| # taz.de -- Trotz Protesten bei US-Tech-Konzernen: Weiter mit den Ölschleudern | |
| > Trotz Protesten von Mitarbeitern und Umweltschützern: Google, Amazon & Co | |
| > wollen weiter mit der Ölindustrie zusammenarbeiten. | |
| Bild: Google-Datencenter in Douglas County, USA | |
| New York ap | Bei einer jüngsten Mitarbeiterversammlung hatte ein | |
| Angestellter [1][eine inhaltsschwere Frage für Microsofts Topmanager Satya | |
| Nadella]: Ist es ethisch, dass das Unternehmen Öl- und Gasfirmen seine | |
| Cloud-Computing-Dienste verkauft? Denn solche Partnerschaften, bei denen | |
| IT-Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird, so sagte der Mitarbeiter dem | |
| CEO, würden letztendlich den Ausstoß von Treibhausgasen durch diese | |
| Produzenten fossiler Brennstoffe beschleunigen. | |
| Die Frage hat einen realen Hintergrund. Zwar haben sich große | |
| Technologieunternehmen wie Microsoft, Amazon und Google unter dem Druck von | |
| Umweltaktivisten in der eigenen Belegschaft oder auch von außen | |
| bereiterklärt, ihre eigenen Kohlendioxidemissionen zu drosseln. Aber was | |
| sie nicht reduzieren, sind ihre wachsenden Verbindungen zur Öl- und | |
| Gasindustrie. | |
| In der jüngeren Vergangenheit haben sich Microsoft und andere | |
| Technologieriesen geradezu ein Rennen um lukrative Partnerschaften mit | |
| Exxonmobil, Chevron, Shell, BP und anderen Energieunternehmen geliefert. In | |
| vielen Fällen versorgen sie diese nicht nur mit Datenspeicherplatz, sondern | |
| auch mit Instrumenten künstlicher Intelligenz – Werkzeugen, die helfen, | |
| bessere Stellen zum Ölbohren zu finden oder die Raffinerieproduktion zu | |
| beschleunigen. | |
| Die Öl- und Gasindustrie gibt jedes Jahr etwa 20 Milliarden Dollar (18,3 | |
| Milliarden Euro) für Cloud-Dienstleistungen aus. Das macht ungefähr 10 | |
| Prozent des gesamten Cloud-Marktes aus, wie [2][Vivek Chidambaram von der | |
| Energieberaterfirma Accenture] sagt. Dabei ist bisher noch unklar, ob die | |
| Ölunternehmen auf ihre Kosten kommen, auch wenn Experten die Vorteile einer | |
| Anwendung fortgeschrittener Technologien bei der Öl- und Gasförderung | |
| anpreisen. | |
| ## Microsoft-CEO will Besorgnisse entkräften | |
| Nadella war bei der Mitarbeiterversammlung am Mitte September bemüht, die | |
| Besorgnisse des Fragestellers zu entkräften, wie Teilnehmer des Treffens | |
| schilderten. Demnach stellte der CEO Microsofts interne Anstrengungen in | |
| Sachen Umweltverträglichkeit heraus und verteidigte auch die Partner in der | |
| Ölindustrie, indem er auf ihre Investitionen in die Erforschung und | |
| Entwicklung nachhaltigerer Energieproduktionsmethoden hinwies. | |
| „Es gibt keinen CEO auf dem Gebiet fossiler Brennstoffe, der da sitzt und | |
| sagt, „ich werde den Klimawandel leugnen““, wurde Nadella von Mitarbeitern | |
| zitiert. „Wenn überhaupt, sagen sie alle, ‚lasst uns den Regulierungs-, den | |
| Preisgestaltungsmechanismus haben, der uns in die Zukunft bringt‘“. | |
| In einer am Dienstag per E-Mail verschickten Erklärung betonte Microsoft, | |
| man sei „darauf konzentriert, Unternehmen aller Art einschließlich | |
| Energiefirmen zu helfen, effizienter zu werden“. Eine Stellungnahme zu | |
