# taz.de -- Landtagswahl in Thüringen: Immer noch alles offen | |
> Hat die FDP wirklich den Einzug in den Thüringer Landtag geschafft? Die | |
> Kreiswahlleiter prüfen Beschwerden über mögliche Unregelmäßigkeiten. | |
Bild: Zu früh gefreut? Thüringens FDP-Spitzenkandidat Thomas Kemmerich lässt… | |
Die FDP muss weiter um ihren Einzug in den Thüringer Landtag zittern. Der | |
Vorsprung von 5 Stimmen, mit dem die Partei [1][nach dem vorläufigen | |
amtlichen Ergebnis der Landtagswahl] vom vorigen Sonntag den Sprung über | |
die Fünfprozenthürde geschafft hatte, wackelt. | |
In mindestens sechs Wahlkreisen liegen Beschwerden über mögliche | |
Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung zugunsten der Partei vor. Das | |
bestätigte das Büro des Landeswahlleiters der taz. Die entsprechenden | |
Hinweise würden „derzeit von den zuständigen Kreiswahlleitern geprüft“, | |
teilte es der taz am Freitag mit. | |
Die Vorwürfe klingen gravierend. Eine Auswahl: So soll die FDP im Wahlkreis | |
Weimarer Land I/Saalfeld-Rudolfstatt III in zwei Wahllokalen in Bad Berka | |
tatsächlich weniger Stimmen erhalten haben, als für sie registriert wurden. | |
Das soll auch im Lokal Bad Langensalza im Wahlkreis Unstrut-Hainich-Kreis | |
II vorgekommen sein. Darauf hingewiesen, habe sich der dortige Wahlvorstand | |
geweigert, eine Nachzählung durchzuführen. | |
Im Lokal Oberdorla im selben Wahlkreis sollen ungültige Stimmen zu gültigen | |
Stimmen für die FDP „umgewidmet“ worden sein. Und im Wahlkreis Greiz I | |
sollen in einem Wahllokal Stimmen für die CDU und SPD der FDP zugerechnet | |
worden sein. Trotz Ansprache der zwei Auszählenden sei keine Korrektur | |
erfolgt. Stattdessen sei ein Zeuge bedroht worden. | |
In keinem der oben beschriebenen Fälle waren die jeweiligen Kreiswahlleiter | |
bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme erreichbar. Bis Montag haben | |
sie noch Zeit, um zu überprüfen, welche Substanz die Beschwerden haben. Bis | |
dahin könnten sie auch noch Neuauszählungen anordnen. Die Auswirkungen auf | |
das Abschneiden der FDP sind derzeit also noch völlig ungewiss. Am | |
Donnerstag will der Landeswahlleiter das amtliche Endergebnis vorlegen. | |
Fest steht allerdings, dass es auf jeden Fall Abweichungen geben wird. Denn | |
in mehreren Wahlkreisen hat es bei den Schnellmeldungen der Stimmergebnisse | |
am Wahltag Übertragungsfehler gegeben. So hat der Wahlausschuss in Jena | |
inzwischen das Ergebnis der FDP um zwei Stimmen nach unten korrigiert, in | |
Weimar verlor die Partei sogar vier Stimmen. | |
Nichtsdestotrotz gibt sich die FDP unverdrossen zuversichtlich, den | |
Wiedereinzug in den Landtag geschafft zu haben. So verweist | |
FDP-Landesgeschäftsführer Tim Wagner darauf, dass in anderen Kommunen | |
Meldefehler auch zugunsten der FDP korrigiert worden seien. | |
Das entspricht den Tatsachen, wie mehrere Kreiswahlleiter der taz bestätigt | |
haben. Beispiel Gotha: Da waren bei der Schnellmeldung eines Wahllokals | |
versehentlich 13 FDP-Stimmen der NPD zugeschlagen worden. Im Wartburgkreis | |
waren am Wahlabend sogar 15 Stimmen zu wenig auf dem Konto der FDP verbucht | |
worden. Und in Hildburghausen bekommt sie jetzt noch eine zunächst bei den | |
Piraten verbuchte Stimme hinzu. | |
Bei der Landtagswahl war die Linkspartei von Ministerpräsident Bodo Ramelow | |
stärkste Kraft geworden. Laut vorläufigem Endergebnis gewann sie 31 Prozent | |
der Stimmen. Auf dem zweiten Platz folgte die AfD mit 23,4 Prozent, die CDU | |
landete mit 21,8 Prozent nur auf dem dritten Platz. Die SPD bekam 8,2 | |
Prozent, die Grünen errangen 5,2 Prozent der Stimmen. | |
Damit hat die bisherige rot-rot-grüne Koalition ihre Mehrheit im Landtag | |
verloren. [2][Linkspartei, SPD und Grüne wollen trotzdem gemeinsam | |
weiterregieren.] CDU-Oppositionsführer Mike Mohring hofft hingegen auf eine | |
Minderheitsregierung aus CDU, SPD, Grünen – und FDP. | |
1 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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