tokio ignorierte er eine Anweisung | |
| der Regierung, sein Halbfinale abzusagen, um die Finalpaarung gegen den | |
| Israeli Sagi Muki zu vermeiden. Absagen, absichtliche Niederlagen oder | |
| kurzfristige Verletzungen sind seit Jahren gang und gäbe vor | |
| iranisch-israelischen Sportduellen. Aus Angst vor den Konsequenzen seines | |
| Tabubruchs beantragte Mollaei, Weltmeister von 2018, Asyl in Deutschland. | |
| Mittlerweile ist er allerdings nach Angaben eines internationalen | |
| Judoportals im Besitz der mongolischen Staatsbürgerschaft. | |
| Auf das unsportliche Gebaren in Japan reagierte der Internationale | |
| Judo-Verband mit dem Ausschluss Irans von allen internationalen | |
| Wettkämpfen. Ein besonders harter Schlag für das judobegeisterte Land. Der | |
| Beschluss markiert indes eine klare Haltung, die man von anderen | |
| Sportverbänden bislang vermisst. [2][Die Fifa] lässt sich seit Jahren von | |
| Iran hinhalten, obwohl der Forderung, Frauen den Besuch von Fußballspielen | |
| zu gewähren, bislang nur in Ausnahmefällen nachgekommen wurde. | |
| 15 Jan 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.instagram.com/kimiya.alizade/ | |
| [2] /Stadionbann-fuer-Frauen-im-Iran/!5623448 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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