| Nadellas Äußerungen bei der Versammlung lehnte Microsoft ab. | |
| Weniger als eine Woche nach dem Treffen und nur Tage vor geplanten | |
| weltweiten Klima-Protestaktionen gab das Unternehmen einen neuen größeren | |
| Cloud-Computing-Deal bekannt – diesmal mit Chevron und dem | |
| Ölfeld-Dienstleister Schlumberger. Das Timing löste bei einigen | |
| umweltbewussten Microsoft-Mitarbeitern Zorn aus, und auch der demokratische | |
| Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders sprach von einem „skrupellosen“ | |
| Vorgehen. | |
| ## Microsoft-Mitarbeiter demonstrieren vor Firmenzentrale | |
| „Wir müssen sie zur Rechenschaft ziehen, verlangen, dass sie ihre | |
| Verbindungen zur fossilen Ölindustrie kappen“, sagte der Senator am Tag der | |
| globalen Klima-Proteste. Eine kleine Gruppe von Microsoft-Beschäftigten | |
| schloss sich bei einer Demonstration vor dem Hauptquartier des Unternehmens | |
| in Redding im US-Staat Washington dieser Forderung an. | |
| Amazons CEO Jeff Bezos versprach nach monatelangem Druck durch | |
| Umweltaktivisten in der Belegschaft, sein Unternehmen zu einem Vorreiter | |
| nachhaltiger Methoden zu machen. Demnach soll Amazons gesamter | |
| Energieverbrauch bis 2030 durch Solarkraft und andere erneuerbare Energien | |
| abgedeckt werden. Aber auch Bezos verteidigte zugleich die Zusammenarbeit | |
| mit der Öl- und Gasindustrie: Man müsse ihr helfen „anstatt sie zu | |
| verteufeln“. | |
| Manche Experten argumentieren, dass künstliche Intelligenz und | |
| Cloud-Dienstleistungen am Ende sogar zu einer Verringerung der | |
| Schadstoffemissionen beitragen könnten. Sich auf Cloud-Plattformen eines | |
| anderen Unternehmens zu stützen würde sich vielleicht positiv auswirken, | |
| weil es effizienter sei als digitale Operationen über eigene Server laufen | |
| zu lassen, meint etwa Aseem Prakash, ein Umweltspezialist an der University | |
| of Washington. Auch könnten Kostensenkungen Mittel für Investitionen in | |
| weniger umweltverschmutzende Methoden zur Energiegewinnung freisetzen. | |
| Cloud-Dienstleister wie Amazon und Microsoft haben Ölfirmen unter anderem | |
| mit fortgeschrittenen Machine-Learning-Tools umworben, die Riesenmengen | |
| geologischer und seismischer Daten durchsuchen und damit helfen könnten, | |
| geeignete Förderorte zu finden. ExxonMobil etwa wird künftig Microsofts | |
| Technologie nutzen, um vom Schieferöl-Boom in Texas und New Mexico zu | |
| profitieren. Eine entsprechende Vereinbarung wurde in diesem Jahr | |
| getroffen. | |
| ## Umweltaktivisten bei Microsoft prangern an | |
| Microsoft zufolge können Echtzeitdaten aus einer Hunderte Meilen | |
| umspannenden Region es ermöglichen, „schnellere und bessere Entscheidungen“ | |
| über die Fertigstellung von Bohrlöchern zu fällen und das | |
| Produktionswachstum zu fördern – bis 2025 um etwa 50.000 öläquivalente | |
| Barrels am Tag. Ein Barrel Rohöl entspricht 159 Litern. | |
| Prangern Umweltaktivisten in Microsofts Belegschaft an, dass die | |
| Firmendeals mit „Big Oil“ zur Erderwärmung beitrügen, lässt sich bislang | |
| schwer einschätzen, ob die Technologie-Riesen der Ölindustrie wirklich so | |
