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# taz.de -- Passender Wohnraum durch Wohnungstausch: Die perfekte Lösung
> Idealerweise wüchsen die Wohnungen mit den Menschen mit, ideal ist auf
> dem Wohnungsmarkt aber nichts. Vernünftig wäre ein Recht auf
> Wohnungstausch.
Bild: Die Weinbergschnecke hat das Wohnraum-Problem dauerhaft gelöst: Bei ihr …
Die Weinbergschnecke hat immer ein Haus, das ihr ganz genau passt, es
wächst nämlich mit ihr mit. Die Weinbergschnecke hat also, von Anfang an,
eine perfekte Wohnraumlösung für sich. Menschen haben, insbesondere in den
großen Städten, oft zu kleine, in manchen Fällen aber auch zu große
Wohnungen. Ich kenne Menschen, die verfügen über repräsentative Wohnzimmer,
sitzen aber Abend für Abend in einem kleinem Gästezimmerchen.
Aber das ist ein anderes Thema, das Thema der großen Räume. Unser Thema ist
das der falschen Wohnung. Eine Wohnung soll sein wie ein Schneckenhaus, sie
soll genau passen. Ist sie zu klein, wird der Mensch eingeengt, ist sie zu
groß, geht er in ihr verloren. Anders als die Schnecke lebt der Mensch
meist in Gemeinschaften, und diese Gemeinschaften vergrößern und
verkleinern sich auch, im Verlauf eines Lebens.
Meine Mutter wohnte einst mit uns drei Geschwistern und meinem Vater, am
Ende blieb sie allein in einem großen Haus zurück. Da halfen auch die
Erinnerungen und die Gewohnheiten nichts mehr, das Haus war ihr zu groß
geworden. Auf dem Land ist es meistens kein Problem, eine kleinere Wohnung
zu finden, die bezahlbar ist. In der Großstadt ist jede Wohnungssuche ein
grausames Unterfangen. Vor allem, wenn man nicht das ideale
Zweiverdiener-Angestellten-Paar ist. Aber auch in der Großstadt wachsen die
Familien, dehnt die Schnecke sich aus, und schrumpft sie wieder, bis am
Ende meist [1][einer alleine übrig bleibt].
Idealerweise wüchsen die Wohnungen mit den Menschen mit, ideal ist auf dem
Wohnungsmarkt aber nichts. Mein Physiotherapeut erzählte mir von einer
alten Dame an der Wandsbeker Chaussee in Hamburg, die er ab und zu besuchen
würde, die lebe allein in sechs Zimmern. Riesige Räume, da wohne sie ganz
alleine, sagte er. Wir pressten die Lippen zusammen, zogen die Stirn hoch,
tja, so ist das eben. Alte Damen können stur sein. Aber vielleicht ist sie
gar nicht stur? Vielleicht kann sie auch einfach nur rechnen? Vielleicht
würde sie für eine neue kleinere Wohnung mehr Miete zahlen? Und bei jeder
Neuvermietung erhöht, in der Regel, der Vermieter nun mal die Miete.
Am 1. Juli 2015 (und dann noch mal am 3. Juli 2018) hat der Hamburger Senat
eine Mietpreisbegrenzungsverordnung für das gesamte Gebiet Hamburgs und für
die Geltungsdauer von fünf Jahren erlassen. 10 Prozent über der
ortsüblichen Vergleichsmiete darf die Miete für den Neumieter nur sein,
außer, sie lag ohnehin schon darüber. Außer, sie ist erst nach Oktober 2014
zum ersten Mal vermietet worden. Außer, die Vermieter haben in den drei
Jahren davor modernisiert … usf.
Die Neumieter müssen die nach der neuen Verordnung zu hohe Miete natürlich
auch rügen, sie müssen sich, sobald sie eingezogen sind, sofort mit diesem
neuen Vermieter streiten. Das machen sie aber oft nicht, nun ja, und das
ist auch wieder ein anderes Thema. Es ist ein weites Feld, nach Herrn
Fontane. Wie wäre es denn nun, wenn die Familie mit den drei Kindern in die
sechs Zimmer der alten Dame, und die alte Dame in die drei Zimmer der
Familie, zöge? Wenn sie ihre Wohnungen einfach tauschten? Ohne
Mieterhöhung, versteht sich. Die Idee ist so einfach und so vernünftig,
dass es kaum etwas damit werden wird.
Die Grünen haben sich mit diesem Vorschlag vorgewagt, Hamburgs Grüne finden
es toll, sie wollen ein Recht auf Wohnungstausch, wenn der Vermieter
derselbe ist – es gibt ja diesen Vorbehalt, die Vermieter wollen sich ihre
Mieter aussuchen können, aber wenn sie sich diese Mieter nun schon einmal
ausgesucht haben …? Die alte Dame zieht in die kleine Wohnung, die Familie
in die große, die Miete bleibt wie sie ist, was wäre das vernünftig, wenn
man das einfach so dürfte, auf eigene Initiative, die Wohnung tauschen?
Aber was bedeutet Vernunft, wenn es um Geld geht?
13 Nov 2019
## LINKS
[1] /Neue-Wohnflaechenstatistik/!5613733
## AUTOREN
Katrin Seddig
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