| # taz.de -- Vorstoß gegen Kinderarmut: 280 Euro für jedes Kind | |
| > Der Bundestag debattiert über eine Kindergrundsicherung. Die soll die | |
| > Vielzahl gegenwärtiger Leistungen ersetzen und armen Familien zugute | |
| > kommen. | |
| Bild: Eine Frage des Geldes: Es sollte für alle Kinder möglich sein, Winterst… | |
| Berlin taz | 280 Euro für jedes Kind, egal ob es arme oder besser | |
| verdienende Eltern hat. Und jene, die jeden Cent brauchen, weil ihre Mütter | |
| und Väter in schlecht bezahlten Jobs arbeiten oder Hartz IV beziehen, | |
| sollen – je nach ihrem Alter – zusätzlich 364 bis 502 Euro bekommen. So | |
| sieht – stark zusammengefasst – ein Gesetzentwurf der Grünen für eine | |
| [1][Kindergrundsicherung] aus, den der Bundestag am Donnerstag debattiert | |
| hat. | |
| „Fixen Garantiebetrag“ nennen die Grünen die 280 Euro, die zusätzliche | |
| Summe heißt im Papier „ergänzendes GarantiePlus“. Damit will die | |
| Oppositionspartei dafür sorgen, dass monetäre Leistungen auch tatsächlich | |
| bei denen ankommen, die es „am dringendsten brauchen“, wie | |
| Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock am Donnerstag im Parlament sagte: | |
| „[2][Kinderarmut in unserem Land] ist eine Schande.“ Jedes fünfte Kind in | |
| Deutschland gilt dem Kinderarmutsbericht des Wirtschafts- und | |
| Sozialwissenschaftlichen Instituts zufolge als arm, 14 Prozent aller | |
| Minderjährigen wachsen mit Hartz IV auf. Die Bertelsmann Stiftung spricht | |
| davon, dass jedes vierte Kind in relativer Armut lebt. Konkret heißt das: | |
| Die Armutsgrenze einer vierköpfigen Familie beispielsweise liegt bei 1.926 | |
| Euro netto im Monat. | |
| Eine Kindergrundsicherung ist keine neue Idee. Seit Jahren fordert das | |
| Bündnis Kindergrundsicherung, dem zahlreiche Familien- und Sozialverbände | |
| angehören, eine finanzielle Leistung für jedes Kind – unabhängig vom | |
| Einkommen der Eltern. Aktuell geht das Bündnis von 628 Euro aus. Diese | |
| Summe ergibt sich aus dem verfassungsrechtlich benannten Existenzminimum | |
| und bündelt sämtliche bisherige Transferleistungen wie Kindergeld, | |
| Kinderzuschlag, Bildungs- und Erziehungshilfen. | |
| Die Union lehnt eine Kindergrundsicherung ab und verweist darauf, dass es | |
| Kindern hierzulande „auch ganz gut geht“, wie Marcus Weinberg, | |
| familienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, in der Bundestagsdebatte | |
| sagte: 84 Prozent aller Kinder in Deutschland hätten ein eigenes Zimmer und | |
| 95 Prozent genügend Geld, um an Klassenfahrten teilzunehmen. Weinberg | |
| verwies auf das sogenannte Starke-Familien-Gesetz der Koalition, mit dem | |
| der Kindergeldzuschlag für Eltern mit geringen Einkommen im Juli von 170 | |
| auf 185 Euro monatlich angehoben wurde. | |
| ## Eine Zahlung heißt auch nur ein Antrag | |
| Derzeit gibt es 153 verschiedene familien- und ehepolitische Leistungen, | |
| darunter – neben den bekannten wie Kindergeld und Kindergeldzuschlag – | |
| Unterhaltsvorschuss, Ehegattensplitting, Elterngeld, Mutterschaftsgeld, | |
| Mitversicherung von Ehepartner*innen in der Krankenversicherung. Mitunter | |
| sind die Antragswege für diese Leistungen kompliziert und bürokratisch. Das | |
| wollen die Grünen vereinfachen: Eine Zahlung heißt auch nur ein Antrag. | |
| Der grüne Gesetzentwurf findet bei Familien- und Sozialverbänden Zuspruch. | |
| „Wir brauchen möglichst frühe und zielgerichtete Hilfen für Kinder und | |
| Jugendliche aus armen oder armutsgefährdeten Familien. Unterstützung muss | |
| dort ankommen, wo sie gebraucht wird“, meint Holger Hofmann, | |
| Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes. „Das | |
| Existenzminimum, auf das jedes Kind einen Anspruch hat, muss gleich hoch | |
| sein“, fordert Birgit Merkel, Vize-Chefin des Zukunftsforum Familie. | |
| 24 Oct 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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