| stark helfen. So ist es möglich, dass sie ihre eigene Rolle als | |
| Transformatoren der Ölbranche durch künstliche Intelligenz als übertrieben | |
| darstellen. | |
| Die Ölunternehmen ihrerseits sind nach wie vor abgeneigt, ihre Kenntnisse | |
| über Ölvorkommen unter der Erde mit anderen zu teilen, wie etwa Chidambaram | |
| von Accenture sagt. Das heißt, es ist unklar, inwieweit sie durch die neuen | |
| Technologien profitieren. | |
| Aber Chidambaram hält es für möglich, dass künstliche Intelligenz | |
| langfristig sogar helfen kann, Klimaziele zu erreichen. Maschinen mit der | |
| Fähigkeit, Daten besser zu erfassen und schneller zu analysieren, könnten | |
| beispielsweise auch helfen, Lecks in Bohrlöchern oder Pipelines zu | |
| entdecken – und damit längeres Entweichen von klimaschädlichem Methan | |
| verhindern. „Daten können auf vielerlei Weise genutzt werden“, so der | |
| Experte. „Es kommt darauf an, wie man sie nutzt.“ | |
| 3 Oct 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.latimes.com/business/story/2019-10-02/big-tech-eco-pledges-big-… | |
| [2] https://oilcity.news/associated-press/2019/10/02/big-techs-eco-pledges-aren… | |
| ## TAGS | |
| Amazon | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Amazon | |
| Axel Springer | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Peter Altmaier | |
| IWF | |
| Umwelt | |
| Schwerpunkt Fridays For Future | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Multikonzern im öffentlichen Raum: Amazon macht dicht | |
| Eine Forscherin wird am Firmenstandort Winsen des Geländes verwiesen. Doch | |
| wo das Privatgrundstück aufhört und öffentlicher Boden beginnt, ist unklar. | |
| Axel-Springer-Award an Shoshana Zuboff: Trophäe der Ausgewogenheit | |
| Shoshana Zuboff erhält den Axel-Springer-Award. Sie ist eine Forscherin, | |
| mit der man sich im Verlagshaus sehr gut arrangieren kann. | |
| Studie zu Profit und Klima: Dreht den Ölhahn zu! | |
| Um ausreichend CO2 zu reduzieren, sollten die Ölkonzerne ihre Produktion um | |
| ein Drittel drosseln. Ihre Investitionen müssten steigen. | |
| Digitalgipfel der Bundesregierung: Altmaiers Gaia-Theorie | |
| Eine europäische Datenplattform soll europäische Firmen unabhängig von den | |
| USA und China vernetzen. Wer Zugriff hat, weiß, was läuft. | |
| UNO-Institution am Pranger: Klimaprotest gegen Weltbank | |
| Internationale NGOs protestieren in Washington gegen die Klimapolitik der | |
| Weltbank. Diese fördert trotz 1,5-Grad-Ziel weiter fossile Brennstoffe. | |
| Netzkünstlerin über Google und Klima: „Bäume pflanzen reicht nicht“ | |
| Autos, Flugzeuge, Plastiktüten – sie sind die Promis unter den Klimasünden. | |
| Aber was ist mit Unbekannten wie dem Internet? Netzkünstlerin Joana Moll | |
| antwortet. | |
| Netzkultur und Umweltbilanz: Klick – Baum weg | |
| Wir sind ständig online. Dass dafür schwindelerregende Mengen an Energie | |
| und Rohstoffen draufgehen, haben nur die wenigsten von uns auf dem Schirm. | |
| Bill Gates auf der Klimakonferenz: Weltrettung wird präsentiert von ... | |
| Der Klimagipfel ist in den Händen eines Glaubenssatzes: Grünes Wachstum | |
| wird uns retten. Die Prediger sind die Milliardäre dieser Welt. |